In sozial benachteiligten Quartieren wie Steilshoop droht wegen der Sparmaßnahmen vielen Einrichtungen die Schließung.

Steilshoop. Das Tier- und Pflanzenhaus in Steilshoop ist ihre Hoffnung. Ihr Weg raus aus dem Hartz-IV-Leben. Hier arbeitet Nicole Schlemminger seit drei Monaten als Ein-Euro-Jobberin. "Dass in Hamburg nun viele dieser Jobs gestrichen werden sollen, macht mir Angst", sagt die 38 Jahre alte Mutter. "Ich will nicht wieder zu Hause rumhängen. Es wäre schrecklich, wenn das Tierhaus schließen müsste."

Die Einrichtung des Trägers Alraune ist eine von vielen Institutionen in sozial benachteiligten Quartieren, denen die Schließung droht. Entschieden ist zwar noch nichts. Aber fest steht, dass der Bund für das kommende Jahr massive Einsparungen im Bereich des Eingliederungstitels angekündigt hat. "Entsprechend muss bei allen Arbeitsmarktmaßnahmen gekürzt werden", sagt Michael Ahrens von der Wirtschaftsbehörde. Das Budget werde von 187 Millionen Euro in 2010 auf 131 Millionen gekürzt.

Geplant ist, dass von den rund 9500 sogenannten Arbeitsgelegenheiten für Menschen, die sonst unter Hartz IV fallen, etwa 3350 gestrichen werden. Zudem sollen 1000 Stellen für sozialversicherungspflichtige Langzeitarbeitslose wegfallen. Das bestätigt Arbeitsagentur-Sprecher Knut Böhrnsen. "Noch in diesem Jahr entscheiden Wirtschaftsbehörde, Agentur für Arbeit und team.arbeit.hamburg, wie die Plätze auf die Einrichtungen verteilt werden."

Petra Lafferentz, Alraune-Geschäftsführerin, befürchtet, dass die Sparmaßnahmen vor allem die Menschen trifft, die ohnehin nur schwer in den Arbeitsmarkt zu vermitteln sind. "Wenn mehr als 3000 Ein-Euro-Jobber wegfallen, müssen in Steilshoop definitiv Einrichtungen schließen", sagt sie. Das wäre auch für die Bewohner der Quartiere ein Rückschlag. "Für sie sind die Institutionen ein fester Bestandteil der sozialen Infrastruktur, ein Kommunikationstreff", sagt Lafferentz.

Kritik übt auch die Wandsbeker Linken-Bezirksfraktion. "Wir fordern den Senat auf, keine Mittel im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu kürzen", sagt Fraktionschef Vasco Schultz. Dies gelte insbesondere für Projekte mit stadtteilpolitischem Nutzen.

In Steilshoop seien etwa 15 Einrichtungen verschiedener Träger von einer Schließung bedroht - darunter "Das Café", ein mobiler Wäscheservice und die Schulmensa im Bildungszentrum, in der täglich 1400 Mittagessen zubereitet werden. Björn Thiel arbeitet dort in der Küche als Ein-Euro-Jobber. "Es wäre schlimm, wenn der Laden hier geschlossen würde", sagt der 25-Jährige, der seit 2009 Hartz-IV-Empfänger ist. "Es ist gemein, dass die immer ganz unten bei uns anfangen." Nachvollziehen könne er das nicht. "Ich habe Bäcker gelernt, aber keine Anstellung gefunden. Der Ein-Euro-Job ist eine große Chance - wie für alle Kollegen hier." Ohne die Arbeit in der Mensa würde er nur vorm Fernseher hängen oder Computerspiele zocken, vermutet er. "Hier habe ich eine sinnvolle Aufgabe."

Nicole Schlemminger vom Tierhaus Steilshoop sieht das ähnlich. Die Arbeit mache ihr Spaß. Auch wenn sie im Monat nur rund 250 Euro verdiene. "Arbeit ist Arbeit", sagt sie. Wichtiger sei ihr außerdem das Gefühl, gebraucht zu werden. "Und ich möchte, dass meine Tochter eine Mutter hat, die arbeiten geht und auf die sie stolz sein kann."