Lediglich “fünf Prozent der Eltern sind von dieser Steigerung betroffen“, sagte Hamburger Sozialsenators. Zahlen aus den Bezirken widersprechen.

Hamburg. Es klang moderat: Als der Senat die Erhöhung der Kita-Gebühren um bis zu 100 Euro verkündete, wurde betont, nur wenige Eltern würden diesen neuen Höchstsatz zahlen müssen. Gerade einmal "fünf Prozent der Eltern sind von dieser Steigerung betroffen", sagte Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) noch im April. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan sprach sogar von lediglich drei Prozent. Das war offenbar eine krasse Fehleinschätzung. Wie Abendblatt-Anfragen in den Bezirken ergaben, liegt die tatsächliche Zahl der Höchstsatz-Zahler um ein Vielfaches höher . In Bergedorf sind es nach derzeitigem Stand etwa 17 Prozent, in Nord sogar 29 Prozent.

Diese Zahlen könnten leicht sinken, weil die Eltern noch vier Wochen Zeit haben, ihre Einkommensnachweise einzureichen. Peter Hansen, Sprecher im Bezirksamt Nord, erwartet aber keine gravierenden Änderungen mehr. Aus den anderen fünf Bezirken gibt es noch keine Angaben. Stichtag für die Erhöhung ist der 24. August.

+++ Das sagen Betroffene +++

In der zuständigen Sozialbehörde zeigte man sich überrascht. Die im April prognostizierten drei bis fünf Prozent Spitzenzahler seien Schätzungen anhand der Eltern gewesen, die bislang aufgrund ihrer Einkommensnachweise den Höchstsatz bezahlt hatten, sagte Sprecherin Julia Seifert. "Mit solchen Hochrechnungen kann man immer danebenliegen." Sie nannte die Zahlen wenig aussagekräftig. Jetzt sei abzuwarten, wie es aussehe, wenn alle Einkommensnachweise ausgewertet seien.

Für den Sozialsenator kommen die jetzt vorliegenden Zahlen zur Unzeit: Dietrich Wersich hatte gerade öffentlich gemacht, dass er sich für den Fall des Rücktritts von Ole von Beust die Übernahme des Bürgermeisteramts "grundsätzlich vorstellen" könne.

Als "unglaublich" bezeichnete SPD-Kita-Expertin Carola Veit die Zahlen aus den Bezirken. "Wenn es dabei bleibt, dann ist es einfach nicht wahr, dass kaum jemand von der Erhöhung um 100 Euro betroffen ist", sagt sie. "Im Gegenteil, es sind viel mehr, als der Senat die Öffentlichkeit hat glauben lassen wollen." Auch Claudia Wackendorff, Sprecherin des Landeselternausschusses Kindertagesbetreuung, findet scharfe Worte. Die vorläufigen Zahlen seien "ein Hammer. Ich habe schon erwartet, dass mehr Eltern betroffen sein werden - aber nicht, dass es so viele sind." Sie rät den Eltern, Widerspruch einzulegen und gegebenenfalls Härtefallanträge beim Jugendamt einzureichen.

+++ Kita und Steuern - Hamburg und das Umland im Vergleich +++

Mit der Gebührenerhöhung wird die Kita in der Regel für Familien teurer, deren Nettoeinkommen mehr als 3000 Euro beträgt: Und zwar in 20 Stufen jeweils um 5 Euro für jede 50 Euro, die Eltern über dieser Grenze verdienen. Lag der Höchstsatz bislang bei 396 Euro, werden jetzt maximal 496 Euro fällig. Hinzu kommt für alle Kita-Eltern aber noch das erhöhte Essensgeld. Das wurde bereits Mitte Mai pauschal angehoben, im Krippen- und Elementarbereich von 13 auf 21 Euro, im Hort sogar auf 42 Euro pro Monat.