Die Abendblatt-Azubi-Aktion hat Erfolg. Unternehmen in Hamburg und Kiel laden junge Menschen ein, die einen Ausbildungsplatz suchen.

Hamburg. Jeden Morgen blättert Bernd Thielk einmal durch das Abendblatt. Zumeist nur schnell, bei einem Becher Kaffee. Kurz bevor er das Haus verlässt und ins Büro fährt. Doch an diesem Dienstag stockte der Unternehmer plötzlich. Eine Seite voller Fotos mit jungen Leuten weckte sein Interesse. "Bei dem Titel 'Hamburgs Jugend sucht eine Perspektive' bin ich sofort hängen geblieben", sagt Thielk. "Und habe mir genau jedes Bild, das Alter der Jugendlichen und ihren Berufswunsch angesehen."

+++ Neue Hoffnung bei der Suche nach Ausbildungsplätzen +++

Das hat einen Grund, denn für Thielk wird die Zeit langsam knapp. Nur noch wenige Wochen hat er, um einen oder besser noch zwei Auszubildende für das Büro seines Betriebes zu finden. "Wir suchen dringend einen künftigen Bürokaufmann oder eine Bürokauffrau und stehen langsam richtig unter Druck", sagt Thielk. Er ist Geschäftsführer der Thiele Hauselectronic GmbH und des Telekommunikationsunternehmens willy.tel. Thielk hat 80 Mitarbeiter, pro Jahr stellt er im Schnitt zwei neue Auszubildende ein.

Auf der Abendblatt-Seite wurde er fündig. "Dort sind fünf junge Menschen abgebildet, mit denen ich ein Bewerbungsgespräch führen würde", sagt er. Sofort nahm er über die Arbeitsagentur Kontakt mit den Jugendlichen auf. Mit Erfolg: Heute Mittag setzt er sich mit den Jungen und Mädchen zu einem ersten Gespräch zusammen. Mit dabei wird auch eine Auszubildende von Thielk sein. "Sie soll für Fragen der Bewerber zur Verfügung stehen."

Der engagierte Unternehmer ist begeistert von der Abendblatt-Aktion. "Hier bekommen Firmen und die jungen Menschen eine reelle Chance", sagt er. Denn leicht sei es nicht, den passenden Auszubildenden zu finden. "Wir hatten eine Menge Bewerbungen auf dem Tisch", so Thielk, der in Wandsbek Bezirkshandwerksmeister ist. Seine Erklärung für die lange Suche: "Einigen Bewerbern fehlt es an Engagement und Respekt." Unterlagen seien fehlerhaft, in anderen Fällen träten Bewerber bei Gesprächen zu lässig auf. "Die Ernsthaftigkeit sehe ich oft nicht."

Die fehlte bei Kai Michael Kaluzny nicht. Der 19-Jährige hat sich genau auf seinen Traumberuf als Bootsbauer vorbereitet: ein Berufsvorbereitungsjahr und einen Maschinenlehrgang absolviert. Praktika bei Tischlereien, Bootsbauern oder in einer Fahrradwerkstatt gemacht. Immer mit dem Ziel, sich für seinen Beruf zu qualifizieren. "Ich wusste schon als Schüler genau, was ich wollte, und habe den Weg eigentlich immer sehr zielgerichtet verfolgt."

Trotzdem hat der Mann mit den kurzen, dunkelblonden Haaren bisher noch keine Lehrstelle gefunden. Das kann sich aber schon heute ändern. Denn Kaluzny hat heute ein Bewerbungsgespräch bei einer Yachtwerft in Kiel. All seine Hoffnungen stecke er in diesen Termin. "Ich habe mich gut vorbereitet und hoffe jetzt, dass es klappt", sagt er etwas schüchtern. "Nun heißt es nur noch Daumen drücken."

+++ Extra-Journal: Themen und Tipps zur Berufsausbildung +++

Immer mehr Unternehmen melden sich in diesen Tagen beim Arbeitsamt. Sie haben die Abendblatt-Azubi-Seite gelesen und Interesse an den Jugendlichen. Wie Möbel Kraft. Das Unternehmen hat in seiner Filiale in Buchholz noch zwei offene Ausbildungsstellen im Bereich Einzelhandelskaufmann. "Mir sind die jungen Menschen in der Zeitung sofort aufgefallen", sagt Holger Geile, Hausleiter der Filiale. "Und deshalb habe ich ganz schnell bei der Agentur für Arbeit angerufen." Derzeit bildet Geile in seiner Filiale 20 Jugendliche aus. Die Unterlagen der potenziellen Azubis werden dem Hausleiter bereits zugesandt. "Und dann müssen wir so schnell wie möglich mit den Gesprächen anfangen", so Geile.

Klar ist, zu einem ersten Gespräch will er alle Jugendlichen der Abendblatt-Seite einladen, die Einzelhandelskaufleute werden wollen. In dem Möbelhaus gehören allerdings zwei Gespräche zum Auswahlverfahren. Eines mit dem Hausleiter, ein weiteres mit dem Vertriebsleiter. "Ich bin aber wirklich guten Mutes, dass wir mithilfe des Abendblatts noch den einen oder anderen richtigen Jugendlichen für die Ausbildung bei uns finden", so Geile.

Auch die Finetunes GmbH ist auf die Abendblatt-Aktion aufmerksam geworden. Das Unternehmen ist ein junger, international tätiger Musikvertrieb mit Sitz in Altona. Für das Team von 20 Mitarbeitern, die Audio-Inhalte und Metadaten technisch für den Vertrieb über das Internet aufbereiten, sucht Janne Röhrs zum 1. August eine Bürokauffrau oder einen Bürokaufmann. "Sie oder er sollte gute Englischkenntnisse und eine hohe Affinität zum Computer haben, denn die meiste Arbeit findet am Rechner statt. Ein guter Realschulabschluss wäre toll, ebenso ein sicherer Umgang mit Zahlen." Und weiter: "Wir stecken mitten in der Bewerbungsphase. Die Jugendlichen der Abendblatt-Seite sollen sich dringend bei uns melden."

Vermittelt werden die suchenden Jugendlichen derzeit an verschiedenen Stellen. Neben der Hamburger Arbeitsagentur helfen auch die Handwerkskammer und die Handelskammer bei der Lehrstellensuche. Allein in der Kartei der Arbeitsagentur sind noch 2222 junge Menschen gelistet, die keine Lehrstelle für diesen Sommer haben. Dem stehen 3623 Ausbildungsplätze gegenüber, die von den Unternehmen gemeldet wurden. "Wir merken täglich, dass es nicht leicht ist, sie mit den passenden jungen Menschen zu besetzen", sagt Rolf Steil, Direktor der Arbeitsagentur. Bei der Handwerkskammer ist man zuversichtlich, noch möglichst viele Leute vermitteln zu können. "Die Ausbildungsbereitschaft unserer Handwerksbetriebe ist hoch. Das freut mich und zeigt, wie robust sich das Handwerk trotz der Krise aufstellt", sagt Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer. Auf diese hohe Ausbildungsbereitschaft hofft heute auch Kai Michael Kaluzny, wenn er sich in Kiel vorstellt: "Das muss einfach etwas werden, das ist doch mein Traumberuf", sagt er.