Der wegen Anstiftung zu einer Scheinehe verurteilte Abgeordnete Bülent Ciftlik kann dem Rauswurf noch durch seinen Austritt zuvorkommen.

Hamburg. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion richtet sich auf einen Ausschluss ihres Mitglieds Bülent Ciftlik ein. Fraktionschef Michael Neumann hat für heute um 14 Uhr eine Sondersitzung des Fraktionsvorstands einberufen. Die Sozialdemokraten wollen sich auf eine Beschlussempfehlung verständigen, die den Rauswurf Ciftliks zum Inhalt hat.

Laut Paragraf 4 der Geschäftsordnung muss die Fraktion den Ausschluss des Abgeordneten, der "nur aus wichtigem Grund zulässig" ist, dann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln in der kommenden Woche beschließen. Ciftlik kann dem Rauswurf zuvorkommen, wenn er freiwillig seinen Austritt erklärt. Am späten gestrigen Abend wollte sich Neumann mit Ciftlik zu einem abschließenden Gespräch über diese Frage treffen. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

+++ Bülent Ciftlik lässt die Hamburger SPD warten +++

Ciftlik war am Montag vom Amtsgericht St. Georg zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Ciftlik seine Ex-Freundin Nicole D. überredet hatte, seinen Bekannten Kenan T. zum Schein zu heiraten. Die Scheinehe bewahrte Kenan T., der dafür 7000 Euro zahlte, vor der Abschiebung. Nicole D. hat die Tat gestanden, Ciftlik beteuert seine Unschuld.

Die Staatsanwaltschaft legte gestern Berufung gegen das Urteil ein. Nach Auffassung der Anklagebehörde sind alle drei Angeklagten zu milde bestraft worden. "Insbesondere wegen des Nachtat-Verhaltens von Ciftlik halten wir nur eine Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen", sagte Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft glaube, dass Verdunkelungshandlungen, zu denen auch zwei dubiose E-Mails gehören, auf das Konto des SPD-Politikers gingen, so Möllers. Eine neunmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung hatte der Anklagevertreter am Montag gefordert.

Unterdessen kündigte auch Ciftliks Verteidiger Cornelius Weimar an, sein Mandant werde mit Sicherheit in Berufung gehen. "Das Amtsgericht ist seiner Aufgabe, den Sachverhalt umfassend zu ermitteln, nicht nachgekommen", sagte Weimar. So seien wichtige Beweismittel zu der Frage, ob Kenan T. und Nicole D. im Jahr 2008 eine eheliche Lebensgemeinschaft geführt hätten, vom Gericht abgelehnt worden.