Für das Amt des Parteichefs soll Marcus Weinberg nicht der einzige Kandidat sein. Die Suche nach einem Vorsitzenden sorgt für Trubel.

Hamburg. Die Suche nach einem neuen CDU-Vorsitzenden sorgt innerhalb der Partei für heftige Turbulenzen. Auf der Sitzung des Landesausschusses am Dienstag stehen gleich mehrere Anträge mit unterschiedlichen Strategien zur personellen Neuorientierung auf der Tagesordnung.

Während eine Gruppe eine Art "Task Force" einsetzen will, um nach dem perfekten Kandidaten zu fahnden (wenn nötig bundesweit), wollen andere eine Kampfabstimmung unter allen CDU-Mitgliedern Hamburgs.

Auslöser des ungewohnt hohen Mobilisierungsgrades der Christdemokraten ist Tagesordnungspunkt 4a, bei dem die Delegierten des Landesausschusses eine Mitgliederbefragung beschließen sollen. Diese soll die parteiinterne Demokratie wieder herstellen. Seit der Wahlschlappe vom 20. Februar rebelliert die Basis und fordert nach Jahren der Personalklüngelei ein echtes Mitspracherecht.

Doch es gibt zwei Probleme. Mit dem jetzigen Parteivize Marcus Weinberg steht bislang nur ein ernst zu nehmender Kandidat zur Verfügung. Und der ist als glühender Befürworter der Primarschulreform nicht unumstritten. Ex-Innensenator Heino Vahldieck denkt nach eigener Aussage noch über eine Bewerbung nach. Deshalb soll eine "Findungskommission" gegründet werden, um ein "Aufgaben- und Anforderungsprofil des zukünftigen Landesvorsitzenden" zu erstellen und anhand dessen mögliche Bewerber auszuwählen.

"Wir hatten in der letzten Zeit mit unserer Personalpolitik nicht gerade viel Erfolg", sagt Karin Koop, eine der sieben Antragsteller. Angesichts der dramatischen Situation der CDU müsse man das "Entscheidungskartell" auflösen und professioneller vorgehen. Deshalb auch die Empfehlung, in der ganzen Bundesrepublik zu suchen.

Gegen den Vorschlag formiert sich allerdings deutlicher Widerstand. "Das ist ein Verfahren aus der Wirtschaft, wenn Unternehmen Vorstandsmitglieder suchen. Wir als Partei brauchen das nicht, um Kandidaten zu finden", sagt die Bürgerschaftsabgeordnete Karin Prien aus Altona. Kandidat Weinberg ist - wenig überraschend - ebenfalls Gegner. "Wir haben schon eine Findungskommission. Und das sind die Mitglieder", sagt er. Deshalb brauche man kein vorgeschaltetes Auswahlgremium. Auch der langjährige Bürgerschaftsabgeordnete Robert Heinemann findet den Antrag "unsinnig". "Es geht nicht darum, ein Wunschbild zu kreieren. Sondern darum, überhaupt Kandidaten zu finden." Schließlich sei es ein Job mit "viel Arbeit und wenig Glamour". Die Ironie: Unter diesen Umständen macht die als basisdemokratischer Coup geltende Mitgliederbefragung keinen Sinn.

Doch auch wenn sich bis zum Bewerbungsschluss am 12. April noch potenzielle Parteichefs finden, kommt Problem zwei ins Spiel. Die viel gepriesene Mitgliederbefragung, die per Briefwahl durchgeführt werden soll, scheint dem Parteiengesetz zu widersprechen. Das jedenfalls behauptet der Altonaer Bezirksabgeordnete Tomas Spahn, der nach Informationen des Abendblatts eine Tischvorlage in den Landesausschuss einbringen will. Darin fordert Spahn, den Parteivorsitzenden von einer Vollversammlung der CDU-Mitglieder - zum Beispiel im CCH - wählen zu lassen.

"Eine Abstimmung per Brief ist für die Delegierten nicht bindend", sagt der Politikwissenschaftler. Auch weil Manipulation nicht auszuschließen sei. Würden sich die Delegierten wie vorgesehen dennoch an das Briefwahlergebnis halten, wäre das "eine Selbstentmachtung des Landesausschusses zugunsten eines fragwürdigen Verfahrens". Spahn, selbst auch Delegierter, kündigte bereits an, sich nicht daran halten zu wollen. "Die Mitglieder sollen entscheiden", sagt Spahn. "Aber es muss ein sauberes Verfahren geben."