1000 zusätzliche Mitarbeiter werden für den Winterdienst abgestellt. Die Gehwege sollen eisfrei werden, Seitenstraßen erst einmal nicht.

Hamburg. Der Krisengipfel tagte mehr als sechs Wochen nach dem ersten Schneefall in der Stadt, nach sechs Wochen mit nahezu unpassierbaren Gehwegen und Seitenstraßen, nach sechs Wochen, in denen sich Tausende Hamburger bei Stürzen auf vereistem Untergrund verletzt haben. Die zuständige Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) hatte die Chefs der sieben Bezirke, Vertreter von Innen- und FinanzBehörde: und der Stadtreinigung gestern in die Behörde: für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) geladen. Während einer einstündigen Sitzung wurde ein "Sieben-Punkte-Plan" beschlossen, der nun sofort umgesetzt werden soll.

So werden 1000 zusätzliche Mitarbeiter der Stadtreinigung die vereisten Gehwege streuen, ab heute 7 Uhr ist zudem eine Hotline (Telefon: 25 76 13 13) geschaltet, bei der Anwohner nicht gestreute öffentliche Flächen melden können. "Wir haben den Blick darauf gerichtet, möglichst unbürokratisch und zügig praktische Abhilfe zu schaffen", sagte die Senatorin. Insbesondere die Gehwege sollen eisfrei werden.

Die Räumung der teils stark vereisten Nebenstraßen hat derzeit aber "keine Priorität". Der Bund der Steuerzahler (BdST) Hamburg hat diese "konzertierte Aktion nach sechs Wochen Schneechaos mit Freude zur Kenntnis genommen". Neubauer ironisch weiter:: "Das entschlossene Anpacken der Witterungsprobleme zeigt uns, dass der Senat die Dinge fest im Griff hat." Senatorin und Bezirksamtsleiter versuchten nach dem Krisengipfel die zwölf Fragen, die das Abendblatt tags zuvor öffentlich gestellt hatte, zu beantworten. Wir dokumentieren die Aussagen der Verantwortlichen.

1. Warum kann Hamburg als Metropole keine geräumten Straßen und Gehwege garantieren?

Hajduk-Behörde:

"Es kann keine Garantie geben, dass alle 3200 Kilometer Fußwege und Fahrbahnen jederzeit schnee- und eisfrei sind. Bei den Gehwegen kommt zudem nicht jeder Anlieger seiner Streupflicht nach, und bei den Bezirken haben manche Firmen, die mit der Räumung beauftragt waren, ihre Arbeit nicht ordentlich gemacht."

2. Warum ist seit der Rede des Bürgermeisters, der am 23. Januar Verbesserungen im Räumdienst gefordert hatte, kaum etwas passiert?

Behörde:

"Am 25. Januar hat die BSU die Stadtreinigung beauftragt, zur Unterstützung der Bezirke umgehend auch auf öffentlichen Fußwegen zu streuen."

3. Warum gelten Radwege im Winter als "nicht verkehrswichtig" und werden deshalb nicht gestreut?

Behörde:

"Wir würden gerne auch die Radwege streuen lassen. Das würde aber erheblich teurer werden, sodass wir uns mit Blick auf ältere Bürger dringend um die Fußwege kümmern sollten."

4. Ist geplant, zukünftig bei längeren Frostperioden auch kleine Nebenstraßen zu räumen?

Behörde:

"Das Wichtigste ist, dass wir weiterhin die Hauptstraßen gut gestreut bekommen und die Situation auf den Gehwegen verbessern. Wie wir künftig mit solchen Situationen umgehen, wird noch Thema bei den Verantwortlichen sein."

5. Wie viele Hilfeersuchen haben die Bezirke an die Stadtreinigung gestellt, nachdem diese auch für die Räumung der Gehwege zuständig wurden?

Stadtreinigung:

"Es gibt keine feste Zahl. Aber pro Tag gehen mehr als 100 Anfragen für die Räumung einzelner Straßenabschnitte bei uns ein."

6. Warum werden Hauseigentümer, die ihrer Räumpflicht nicht nachkommen, nicht konsequent zur Rechenschaft gezogen?

Thomas Pröwrock, Bezirk Eimsbüttel:

"Wir gehen rigoros gegen säumige Eigentümer vor, verhängen ein Bußgeld von 150 Euro."

7. Warum wird Salzstreuen auf Gehwegen nicht erlaubt ?

Behörde:

"Streusalz darf aus Umweltschutzgründen nur auf Hauptstraßen verwendet werden. Durch Salz angetaute Flächen können in der Nacht wieder zu spiegelglattem Eis anfrieren."

8. Wie werden private Räumdienste, die im Auftrag der Stadt arbeiten, kontrolliert, und welche Konsequenzen drohen ihnen?

Markus Schreiber, Bezirksamtsleiter Mitte:

"Von den drei Firmen, die wir beauftragt haben, arbeitet eine leider so gut wie nicht." Man habe dem Unternehmen das Geld um 20 Prozent gekürzt. Auch der Bezirk Wandsbek hat einen privaten Räumdienst beschäftigt. "Wir schauen genau hin, was der leistet", sagt Sprecherin Christiane Kuhrt. Es habe bereits "ernste Gespräche" gegeben.

9. Warum werden die Räumdienste nicht pro Einsatz bezahlt, sondern pauschal?

Markus Schreiber:

"Aus wirtschaftlichen Gründen." Es seien meist Gartenbaubetriebe, die im Winter den Räumdienst übernehmen. "Ich schätze, die brauchen eine Pauschale, damit sie verlässlich planen und ihre Mitarbeiter bezahlen können."

10. Wie viele Schadenersatzklagen von Glatteis-Opfern sind bereits bei der Stadt und den Bezirken eingegangen, wie viele werden noch erwartet?

Christiane Kuhrt:

"Eine Übersicht gibt es nicht. Uns liegt keine einzige Klage vor." Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass diese in einigen Wochen eingehen.

11. Wie bereitet sich Hamburg auf den Winter 2010/2011 vor?

Behörde:

"Nach dem Winter werden sich alle Verantwortlichen erneut zusammensetzen, um zu gucken, wie der Winterdienst künftig besser funktioniert."

12. Wer trägt die politische Verantwortung für das Eis-Chaos?

Behörde:

"Bei den Gehwegen sind alle in der Pflicht. Private Anlieger wie öffentliche Stellen."