Ole von Beust begründet seine Amtsmüdigkeit auch mit der “Dichte der Berichterstattung“ und wirbt für Schwarz-Grün auf Bundesebene.

Hamburg. Der scheidende Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat eine offenere Debatte über ein Bündnis von Union und Grünen auf Bundesebene gefordert. "Auf Bundesebene wird viel zu ritualisiert über Schwarz-Grün geredet. Das gilt für die Grünen wie für die Union", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Alle haben immer Angst, ihre Stammwähler zu verlieren." Diese Angst sei aber falsch, meistens wählten die Stammwähler doch ihre Partei. "Die geistige Bereitschaft, etwas Neues zu wagen, hält sich auf beiden Seiten in Grenzen", bedauerte Beust , der am Tag des verlorenen Volksentscheids zur Primarschule seinen Rücktritt zum 25. August angekündigt hatte.

Beust begründete erneut seine Entscheidung. "Ich finde, irgendwann hat sich ein Berufspolitiker verbraucht. Dann wiederholt sich alles. Man selbst und die Wähler bekommen den Eindruck: Das haben wir doch alles schon oft gehört." Das sei sein allgemeines Empfinden. Dieses habe auch mit der zunehmenden Dichte der Medienberichterstattung zu tun, so Beust. "Man ist einfach schneller durchgenudelt, als das vor 20 Jahren der Fall war." Manchmal gerate die "ewige Präsenz in der Öffentlichkeit" auch zur Belastung. "32 Jahre Landespolitik, davon 17 hauptberuflich: Das ist genug."

Offene Türen bei den Grünen rannte von Beust mit seinem Plädoyer indes nicht ein. Der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, sieht weiterhin keine Basis für eine Zusammenarbeit mit der Union. Ein Bündnis mit CDU und CSU komme derzeit nicht infrage, weil sich "die Union zum Liebediener der Atomkonzerne" mache, sagte Trittin im SWR. Dies sei eine Kampfansage an die Grünen und kein Koalitionsangebot. Es gebe in der Sache mehr Gemeinsamkeiten mit der SPD.

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel war durch von Beust erst kurz vor dessen Rücktrittsankündigung über die konkrete Zeitplanung informiert worden: "Dass ich intensiv darüber nachgedacht habe, ob ich in zwei Jahren noch mal antreten würde, wusste sie aber schon länger", sagte Beust. Merkel habe gesagt, sie finde es "schade", dass er sich aus der Politik zurückziehe. Die CDU-Vorsitzende habe nicht versucht, ihn umzustimmen. Sie habe ihm auch kein anderes Amt angeboten. Der Eindruck, verbraucht zu sein, sei sein subjektiver, kein allgemeiner. Dass in jüngster Zeit so viele CDU-Politiker aus ihren Führungsämtern oder gleich ganz aus der Politik ausscheiden, hält von Beust nicht für ein Problem. Gefragt, ob es nicht schwierig werde, den Verlust von Politikern wie Roland Koch, Jürgen Rüttgers, Dieter Althaus oder von ihm selbst wettzumachen, sagte von Beust : "Da kommen schnell Neue. Sie wissen doch: Der König ist tot. Es lebe der König!"

Die Grünen hatten enttäuscht auf den Rückzug des Senatschefs reagiert. Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann erinnerte daran, dass Beust noch vor einigen Monaten über fehlende Verantwortung in den Eliten geschimpft hatte. "Die Art, wie Herr von Beust sein Amt niederlegt, ist ein Luxus, den sich nur jene Eliten leisten können, die er selbst kritisiert hatte", sagte Neumann dem Abendblatt.