Die Forderung des GAL-Justizsenators Till Steffen stößt nur bei SPD und Linken auf Gegenliebe. Die CDU kritisiert die Idee der Frauenquote.

Kritik vom Regierungspartner, dafür ein dickes Lob von der Opposition: Justizsenator Till Steffen (GAL) hat die Unterstützung von SPD und der Linken, wenn er als Vorsitzender der Bundesjustizministerkonferenz ab morgen eine gesetzliche Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen diskutieren lässt. "Senator Steffen setzt sich wohltuend von seinen Vorgängern ab und macht eine Politik, mit der wir Sozialdemokraten häufig einverstanden sind", sagte Gabi Dobusch, SPD-Gleichstellungspolitikerin. "Eine 40-Prozent-Quote bis zum Jahr 2015 ist ambitioniert und erreichbar." Mit Blick auf die Union, den Regierungspartner der GAL, forderte Dobusch nun konkrete Schritte: "Hier sind keine kleinteiligen Kompromisse mit Quoten-Skeptikern aus der CDU gefragt, sondern mutiges Vorgehen." Auch Regine Brüggemann, Landessprecherin der Linken, begrüßte den Vorschlag, forderte jedoch: "40 Prozent sollten nicht der Endpunkt sein."

Die Union zeigt sich hingegen ablehnend bis skeptisch. "Wir dürfen nicht einfach in die Wirtschaft eingreifen", sagte CDU-Wirtschaftsexpertin Barbara Ahrons. "Spitzenpositionen müssen von Menschen besetzt werden, die geistig dafür in der Lage sind." Sogar Karen Koop, CDU-Gleichstellungsexpertin, die selbst jahrelang für eine Quote gekämpft hat, bezweifelt mittlerweile den Sinn einer gesetzlichen Regelung. "Ich denke, dass die Firmen in zwei Jahren ohnehin nicht anders können, als gut ausgebildete Frauen einzustellen." Der demografische Wandel lasse das "männliche Potenzial" schrumpfen. "Kaum Frauen einzustellen, das wäre volkswirtschaftlicher Wahnsinn."

Anlass für den Optimismus der CDU-Politikerin sei ein Umdenken in ihrer Partei. "Die neue CDU-Generation geht selbstverständlicher mit Frauen um." Immerhin: Das unverbindliche Quorum ihrer Partei, mindestens ein Drittel Frauen in den Landesvorstand zu wählen, dürfte sich nun erstmals erfüllen - schaut man auf die Kandidatenliste, die auf dem Parteitag am Wochenende voraussichtlich bestätigt wird.

Wobei die CDU noch immer hinterherhinkt: Bei den Grünen ist ein Frauenanteil von mindestens 50 Prozent in den Parteiorganen längst bindend. "Wir machen damit seit 30 Jahren sehr gute Erfahrungen", sagte Landeschef Anjes Tjarks. "Wer Frauen gezielt fördert, der verbreitert damit nicht nur die Leistungsspitze, sondern sorgt auch für eine andere Unternehmenskultur." Auch bei der Linken ist ein Anteil von mindestens 50 Prozent festgeschrieben. Die SPD orientiert sich an der EU-Quote, also mindestens 40 Prozent von Vertretern eines Geschlechtes. Die FDP zeigt sich dagegen quotenlos glücklich: "Wir waren bei der Bundestagswahl 2009 die Hamburger Partei mit den meisten Frauen auf vorderen Listenplätzen", sagte Landeschef Rolf Salo.

In Hamburgs Amtsstuben, wo laut Koalitionsvertrag die EU-Geschlechterquote angestrebt wird, liegt der Anteil weiblicher Führungskräfte im gehobenen Dienst bei 35,1 Prozent. Das geht aus der aktuellsten Erhebung aus dem Jahr 2009 hervor. Während Frauen insgesamt unterrepräsentiert sind, liegt ihr Anteil im höheren Dienst bereits bei 53 Prozent. Darunter fallen auch viele Lehrerinnen. Schlusslicht ist die Innenbehörde: Hier arbeiten zwölf Prozent Frauen, wobei vor allem die Feuerwehr kaum Frauen beschäftigt. "Wir müssen weiterhin gezielt den Frauenanteil in Spitzenpositionen erhöhen", sagte Personalamtschef Volker Bonorden. "Exzellente Bewerbungen" weiblicher Kandidaten würden aber schon jetzt dazu führen, dass sich mit rund 60 Prozent mehr Frauen als Männer durchsetzen.

Der Verband Deutscher Unternehmerinnen (VdU) begrüßt den Vorschlag von Justizsenator Till Steffen (GAL). "Auch wir fordern seit Langem eine Frauenquote von 40 Prozent für alle Führungspositionen in Vorständen sowie in den Aufsichtsräten", sagt Kristina Tröger, Landesvorsitzende für Hamburg und Schleswig-Holstein. "Früher war ich gegen Frauenquoten. Heute bin ich jedoch überzeugt, dass Gleichberechtigung nur über eine solche Quote überhaupt herzustellen ist. Anders lassen sich die 'Old-Boys-Networks' nicht brechen." Gut gemeinte Willensbekundungen reichten längst nicht mehr. Schweden zeige, dass eine Quote der richtige Weg sei.

Tröger, 50, ist geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmensberatung Tröger & Partner und war zuvor in führender Position im Einkauf des Otto-Konzerns tätig. Sie weiß, "dass es genügend kompetente und gute Frauen für Führungspositionen gibt". Meist würden jedoch Männer lieber Männer einstellen. Dies sei für die Herren oft einfacher, da man sich sofort verstehe, während Frauen oft anders denken. Viele Frauen etwa stellten mehr Fragen, während sich Männer per se alles zutrauten. "Am erfolgreichsten sind jedoch gemischte Teams", so Tröger.

Bundesweit sind von den insgesamt etwa vier Millionen Selbstständigen rund 28 Prozent Frauen. In Hamburg liegt die Quote sogar noch etwas höher, sagt Tröger. "Diese Entwicklung ist wohl der langen Handelstradition der Hansestadt geschuldet." Die meisten selbstständigen Frauen sind im Dienstleistungsbereich (763 000) tätig, gefolgt von Handel, Gastgewerbe und Verkehr (329 000) sowie der Produktion und im Baugewerbe (94 000). Hinzu kommen rund 400 000 Freiberuflerinnen.