Ein Kneipengast klagt: “Gäbe es in Hamburg ein so striktes Raucherverbot wie jetzt in Bayern, wären wir sicher zu Hause geblieben.“

Hamburg. Der neuste Klatsch, ein Glas Wein und Zigaretten: Drei Dinge, die für Nele Moritz und Freundin Jessie Ehlers zu einem gelungenen Mädchenabend gehören. Deshalb treffen sich die beiden 30-Jährigen nicht irgendwo, sondern in Kneipen, in denen Qualmen erlaubt ist. So wie in der Daniela-Bar im Schanzenviertel. "Gäbe es in Hamburg ein so striktes Raucherverbot wie jetzt in Bayern , wären wir heute Abend sicher zu Hause geblieben und hätten es uns dort nett gemacht", sagt Nele Moritz. Dass die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) jetzt auch in der Hansestadt eine Volksinitiative für ein absolutes Rauchverbot in Restaurants, Bars und Kneipen gestartet hat, hält sie für völlig übertrieben. "Die Raucherkneipen sind doch eh schon in der Minderheit", sagt die Artdirektorin. Außerdem seien doch alle mit der jetzigen Gesetzeslage zufrieden. "Mein Gefühl ist, dass es zwischen den Rauchern und Nichtrauchern harmonisch zugeht."

Seit dem 1. Januar 2010 gilt das sogenannte Hamburgische Passivrauchergesetz. Danach ist der Nikotinkonsum nur in Einraumkneipen und Bars mit bis zu 75 Quadratmetern erlaubt, in denen keinen Speisen angeboten werden. Reine Schankbetriebe mit mehr als 75 Quadratmetern dürfen einen separaten Raucherraum einrichten, der allerdings kleiner sein muss als der Nichtraucherbereich. Wenn es nach der ÖDP geht, ist jedoch bald in allen Lokalitäten Schluss mit dem blauen Dunst. Um wie in Bayern per Volksentscheid ein striktes Rauchverbot durchzusetzen, müssen zunächst bis Januar 10.000 Unterschriften gesammelt werden.

Dominik Fromhage wird nicht unterschreiben. "Obwohl ich straighter Nichtraucher bin", sagt der 33 Jahre alte Eimsbütteler. "Das Qualmen komplett zu verbieten ist zu radikal und würde sicher für viele Gastronomen die Pleite bedeuten. Als Nächstes dürfen wir unser Bier wie in den USA nur noch aus Papiertüten trinken." Er habe den Eindruck, dass sich mit dem jetzigen Gesetz alle gut arrangiert hätten. "Jeder kann selbst entscheiden, wo er hingeht." Ihn störe es nicht, wenn in kleinen Kneipen gepafft werde. "Es würde sogar eher das gesellige Beisammensein stören, wenn die Raucher überall vor die Tür müssten", sagt Dominik Fromhage. Seine Bekannte Tatiana Prey, ebenfalls Nichtraucherin, sieht das ähnlich: "Wenn ich am Wochenende feiern gehe, ist mir der Qualm egal. Da bin ich tolerant."

Tolerant ist auch Ines Clasing. Sie sitzt bei Bier und Wein mit Martin Leibing im Raucherraum der Kneipe "Berliner Betrüger" - obwohl sie nicht zur Zigarette greift. Ihr Bekannter dagegen inhaliert genüsslich den Tabakrauch. "In Restaurants ist das Rauchverbot okay. Aber ansonsten gehe ich nur in Läden, in denen ich rauchen darf", sagt der 31-Jährige. Bei einem Bier in netter Gesellschaft gehöre für ihn eine Zigarette zur Atmosphäre dazu. Ines Clasing hat damit kein Problem: "Jeder Wirt sollte selbst entscheiden dürfen."

Im "Berliner Betrüger" leben Blaue-Dunst-Fraktion und Nichtraucher friedlich nebeneinander. Beschwerden, dass in einem Raum Rauchschwaden durch die Luft wabern, gibt es nur wenige, sagt Inhaber Arne Röhrs. "Es läuft ideal. Deshalb sollte alles so bleiben, wie es ist." Den Rauchern auch noch die letzten Ecken wegzunehmen sei schwachsinnig. "Zudem ist das Rauchen in Kneipen auch ein Stück Kulturgut", sagt der 34 Jahre alte Gastronom. Von der Volksinitiative der ÖDP hält der Nichtraucher dementsprechend nichts. "Das ist doch albern. Es hat sich alles wunderbar eingespielt und jetzt soll wieder daran gerüttelt werden."

Matthias Knees, Inhaber der "Herren Simpel" am Schulterblatt, würde als Raucher nicht für die Volksinitiative unterschreiben. Aber er würde es begrüßen, wenn der Nikotinkonsum in allen Betrieben untersagt wäre. "So würde Chancengleichheit bestehen." Er habe damals extra einen abgetrennten Raucherraum in seinem Laden geschaffen. Aber Kippen dürfen hier seit Jahresanfang trotzdem nicht mehr glühen, weil er auch Speisen anbietet. "Das ist unfair. Und es haut voll auf die Umsätze", sagt Knees. Abends habe er 50 Prozent weniger Geld in der Kasse.

Umsatzeinbußen, die befürchtet auch Patricia Neumann, Chefin der Daniela-Bar, falls sich ein rigoroses Rauchverbot in Hamburg durchsetzen sollte. "Unsere Gäste sind zu 70 bis 80 Prozent Raucher. Davon würden sicher viele wegbleiben, wenn sie nicht mehr dürften."

So wie Nele Moritz und Jessie Ehlers. "Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt", sagt Jessie Ehlers. "Es muss doch noch ein paar verrauchte Kneipen geben, nach deren Besuch man wie ein Aschenbecher riecht - in denen noch ein bisschen Rock 'n' Roll herrscht."