Der Baukonzern wirft der Stadt eine Gesprächsabsage vor, die Behörde weist das zurück. Die Opposition erhebt neue Vorwürfe.

Hamburg. Die Auseinandersetzung um Kosten und Eröffnungstermin der Elbphilharmonie zwischen der Stadt und dem Baukonzern Hochtief wird zu einem verworrenen Schwarzen-Peter-Spiel. Dem Abendblatt liegen Schreiben vor, die das Bemühen dokumentieren, die jeweils andere Seite als Bösewicht darzustellen. So stellt sich der "Spielablauf" derzeit dar: Nachdem die Kosten der Stadt für den Bau bereits um 209 auf nunmehr 323 Millionen Euro erhöht und die Fertigstellung auf Ende 2011 verschoben worden waren, hatte Hochtief am 12. Januar der städtischen Realisierungsgesellschaft (Rege) mitgeteilt, die Fertigstellung könne sich erneut um bis zu ein Jahr verschieben. Seitens Rege und Kulturbehörde war den Kultur- und Finanzexperten der Bürgerschaftsfraktionen daraufhin am 18. Januar erklärt worden, das sei vor allem ein Pokerspiel des Baukonzerns, der den Preis heben wolle. Hochtief habe die brisante Nachricht völlig unbegründet am Ende des Briefes geliefert - das Schreiben selbst wurde den Politikern aber nicht gezeigt.

Dem Abendblatt liegt es nun jedoch vor, und es erlaubt eine andere Sicht der Dinge: Demnach hatte Hochtief für den 12. Januar um ein Gespräch bezüglich Terminproblemen gebeten, das die Rege jedoch "leider ohne Begründung abgesagt" habe, heißt es. Zudem nennt der Baukonzern durchaus Gründe für die mögliche Verzögerung: Unter anderem gebe es "Störungen in der bauherrenseitigen Tragwerksplanung des Stahlbaus des Großen Saals". Mit anderen Worten: Der Generalplaner, die Architekten Herzog & de Meuron, sind in Verzug. Das habe wiederum Auswirkungen auf die "Vorfertigungsmöglichkeit": Teile müssten also auf der Baustelle statt vorher in Werkstätten hergestellt werden. Auch die Pläne für die Lüftung lägen noch nicht vor.

"Wenn der Inhalt zutrifft, haben Kulturbehörde und Rege versucht, die Abgeordneten am 18. Januar hinters Licht zu führen", sagt SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher. "Ich bin verärgert", sagt auch Joachim Bischoff (Linke) mit Blick auf Kulturstaatsrat Nikolas Hill und Rege-Chef Heribert Leutner. "Das ist nicht in Ordnung, was Herr Hill und Herr Leutner gemacht haben. Hätte uns das Schreiben vorgelegen, wäre die Diskussion ganz anders verlaufen." CDU und GAL waren gestern für Stellungnahmen nicht zu erreichen.

Aus Sicht von Kulturbehörde und Rege ist die Sache jedoch wiederum ganz anders, so Sprecher Karl Olaf Petters: "Hochtief schuldet die Ausführungsplanung." Die Pläne der Architekten lägen vor, aber die für die Umsetzung am Bau fehlten. "Für uns bleibt es dabei: Die Verzögerungsankündigung von einem Jahr kam unvermittelt." Auch Herzog & de Meuron weisen die Vorwürfe zurück. "Wir haben unsere vertragsgemäßen Verpflichtungen erfüllt. Die Behauptungen von Hochtief sind für uns nicht nachvollziehbar; wir haben ein Interesse daran, dass diese Schwarze-Peter-Mentalität zu einem Ende kommt."

Dem Abendblatt liegt zudem eine Mail von Staatsrat Hill an die Abgeordneten vor. Demnach sei der Termin am 12. nicht abgesagt, sondern einvernehmlich auf den 19. verschoben worden. "Für die neue und bis dahin der Rege nicht bekannte Prognose eines zukünftigen Bauverzuges von einem Jahr enthält der Brief hingegen keinerlei substantierte Hinweise". Hochtief verweise lediglich "auf bereits bekannte Behinderungssachverhalte", die die Rege anders beurteile. Man fühle sich "über das strategische Vorgehen von Hochtief bestätigt". Joachim Bischoff hat grob ausgerechnet, worum es bei dieser Strategie gehen könnte: "Wenn der Bau wirklich ein Jahr länger dauert, könnte die Elbphilharmonie bis zu 100 Millionen Euro mehr kosten."