Der SPD-Chef tendiert zu einer Kandidatur. Eine repräsentative Umfrage in der Hansestadt sieht Olaf Scholz bei einer Direktwahl klar vorne.

Hamburg. Wenn die Hamburger den künftigen Bürgermeister direkt wählen könnten, wäre Olaf Scholz im Duell mit Christoph Ahlhaus der klare Sieger. 48 Prozent würden sich für den SPD-Landesvorsitzenden entscheiden, 24 Prozent würden den CDU-Innensenator wählen. Das ergab eine repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Psephos im Auftrag des Abendblatts nach der Rücktrittsankündigung von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) durchgeführt hatte.

"Man darf sich nicht drücken": Olaf Scholz im Abendblatt-Interview

"Dieses Umfrageergebnis ist beeindruckend und beeindruckt auch mich", sagte Scholz im Abendblatt-Interview. "Ich begreife das als Verpflichtung, jetzt schön auf dem Boden zu bleiben und den Kurs, den ich der SPD vorgeschlagen habe, zu Ende zu verfolgen", so der frühere Bundesarbeitsminister. Auf die Frage, ob er die Vorschusslorbeeren der Hamburger als Verpflichtung betrachte, als Spitzenkandidat anzutreten, ließ Scholz erstmals eine Tendenz zur Kandidatur erkennen: "Mich berührt solch ein Ergebnis, ganz klar."

Der Umfrage zufolge könnten sich 16 Prozent der befragten Hamburger weder für Scholz noch für Ahlhaus entscheiden, zwölf Prozent haben dazu gar keine Meinung. Ahlhaus soll am 25. August in der Bürgerschaft zum Nachfolger von Ole von Beust gewählt werden. Dass er für das Amt "sehr geeignet" oder zumindest "überwiegend geeignet" ist, glauben der Umfrage zufolge 20 Prozent der Wähler. 33 Prozent halten den Innensenator für "kaum" oder "gar nicht geeignet". 47 Prozent machen keine Angaben oder kennen Ahlhaus nicht.

Im Abendblatt-Interview kritisierte Scholz den vorzeitigen Abgang des Bürgermeisters und plädierte indirekt für Neuwahlen. Die CDU-Wähler und auch der Koalitionspartner GAL hätten nicht damit gerechnet, dass Ole von Beust "abhanden" kommen würde. Für den SPD-Spitzenkandidaten werde gelten, dass er im Falle seiner Wahl vier Jahre im Amt bleibt. Scholz: "Wer kandidiert, muss das versprechen."

Er sagte auch zu, dass es mit ihm keine erneute Veränderung der durch den Volksentscheid zementierten Schulstruktur - vierjährige Grundschule, Gymnasium und Stadtteilschule - geben werde. "Daran wird nicht mehr gerüttelt." Nachdem eine Mehrheit der Hamburger Wähler die sechsjährige Primarschule abgelehnt hatte, warnte der SPD-Chef davor, diese "auf Umwegen" einzuführen. "Ich kann jedem nur zu größter Vorsicht raten, auch der Schulsenatorin", sagte Scholz in Richtung von Christa Goetsch (GAL).

Jürgen Trittin, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, forderte Hamburgs CDU auf, sich offen zur Fortsetzung des bisherigen Regierungskurses zu bekennen. "Will sie weltoffen und tolerant bleiben, oder will sie zurück an den Stammtisch? Daran werden die Grünen festmachen, ob sie am 25. August Christoph Ahlhaus zum Ersten Bürgermeister wählen oder nicht", sagte Trittin dem Abendblatt.

Unterdessen erklärte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU), warum er den Senat verlassen wolle. Er strebe "eine neue berufliche Aufgabe" an.