Es geht um 750 Millionen Euro: Ein Untersuchungsausschuss soll Licht in die steigenden Kosten bringen.

Hamburg. Die Kostenexplosion der Elbphilharmonie ist offenbar nur eine von vielen Preissteigerungen bei städtischen Projekten, deren politische Verantwortlichkeiten die SPD über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) klären will. Zwar sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann dem Abendblatt lapidar: "Über einen Untersuchungsausschuss redet man nicht öffentlich, sondern man setzt ihn ein." Durchgesickert war bisher aber, dass die Sozialdemokraten intern erwägen, noch in diesem Monat einen PUA zur Elbphilharmonie zu beantragen. Doch nach Abendblatt-Informationen kursiert in Parteikreisen ein deutlich größeres Projekt: Ein Untersuchungsausschuss soll insgesamt Licht in die steigenden Kosten zahlreicher öffentlicher Baumaßnahmen bringen, die sich laut einer SPD-Anfrage allein in jüngerer Vergangenheit auf rund 750 Millionen Euro addieren lassen.

Neben der Elbphilharmonie (323 statt 77 Millionen Euro) sind die berüchtigtsten Fälle: Bau der U4-Strecke (57 statt 36 Millionen), ZOB Bergedorf (44 statt 20 Millionen), die Erweiterung der Hamburg Messe (Mehrkosten 45 Millionen), der Neubau der HafenCity-Universität (66 statt 37 Millionen, das teure Grundstück nicht eingerechnet). Dass die SPD diesen Umgang mit der Steuerkasse grundsätzlich ins Visier nehmen will, dafür spricht auch der Entwurf eines Antrags, der dem Abendblatt vorliegt. Darin heißt es, in nahezu allen Fällen habe die Bürgerschaft deutlich niedrigeren Kosten zugestimmt als am Ende angefallen seien.

"Frage ist, ob es strukturelle Gründe dafür gibt", heißt es in dem Antrag. Zumal die Behörde für Stadtentwicklung Anfang 2008 intern verfügte, dass bei Großprojekten die "Kostenrisiken qualifiziert dargestellt" werden müssen. Pikant: Es ist die Behörde für Stadtentwicklung, die hartnäckig verweigert, einen Kostenrahmen für die geplante Stadtbahn zu nennen. "Das kann keine Lösung sein", heißt es im Antrag. Es sei nicht akzeptabel, das Parlament zu grundsätzlichen Entscheidungen zu drängen ohne valide Schätzung der Investitionskosten.

Die SPD will den Senat auffordern, bis Juni einen Bericht über die Kostenkontrolle in den verantwortlichen Behörden vorzulegen - und Gründe für Steigerungen aufzuschlüsseln. Zu klären sei auch, ob die Stadtentwicklungs-Behörde die Preisrisiken stets gemäß Vorgaben berechnet habe - und wie die Praxis anderer Behörden aussehe. Zudem müsse der Senat darlegen, welche Konsequenzen aus der Elbphilharmonie zu ziehen sind und wie künftig eine Kontrolle der Kosten besser zu gewähren sei. Bei der Einrichtung eines PUA zur Elbphilharmonie jedenfalls zieht die Opposition bereits an einem Strang: "Seit Monaten wird die versprochene Akteneinsicht nicht gewährt", sagte Kultursprecher Norbert Hackbusch (Linke). "Die Fakten zur Kostensteigerung müssen auf den Tisch." Wie zu erwarten sind aus der Regierungskoalition andere Töne zu hören. GAL-Fraktionschef Jens Kerstan sagte: "Ein Blick in die Vergangenheit und die Frage, wer möglicherweise Fehler gemacht hat, hilft gegenwärtig niemandem weiter." Stattdessen müssten alle Fraktionen nun gemeinsam "unberechtigte Ansprüche" des Baukonzerns Hochtief zurückweisen: "Im Interesse des Steuerzahlers."