Ein siegessicherer Olaf Scholz verkündet selbstbewusst das Ende der CDU-Ära

Altstadt. So mancher Delegierte im bequemen Wollpullover rutschte anfangs noch etwas unbehaglich auf seinem Stuhl im Börsensaal der Handelskammer herum. Üblicherweise finden Nominierungen von SPD-Spitzenkandidaten an anderen Orten statt. Dass die Parteispitze dieses Mal den Hort der Hamburger Wirtschaft auserkoren hatte, war eine Premiere - und eine deutliche Demonstration für einen Neustart. Dazu passte auch, dass die Sozialdemokraten ihren Landchef Olaf Scholz am Freitagabend mit überwältigender Mehrheit zum Spitzenkandidaten für die vorgezogenen Bürgerschaftswahlen am 20. Februar wählten. 335 von 347 Delegierten stimmten für den einzigen Kandidaten. Das sind fast 98 Prozent.

Scholz hatte seine Partei in einer einstündigen Rede mit scharfen Angriffen auf die CDU auf den Wahlkampf eingestimmt. "Neun Jahre CDU-Regierung gehen zu Ende", prophezeite er selbstbewusst, angesichts der guten Umfragewerte fast schon siegesgewiss unter begeistertem Beifall. Dabei stehe die SPD für "Vernunft, Klarheit, Verlässlichkeit und Gerechtigkeit". "Es geht nicht nur um das Wünschenswerte, sondern immer auch um das Machbare." Der 52-Jährige erneuerte damit sein Versprechen, den defizitären Hamburger Haushalt zu sanieren. Und machte auch deutlich, wer schuld an der Misere sei: der CDU-Senat. Christoph Ahlhaus und Ole von Beust hätten die größten Probleme Hamburgs zu verantworten, zum Beispiel die Kostenexplosion beim Bau der Elbphilharmonie oder die Krise der HSH Nordbank.

Gleich an zweiter Stelle seiner Inthronisationsrede legte der Bundestagsabgeordnete aus Altona, der wie gewohnt im dunklen Anzug, weißen Hemd und roter Krawatte auftrat, ein deutliches Bekenntnis für die Entwicklung des Hafens und der Wirtschaft ab.

Erst danach widmete er sich sozialdemokratischen Kernthemen, etwa der Bildung, und versprach, dass unter einer SPD-Regierung kein Jugendlicher ohne Abschluss die Schule verlassen werde. Das wurde mit lauten Beifall belohnt, wie auch die Ankündigung, die SPD werde nach einem Wahlsieg die Erhöhung der Kita-Gebühren zurücknehmen und die fünfstündige Kita-Grundbetreuung für alle Kinder kostenlos machen.

Die Delegierten quittierten die einstündige Rede stehend mit minutenlangem Beifall. Und spätestens, als Parteitagspräsident Wolfgang Kopitzsch kurz vor 18 Uhr das Wahlergebnis verkündete, war es vorbei mit der Zurückhaltung im Börsensaal. Auch die früheren SPD-Bürgermeister Peter Schulz, Klaus von Dohnanyi, Henning Voscherau und Ortwin Runde kamen auf die Bühne, um zu gratulieren. Scholz genoss die Ovationen sichtlich. Das lasse ihn nicht unberührt, sagte er und holte schließlich auch noch seine Frau, die SPD-Parlamentarierin Britta Ernst, an seine Seite. Der hatte er zu Beginn seiner Rede eine überraschende Liebeserklärung gemacht. Hamburg sei ihm auch deshalb so wichtig, "weil ich mich hier unsterblich in meine Frau verliebt habe". Wohl auch eine Premiere.