Urlaubsstimmung in der Bürgerschaft: Scholz will Mitte Juli zum Wandern nach Thüringen. Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) entspannt in Südfrankreich.

Hamburg. Das hatte schon etwas von Urlaubsstimmung. Als sich am Montagabend rund 1400 Gäste zum Parlamentarischen Sommerfest der Bürgerschaft im Rathausinnenhof einfanden, fehlten zwar ein paar Grad, um sich schon mal gedanklich in südlichere Gefilde versetzen zu können. Aber bei einem Glas Wein unter freiem Himmel nahmen viele Besucher den Namen des Festes durchaus wörtlich - viele Gespräche vermengten bereits politische Themen mit der bevorstehenden Urlaubssaison.

Wer aber meint, mit Beginn der Sommerferien am Donnerstag würden in Hamburg politisch die Bürgersteige hochgeklappt, täuscht sich. Die meisten Senatsmitglieder haben noch eine lange Liste an Terminen zu absolvieren, bevor sie ihren Urlaub antreten dürfen.

So muss sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kommende Woche noch im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag mit so sperrigen Themen wie der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid beschäftigen. Auch eine Sondersitzung des Bundesrats steht noch an, außerdem ein Empfang zum 90. Geburtstag von Ehrenbürger Helmut Greve, um nur einige Beispiele zu nennen. Etwas in Urlaubsstimmung könnte Scholz dann theoretisch Anfang Juli kommen, wenn er für drei Tage nach Wien reist. Allerdings dürfte es bei der Theorie bleiben, denn der Bürgermeister lässt für solche Reisen in der Regel Termine von frühmorgens bis spätabends arrangieren.

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Richtig entspannen will Scholz erst Mitte Juli, wenn er mit seiner Frau Britta Ernst zum Wandern nach Thüringen fährt. Bei der Gelegenheit kann er sich auch ein Bild vom Aufbau Ost machen - schließlich schlägt Scholz vor, den Solidaritätszuschlag nach dem Auslaufen 2019 weiter zu erheben, dann aber zum Abbau der Schulden der Bundesländer.

Sollte sich der Vorschlag durchsetzen, würde das vor allem Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) freuen. Der hat kurz vor den Ferien den Entwurf des Haushalts 2013/2014 abgeliefert sowie einen Plan, wie Hamburg von 2019 an ohne neue Schulden auskommen könnte. Aber über Tipps, wie die Stadt ihre Altschulden von 25 Milliarden Euro loswerden kann, wäre er sicher dankbar. Tschentscher löst übrigens im Juli Scholz ab - als Österreich-Reisender.

Dort könnte er im Familienurlaub auf den Oppositionsführer Dietrich Wersich treffen. Der CDU-Fraktionschef hat die wohl ambitioniertesten Pläne aller Hamburger Spitzenpolitiker: Er will die Alpen überqueren - zu Fuß. "Das wollte ich schon immer mal machen", sagt Wersich. Drei Wochen nimmt er sich Zeit, um vom Bodensee in Deutschland zum Comer See in Italien zu gelangen, mit dem Rucksack auf dem Rücken, von Hütte zu Hütte. "Den Kopf frei bekommen und etwas für die Fitness tun", beschreibt der 48-Jährige seine Motivation.

Die Tour dürfte aber auch ein gutes Training sein für den langen Marsch zurück an die Macht, den seine CDU möglicherweise vor sich hat - immerhin liegt der Abstand zur regierenden SPD in Umfragen noch bei 30 Prozent.

Damit das so bleibt, will SPD-Fraktionschef Andreas Dressel in Hamburg die Stellung halten. Eine große Sommertour hat er zwar auch geplant, allerdings nicht durchs Gebirge, sondern durch die 17 Hamburger Wahlkreise. Basisarbeit. Die Heimatverbundenheit hat einen weiteren guten Grund: Clara Emilia. Das dritte Kind der Familie Dressel kam im April zur Welt. "Fernreisen sind daher zurzeit nicht so angesagt", sagt der 37-Jährige. Daher soll es bei einer Woche Dänemark und einigen Ausflügen in Hamburg bleiben. "Wir wollen zum Beispiel mal das igs-Gelände in Wilhelmsburg erkunden."

Die dafür zuständige Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) zieht es für zwei Wochen an die deutsche Ostseeküste - dort kennt sich die frühere Bezirksleiterin der IG Metall Küste gut aus. Wenn sie aufs Meer hinausblickt, könnte sie eventuell den Senatskollegen Frank Horch erspähen. Der parteilose Wirtschaftssenator verbringt die freien Tage wie immer auf seinem Segelboot. "Wenn ich auf dem Schiff bin", pflegt er zu sagen, "ist alles gut."

Horch wäre übrigens der erste Anwärter für die Leitung einer Senatssitzung, sollten Scholz und die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt nicht anwesend sein. Denn da alle Senatsmitglieder die gleiche Dienstzeit vorzuweisen haben, geht es dann nach Alter - da liegt Horch mit 64 Jahren knapp vor Kultursenatorin Barbara Kisseler. Die hält ihre Urlaubspläne übrigens wie Innensenator Michael Neumann noch unter Verschluss - wegen der ungewissen Lage an der Elbphilharmonie? Wer weiß.

Sicher ist, dass Hamburg eine schlagkräftige Abordnung nach Italien schickt. Justizsenatorin Jana Schiedek urlaubt dort ebenso wie Schulsenator Ties Rabe (beide SPD), auf dessen Programm am Gardasee "Baden, Lesen, Kultur und Städtebesichtigungen" stehen. Auch die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dora Heyenn, sonst hartnäckige Urlaub-im-Garten-Vertreterin, zieht es über die Alpen: eine Woche Verona inklusive Besuch der Oper "Aida" im antiken Amphitheater.

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) entspannt in Südfrankreich - in sicherer Entfernung zu den spanischen Gurken, mit denen sie sich in der EHEC-Krise angelegt hatte. Sehr nah kommt denen hingegen Sozialsenator Detlef Scheele (SPD), der in Andalusien am Atlantik seine Leidenschaft fürs Joggen beleben möchte.

Ebenfalls nach Spanien zieht es GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, der es in den ruhigen Ecken von Mallorca gemächlich angehen lässt. Den ausgefallensten Urlaubsort hat sich FDP-Fraktionschefin Katja Suding ausgesucht: Sie besucht ihre Familie - in Vechta.