Die Jugendlichen stellten sich gestern bei Firmenchefs vor - und kamen eine Runde weiter. Arbeitsagentur: “Es gibt immer eine Chance.“

Hamburg. Jessica Kazmierczak ist aufgeregt. Ihr Blick wirkt gehetzt, ihre Hände sind etwas feucht. Die Stimmer leise. "Dass das mit einem Bewerbungsgespräch so schnell geht, damit hätte ich nie gerechnet", sagt die 18-Jährige und rutscht auf ihrem Stuhl in dem Besprechungsraum in Wandsbek hin und her. Auf dem Tisch vor ihr liegen die Bewerbungsunterlagen, ordentlich in einer durchsichtigen Mappe. Daneben ein Block von willy.tel - ihrem vielleicht künftigen Arbeitgeber. Schüchtern wartet die junge Frau darauf, dass das Gespräch beginnt.

Jessica Kazmierczak ist eine von fünf Jugendlichen der Abendblatt-Azubi-Aktion, die sich gestern zu einem ersten Vorstellungsgespräch bei dem Unternehmensgruppe willy.tel und Thiele einfanden.^ Firmenchef Bernd Thielk hatte die Jungen und Mädchen am Mittwoch eingeladen. "Wir wollten uns die Kandidaten möglichst schnell erst einmal anschauen", sagt der engagierte Unternehmer. "In einer zweiten Runde werden wir dann entscheiden, ob wir einen der Bewerber auch einstellen."

Thielk hatte zum Gruppengespräch gebeten. Mit dabei auch seine Tochter Tanja Thielk, Assistentin der Geschäftsführung, Vertriebsleiter Klaus Kröger und die Auszubildende Miriam Wessel. "Wir wollten ein lockeres Gespräch, bei dem wir uns gegenseitig kennenlernen können", erklärt er sein Vorgehen. Seine Methode hatte Erfolg: "Das war wirklich gut und produktiv", so Thielk nach dem Termin. Eine Gesprächsatmosphäre, wie es sie selten bei Vorstellungsterminen gebe. Spannend habe er die fünf Jugendlichen gefunden. So spannend, dass er in der kommenden Woche wohl zwei von ihnen zu einem weiteren Vorstellungsgespräch einladen will. "Und dann kann ich mir gut vorstellen, dass zumindest einer auch zum 1. August bei uns anfängt."

+++ Heute schon die ersten Bewerbungsgespräche +++

Auf diese Chance hofft Jessica Kazmierczak nach dem Gespräch noch mehr als vorher. "Das ist wirklich ein spannendes Unternehmen", sagt die junge Frau mit den langen, braunen Haaren über die Firma aus Wandsbek. Sie kannte das Telekommunikationsunternehmen willy.tel bereits zuvor. Nun hofft sie sehnsüchtig auf den Anruf von Thielk oder einem Kollegen. "Für mich würde wirklich ein Traum in Erfüllung gehen, wenn ich hier meine Ausbildung beginnen könnte", sagt sie leise.

Auch der künftige Bootsbauer Kai Michael Kaluzny hatte gestern sein Bewerbungsgespräch bei der Yachtwerft in Kiel. "Das war eigentlich ganz gut", sagte er hinterher. "Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass ich erst einmal ein einwöchiges Praktikum mache, um den Betrieb besser kennenzulernen." Schon Mitte Juni wird er wieder nach Kiel fahren. "Dann lerne ich die Arbeitsabläufe kennen und die Kollegen mich." Er hofft, "dass das dann auch mit der Ausbildungsstelle klappt".

Die Mitarbeiter der Arbeitsagentur Hamburg ermunterten gestern noch einmal die Hamburger Jugendlichen, sich auch so kurz vor dem 1. August weiter um einen Platz zu bemühen. "Da ist noch so viel Bewegung drin", sagt Arbeitsagentur-Sprecher Knut Böhrnsen. "Bis in den Herbst hinein wird es immer wieder freie Plätze geben."

Denn so manches Unternehmen besetze den Platz dann zum 1. August nicht, wenn es keinen passenden Bewerber gebe. Und warte lieber auf den passenden Jugendlichen. "Denn die Unternehmen legen im Allgemeinen viel Wert auf Ausbildung"; so Böhrnsen weiter. Denn der Fachkräftemangel sei groß. "Und deshalb kommen die Firmen gar nicht um die Auszubildenden herum." Er rät denen, die noch keinen Platz haben: "Kopf hoch, weiterkämpfen und regelmäßig die freien Stellen beobachten." Und dann noch mal eine persönliche Bewerbungsoffensive starten. "Es gibt immer eine Chance."