Der Winter ist zurück: Ein Zug der S3 war deshalb stundenlang vor Hammerbrook liegen geblieben. Fahrgäste erhalten Gutscheine.

Hamburg. Der Winter hat Hamburger und Zehntausende Pendler wieder einmal kalt erwischt: Ein fast voll besetzter S-Bahn-Zug blieb am Dienstag gegen 8 Uhr kurz vor der Station Hammerbrook plötzlich liegen.

Die Fahrgäste der S3 mussten fast zwei Stunden lang in der Bahn zwischen Elbbrücken und Hammerbrook ausharren, ohne dass sich der Zug bewegen ließ. Zwei Stunden, in denen sie durch die Fenster den Eisregen niedergehen und andere Schienenfahrzeuge auf benachbarten Gleisen an sich vorbeiziehen sehen konnten. Oder mussten. Die wetterbedingte Panne der S-Bahn, sie war wohl die extremste Folge des Eisregens.

"So etwas wie diesen Eis-Zwischenfall gab es meines Wissens noch nie", sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis. Auf einer Strecke von 300 Meter Länge hatte sich eine dicke Glasur seitlich auf die Stromabnehmer der S-Bahnschienen gelegt. Eine Folge des niedergehenden Eises und eines an dieser Stelle offenbar besonders heftigen Windes. Der Zug ließ sich weder vor- noch zurückfahren. Bahnmitarbeiter begannen das Eis per Hand von den Schienen zu spachteln. Der Zugverkehr zwischen dem Hamburger Süden und dem Zentrum lief derweil einspurig am Ort des Geschehens vorbei. Folge: Nicht nur die Eingeschlossenen mussten warten, auch nachfolgende Fahrgäste hatten sich zu gedulden, bis sie in die gewünschte Richtung starten konnten. Erst ab 14 Uhr war die Strecke komplett eisbefreit, der S-Bahnverkehr normalisierte sich. Egbert Meyer-Lovis hat eine gute Nachricht für die Gäste der "Eis-Bahn", die den halben Vormittag zwischen Elbbrücken und Hammerbrook verbracht hatten: "Sie bekommen einen Einkaufsgutschein über 30 Euro, der in mehr als 50 Hamburger Geschäften einzulösen ist." Betroffene sollten sich bei der Kundenbetreuung der S-Bahn melden.

Den Vorwurf, die Hamburger S-Bahn sei im Vergleich zu anderen Nahverkehrs-Anbietern besonders winteranfällig, weist Meyer-Lovis von sich: "Tatsächlich hatten wir ja lange Probleme mit der Oberleitungsumschaltung in Neugraben. Doch nachdem wir eingehend mit dem Hersteller an der Verbesserung des Systems gearbeitet haben, ist das kein Thema mehr." Dennoch hinkt die S-Bahn bei der jährlichen Berechnung der Pünktlichkeitsquoten noch leicht hinterher. 94,5 Prozent aller S-Bahnen waren im Jahr 2010 pünktlich. Das heißt, sie hatten weniger als drei Minuten Verspätung. Im Vorjahr war dies bei 93,8 Prozent der S-Bahnen der Fall.

Allerdings: Die Hamburger U-Bahn ist noch pünktlicher: Im Jahr 2009 schaffte sie eine Quote von 98,1 Prozent, wie Sprecherin Gisela Becker sagt. Eine Vereisung wie im Falle der am Dienstagmorgen feststeckenden S-Bahn wäre bei der U-Bahn unmöglich, weil die Stromabnehmer unter den Schienen verlaufen - und nicht seitlich wie bei der S-Bahn. Und auch die AKN hat derzeit bessere Werte aufzubieten: 97,7 Prozent der Züge waren im ersten Halbjahr 2010 pünktlich. Sprecher Jörg Minga: "Wir verfolgen ein Konzept der vorbeugenden Instandhaltung und sind als Mittelständler in der Lage, schnell und flexibel zu reagieren."

Dass die Werte bei der S-Bahn noch nicht auf dem Niveau der Mitbewerber ist, könnte nach Ansicht von Kritikern an den verzweigten Zuständigkeiten unter dem Dach der Bahn liegen. So sind für Netz, Schienen und Züge jeweils andere Tochtergesellschaften zuständig. Und: Bleibt bei der S-Bahn ein Zug stehen, hat dies oft Auswirkungen auf andere Linien, weil sie sich bei der S-Bahn dieselben Schienen teilen. Bei der U-Bahn ist das anders.

Auch auf den Straßen kam es zu Zwischenfällen. 25 Fußgänger mussten nach Stürzen auf vereisten Gehwegen in Kliniken eingeliefert werden. Auf Autobahnen und Landstraßen - vor allem im Hamburger Umland - kam es trotz präventiver Streueinsätze im Umland schon am Morgen zu Unfällen: Im Kreis Pinneberg kam der Verkehr zum Erliegen. Auf der A 23 krachte es zwischen 6 und 9 Uhr zwischen Elmshorn und Halstenbek-Krupunder achtmal.

Der Verkehr staute sich kilometerlang. In Fahrtrichtung Heide ging nach einem Lkw-Unfall in Rellingen nichts mehr. Zu einem tödlichen Unglück kam es auf der B 3 im Landkreis Soltau-Fallingbostel. Dort prallte ein Ehepaar aus dem Landkreis Stade mit seinem Kleinlaster gegen einen Baum. Die 55 Jahre alte Frau war sofort tot. Ihr Mann wurde ins Krankenhaus gebracht. Der 51-Jährige hatte am Steuer gesessen.

Auf den Autobahnen 1 und 7 gab es auch am Abend Staus, als erneut Schnee fiel. Im Feierabendverkehr ereigneten sich rund 85 wetterbedingte Unfälle, meist mit leichten Blechschäden. Auch im Stadtgebiet stauten sich die Autos.

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