Neuausrichtung der CDU nach Fraktionsklausur. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Christoph Ahlhaus übernimmt keine Funktion.

Hamburg. Über chinesische Philosophie diskutierte die CDU nicht am Wochenende, dennoch spürten die Abgeordneten das Yin und Yang. Das Prinzip rivalisierender, aber verbundener Kräfte beflügelte nach finsteren Wochen der Wahlniederlage viele Unionsherzen. Der eher holprige Start des SPD-Senats war es, der die Gemüter auf der nicht öffentlichen Klausurtagung in Jesteburg entkrampfte. "Wir wollen die neue Regierung entzaubern, aber das macht die schon von alleine", sagte Fraktionschef Dietrich Wersich, der etwa auf den Schlingerkurs bei der Citymaut anspielt. War die interne Tonlage bislang oft polternd, einigten sich die Abgeordneten reibungslos auf Neuanfänge in wichtigen Positionen.

Keine Funktion übernimmt der abgewählte Bürgermeister Christoph Ahlhaus, der nun als Abgeordneter im Parlament sitzt. Hatte er sich zuletzt laut Beobachtern noch gereizt über die Sitzordnung dort beschwert, erlebten ihn Fraktionskollegen nun gelöster. "Er findet sich langsam ein", hieß es.

Applaus erntete aber eine andere Entsagung. Fraktionschef Dietrich Wersich verzichtet nach innerparteilichen Diskussionen auf einen Teil des CDU-üblichen Gehalts für Fraktionschefs, um den Haushalt für die parlamentarische Arbeit zu entlasten. "Das ist eine persönliche Entscheidung", sagte Wersich dem Abendblatt.

Damit ist eine 30 Jahre währende, unter Hamburger Fraktionen einmalige Praxis vorerst beendet. Bisher stockte die CDU-Fraktion das Gehalt ihres Vorsitzenden nahezu auf das Einkommen eines Bürgermeisters auf (13 858 Euro monatlich). Neben der üblichen dreifachen Diät für Fraktionsvorsitzende (rund 7500 Euro) legte die Fraktion weitere rund 6400 Euro drauf. Auf zwei Drittel dieser Sonderzahlungen verzichtet Wersich, bleibt mit 9238 Euro aber parlamentarischer Topverdiener, wobei andere Abgeordnete nicht in Vollzeit politisch arbeiten, also mit ihrem Hauptberuf ein insgesamt höheres Einkommen erzielen können.

Fraktionen finanzieren sich, anders als die zugehörigen Parteien, über Steuern. Nach der Wahlniederlage sank mit der Zahl der Sitze auch das Budget, fachliche Mitarbeiter mussten entlassen werden. Zuletzt hatte der CDU-Abgeordnete Heiko Hecht ein Gutachten vorgelegt, das die CDU-Praxis "verfassungswidrig" nennt. Hecht sagte dem Abendblatt, die Entscheidung Wersichs sei "weitsichtig". Wersich betonte, dass weder Rechnungshof noch Verfassungsgericht die Praxis beanstandeten.

Neuer CDU-Fachsprecher für Integration ist der frisch gewählte Abgeordnete Nikolaus Haufler. Der 27-Jährige kam mit elf Jahren als Aussiedler aus dem Ural nach Hamburg. Als Kreisvorsitzender der Jungen Union fiel er im Jahr 2008 durch scharfe Proteste gegen die Volksinitiative "Eine Schule für alle" auf. Haufler sagte dem Abendblatt: "Ich selbst bin Ziel von Integrationspolitik gewesen und habe gemischte Erfahrungen gemacht." Zunächst wolle er erreichen, dass ausländische Bildungsabschlüsse besser anerkannt werden, konkret will Haufler einen Aufbaustudiengang an der Uni Hamburg vorantreiben, der bereits im Gespräch ist. Seine Mutter arbeitete in Russland als Lehrerin, aber dürfte hier nicht arbeiten, sagt Haufler, sie hätte erst in Deutschland ein weiteres Studium absolvieren müssen. "Einigen Stadtteilen würde es gut tun, wenn dort Lehrer aus anderen Kulturen arbeiteten."

In der Schulpolitik, seit der gescheiterten schwarz-grünen Primarschule wunder Punkt der Union, herrscht nun wieder CDU-Kurs. Primarschulgegner Walter Scheuerl (parteilos) wacht als Vorsitzender des Schulausschusses darüber, ob der Wille des Volksentscheides eingehalten wird. Mit Robert Heinemann wird ein Primarschul-Kritiker zum schulpolitischen Sprecher. "Wir wollen jetzt Ruhe in die Schulen bringen", sagte Heinemann. Es sei genug zu tun, das bestehende System zu verbessern, etwa die Lehrerausbildung. Leistung müsse einen hohen Stellenwert haben. Dazu gehörten auch häufigere Inspektionen: "Der Gedanke ist, den Schulen zu helfen. Weniger, sie zu kontrollieren." Man müsse aber überlegen, in welcher Form eine Veröffentlichung der Ergebnisse sinnvoll sei. "Einige Kennziffern helfen sicher nicht weiter."

Die Blankeneser CDU-Abgeordnete Karin Prien ist neue Sprecherin für Wirtschaft. Auch sie war Gegnerin der Primarschule.