Rechnungshof untersucht öffentliche Bauprojekte seit 1989 in Hamburg und findet 368 Mängel. Die meisten werden ganz am Anfang gemacht.

Hamburg. Mangelhafte Planung , Missachtung von gesetzlichen Vorgaben, zu großer politischer Druck und uneffektive Kontrollen - in seinem Bericht "Kostenstabiles Bauen" stellt der Hamburger Landesrechnungshof den Senaten und Verwaltungen der letzten 20 Jahre ein schlechtes Zeugnis aus. "Schlecht geplant heißt teuer gebaut", sagte Rechnungshof-Präsident Jann Meyer-Abich.

104 öffentliche Bauprojekte aus den Jahren 1989 bis 2009 haben die Kontrolleure untersucht. Dabei sind sie auf 368 Mängel gestoßen, von denen 230 auf Fehler in der Planungsphase zurückzuführen sind, 82 auf Fehler bei der Durchführung, 56 auf Fehler bei der Abrechnung. Zwei Drittel haben "zu Kostensteigerungen von 301 Millionen Euro geführt", heißt es in dem Bericht. Allein 266 Millionen resultierten aus Problemen in der Planungsphase.

Auslöser für die Untersuchung war die Kostensteigerung beim Bau des Zentralen Omnibus-Bahnhofs (ZOB) in Bergedorf. Nachdem sich der Preis von 20,8 auf gut 44 Millionen Euro mehr als verdoppelt hatte, hatte der CDU/GAL-Senat den Rechnungshof gebeten, das Projekt unter die Lupe zu nehmen und darüber hinaus Ratschläge zur Vermeidung solcher Fehler zu erarbeiten.

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Beim ZOB kritisiert der Rechnungshof, dass 70 Prozent der heutigen Kosten schon 2005 hätten bekannt sein müssen, wenn die Folgekosten für das neue Bahnhofsgebäude gleich einbezogen worden wären. "Die Entscheidung der Bürgerschaft wäre damit auf Basis einer weitaus realistischeren Kostenhöhe möglich gewesen", sagt Meyer-Abich. Der federführenden Stadtentwicklungsbehörde attestiert er eine "ungenügende Gesamtprojektleitung". Außerdem habe Druck aus der Politik zu Verstößen gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft geführt. "So wurde zum Beispiel trotz gesperrter Mittel mit der Baumaßnahme begonnen", kritisierte der Rechnungshof-Präsident. Positiv vermerkte er, dass die Behörde die Defizite eingeräumt und um Aufklärung durch den Rechnungshof gebeten habe.

Generell kritisierten die Prüfer die häufige Nichtbeachtung rechtlicher Vorgaben. Die Erklärung der Behörden, die Realisierung eines Bauprojekts sei unter zeitlichem Druck erfolgt, "deutet darauf hin, dass Rechtsverstöße zu einem Teil bewusst in Kauf genommen werden", heißt es schonungslos in dem jetzt vorgelegten Bericht.

Die darin enthaltenden Leitlinien für "kostenstabiles Bauen" fordern daher nicht zufällig zur "strikten Einhaltung des Haushaltsrechts" auf. "Das sollte eigentlich selbstverständlich sein", sagte Meyer-Abich. Tatsächlich würden jedoch viele Projekte ohne Nachweis der Wirtschaftlichkeit beschlossen, der Bürgerschaft würden oft Entscheidungen zu Bauvorhaben abverlangt, die noch gar nicht etatreif seien, deren konkrete Kosten also noch nicht feststehen.

Kein Privatmensch würde so handeln, kritisierte der Rechnungshof-Präsident. "Niemand kauft die Katze im Sack oder ein schönes neues Auto für 30 000 Euro und wartet dann mal ab, was er so geliefert bekommt." Das müsse grundsätzlich vor der Entscheidung geklärt werden. Als Beispiel für schlechte Terminplanung nannte Meyer-Abich den umgebauten Jungfernstieg, der unbedingt vor der WM 2006 fertig sein sollte, dann aber für den Bau der U 4 wieder aufgerissen wurde. Ein Beispiel für fehlende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sei der geplante Bau der HafenCity-Universität (HCU). Weil sich die Wissenschaftsbehörde standhaft geweigert hatte, diese laut Gesetz vorgeschriebene Berechnung vorzulegen, hatte es 2009 eine heftige Auseinandersetzung mit dem Rechnungshof gegeben - der sich letztlich durchgesetzt hatte.

Auch bei der als "Luxusfußweg" kritisierten Zuwegung zur Elbphilharmonie hatten die Prüfer vom Gänsemarkt die Notwendigkeit infrage gestellt und so eine Reduzierung der Kosten um fünf Millionen Euro erreicht. Die Elbphilharmonie selbst, deren öffentlicher Kostenanteil sich auf 323 Millionen Euro mittlerweile verdreifacht hat, wird übrigens nicht vom Rechnungshof untersucht. Aus einem einfachen Grund: Die Bürgerschaft hat sich die Akten gesichert und einen Untersuchungsausschuss eingerichtet.