Urteil

Hamburger Lokalradio: Razzia war verfassungswidrig

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Die Redaktion des "Freien Sender Kombinats" wurde 2003 durchsucht, ein Notizbuch und diverse Unterlagen beschlagnahmt. Sie reichten Klage ein.

Karlsruhe. Es ist ein Urteil, das die Rundfunkfreiheit stärkt. Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch die Durchsuchungsaktion beim Hamburger Lokalradio „Freies Sender Kombinat“ (FSK) im Jahr 2003 für verfassungswidrig erklärt. Damit sei gegen gegen die grundgesetzliche Rundfunkfreiheit verstoßen worden, entschied das höchste Gericht nach Angaben vom Mittwoch in Karlsruhe. Die Polizei hatte im Oktober 2003 die Räume des Hamburger Lokalsenders Freies Sender Kombinat (FSK) durchsucht und zahlreiche Dokumente und Unterlagen beschlagnahmt.

Der Sender hatte zuvor einen Beitrag über angebliche Übergriffe von Polizeibeamten bei einer Demonstration gesendet. Der Moderator spielte darin Mitschnitte von zwei Telefongesprächen zwischen einem Pressesprecher der Polizei und einem Mitarbeiter des Senders vor. Der nicht namentlich genannte Journalist konfrontierte den Polizeisprecher mit Vorwürfen von Zeugen, dass Beamte Teilnehmer einer Demo angegriffen hätten. Der Polizeisprecher erwiderte lediglich, dass die Polizei keine Erkenntnisse zu derartigen Vorfällen habe.

Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ein. Der Polizeisprecher hatte gesagt, dass er mit dem Journalisten keine Aufzeichnung der Telefongespräche vereinbart habe. Die Polizei durchsuchte die Redaktion, auch um die Identität des Journalisten herauszufinden. Dieser meldete sich während der Durchsuchung freiwillig. Die Beamten hatten bei der Aktion auch Grundflächenskizzen und Fotos der Redaktionsräume gemacht. Das Landgericht befand die Durchsuchung und Beschlagnahmung von Aktenordnern mit Redaktionsunterlagen sowie eines Notizbuches als rechtens.

Dem widersprach nun das Verfassungsgericht. Die Vorinstanz habe nicht ausreichend geprüft, ob der polizeiliche Eingriff in die Rundfunkfreiheit angemessen gewesen ist. Nach Ansicht der Verfassungsrichter war die Veröffentlichung der Telefongespräche nicht besonders schwerwiegend, außerdem habe sich der gesuchte Journalist selbst gemeldet.

Die Durchsuchung einer Redaktion störe das Vertrauensverhältnis des Senders zu seinen Informanten erheblich. Außerdem könne eine Durchsuchung der gesamten Redaktion diese derart „einschüchtern“, dass sie künftig nicht mehr kritisch über staatliche Angelegenheiten berichtet. Die Sache wurde daher zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit schützt neben der Eigenständigkeit des Rundfunks auch die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit. Staatlichen Stellen ist es grundsätzlich verboten, sich Einblick in die Arbeit von Redaktionen zu verschaffen. Durch das Redaktionsgeheimnis sind auch Unterlagen über Arbeitsabläufe, Projekte oder die Identität der Mitarbeiter einer Redaktion geschützt. (dpa)