Hamburgs SPD-Chef Olaf Scholz hat fast alles richtig gemacht. In seiner einstündigen Rede vor der Wahl zum Bürgermeisterkandidaten seiner Partei streifte er alle zentralen Felder der Senatspolitik, setzte mit Kita, Bildung, Finanzen und Wirtschaft klare Schwerpunkte und vergaß auch nicht, sich artig vor der Reihe großer SPD-Bürgermeister dieser Stadt zu verneigen. Das Traumergebnis von knapp 98 Prozent ist der Beleg für Scholz' unumstrittene Führungsposition.

Und doch: Das, was die SPD-Delegierten am Freitagabend hörten, war in weiten Teilen keine Nominierungsrede, sondern schon eine Regierungserklärung. Nur so weit ist es eben noch nicht. Es ist ein schmaler Grat zwischen dem selbstbewusst vorgetragenen Machtanspruch und der Vermittlung des Gefühls eines schon sicher geglaubten Wahlerfolgs.

Nach zehn Jahren in der Opposition haben die Umfragewerte der Partei, die sie in die Nähe der absoluten Mehrheit führen, offensichtlich zu solcher Siegesgewissheit geführt. Jeder Fußballtrainer warnt seine Spieler eindringlich davor, vermeintlich leichte Gegner zu unterschätzen. Eine solche Ermahnung fehlte von Scholz. Er glaubt offenbar selbst nicht mehr daran, dass Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) ihm das Amt noch ernsthaft streitig machen kann. Das kann auch als mangelnder Respekt vor den Wählern angesehen werden.