Schüler, die regelmäßig am Unterricht teilnehmen und sich integrieren wollen, sollen nach den Plänen ein befristetes Bleiberecht erhalten.

Hamburg. Als Konsequenz aus der beinahen Abschiebung der ghanaischen Spitzen-Abiturientin Kate Amayo fordert die SPD ein neues Aufenthaltsrecht für gut integrierte Kinder von Zuwanderern. Nach Bremer Vorbild sollen Schüler, die regelmäßig am Unterricht teilnehmen und sich integrieren wollen, ein befristetes Bleiberecht erhalten. Egal, ob sie oder deren Eltern illegal einwandert sind. "Wir müssen diesen Kindern eine Chance und eine Perspektive bieten, ohne sie in Sippenhaft mit ihren Eltern zu nehmen", sagte Andreas Dressel (SPD).

Bei rund 4200 "geduldeten" Menschen in Hamburg könnten einige Hundert Kinder von dieser Regel profitieren - darunter eben jene, die gut integriert, aber von Abschiebung bedroht immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Ausgeschlossen seien Straftäter, aber auch Kinder sogenannter "Risikofamilien", in denen mehrere Kinder kriminelle Intensivtäter seien. Weil ein Bleiberecht für den Nachwuchs laut Grundgesetz auch ein Bleiberecht für die Eltern bedeute, dürfe es nicht sein, dass "ein vorbildliches Kind die ganze Familie im Land halte", sagte Dressel.

Auch wenn Änderungen der Gesetze nur auf Bundesebene möglich sind: Das im September in Bremen eingeführte Modell zeigt Spielräume der Bundesländer auf, die Praxis der Behörden zu beeinflussen. Ulrich Mäurer (SPD), Bremens Innensenator, will auf der Innenministerkonferenz im November bundesweit für sein Modell werben. Es sei eine "flexible Regelung", um Einzelfällen gerecht zu werden - und zwar ohne den "Gnadenweg" zur Härtefallkommission, sagte der Bremer Politiker gestern in Hamburg. Wie im Fall der mit 15 Jahren illegal eingereisten Kate Amayo, die mit Unterstützung eines Anwalts eine deutlich frühere Abschiebung abwenden konnte und schließlich auf Empfehlung dieses Gremiums bleiben durfte.

In einem Schreiben an die Bremer Sachbearbeiter ist die Rede von "Aufenthalt aus humanitären Gründen". Voraussetzung ist "kulturelle Verwurzelung", dass die Kinder seit etwa vier Jahren zur Schule gehen, deutsch sprechen und vor allem straffrei sind.

Ziel ist auch, den "Teufelskreis" zu durchbrechen, wenn Eltern unter falschen Angaben eingereist seien. "Der Verstoß gegen Visa-Bestimmungen ist unrecht und nicht zu diskutieren, darf aber nicht von Generation zu Generation weitergegeben werden", so Mäurer. Beispielhaft sind Kurden aus dem türkisch-libanesischen Grenzgebiet, die Anfang der 90er -ahre einwanderten. Viele gaben Libanon als Herkunft an, dort war Krieg, also konnten sie nicht zurückgeschickt werden. Als diese Lügen bekannt wurden, verloren nicht nur die Eltern ihr Bleiberecht, sondern auch die deutsch aufgewachsenen Kinder, die "faktisch Inländer" seien.

Das Modell soll laut SPD "Anreiz" für gute Integration sein, auch für die Eltern. Geplant ist jeweils ein Aufenthaltstitel von ein bis zwei Jahren, der verlängerbar ist. Sollte Hamburg sich für diese Regel entscheiden, sei keine "Völkerwanderung" zu befürchten: "Geduldete Menschen" dürfen ihren Wohnort nicht wechseln.

Die GAL reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß der Opposition: Die Lücke im Ausländergesetz für Kinder sei längst bekannt, sagte Fraktionsvize Antje Möller. Richtig sei, dass die Länder den Bund dazu bringen, diese zu schließen - einzelne Regelungen der Bundesländer aber falsch: Für die Kinder und Jugendlichen müsse bundesweit der gleiche Maßstab gelten.