Die Hamburger Sozialdemokraten attackieren den Senat. Die Kritik: Rücklagen werden taktisch für den nächsten Wahlkampf aufgespart.

Hamburg. Der Kronleuchter schien schwerer als sonst von der Decke zu hängen, die Senatorensessel wirkten größer, die Senatoren darin kleiner, und durch die Fenster fiel ein Lichtstrahl, der die getäfelten Wände schimmern ließ, so, als mahne die Vergangenheit mit strengem Glanz. Ertappt von der Kulisse dürften sich alle Abgeordneten gefühlt haben: Zwar atmet der Plenarsaal der Bürgerschaft noch immer den Geist sparsamer Pfeffersäcke, doch erneut wurden dort Versprechen gegeben, Schulden zurückzuzahlen - die ebenso traditionell nicht eingehalten werden. Diesmal aber war die Debatte unter einem Aspekt historisch: Mit sechs Milliarden Euro bis zum Jahr 2013 häuft Hamburg den größten Schuldenberg der Stadtgeschichte an.

"Gegen die Wand" fahre der Senat die Stadt, sagte Peter Tschentscher (SPD): "Schwarz-Grün macht 1,6 Milliarden Euro Schulden, die mit der Finanzkrise nichts zu tun haben." Bereits zuvor habe der Senat über seine Verhältnisse geplant. Mit der "Ausrede Konjunktureinbruch", so Tschentscher, würden nun Kredite aufgenommen, anstatt auf Rücklagen zurückzugreifen. "Im Wahljahr 2012 wird die Bilanz dann beschönt, für diese Wahlkampfkasse zahlen dann alle Hamburger die Zinsen." Auch in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen habe der CDU-Senat bereits Schulden gemacht.

Die Reaktion kam von hinten aus den Sitzreihen der Union: "Ist ja ungeheuerlich", schallte durch den Saal, begleitet von Gelächter. Jeder wusste, was Finanzsenator Michael Freytag (CDU) nun sagen würde: "Ich erinnere daran, dass die SPD seit 1980 die Schulden der Stadt auf 17 Milliarden Euro vervierfacht hat", sagte Freytag. Kurz darauf johlten jedoch wieder die Sozialdemokraten: "Wir werden die Haushaltslöcher auch nicht wie die SPD mit der Privatisierung städtischer Einrichtungen stopfen", sagte Freytag. Elke Badde (SPD) stichelte: "Das ist eine historische Abkehr der CDU vom Privatisierungskurs."

Das Tempo senkte Rüdiger Kruse: "Liebe Opposition, müssen wir das eigentlich immer so machen?" Schließlich, sagte Kruse, habe die SPD in den vergangenen Jahren auch nicht beantragt, Geld für schlechtere Zeiten zurückzulegen. "Weil Sie es auch sofort für eigene Projekte ausgeben wollten!"

Joachim Bischoff (Linke) konterte: "Schwarz-Grün zieht sämtliche Großprojekte durch, ohne auf die Finanzierung zu achten." Unstrittig sei, dass gerade in der Krise investiert werden müsse, um die Wirtschaft anzukurbeln. "Nun aber wird die Krise ausgesessen in der Hoffnung auf bessere Zeiten, ohne an einem Strukturwandel der regionalen Wirtschaft zu arbeiten." Spätestens 2008 hätte der Senat das Ruder rumreißen müssen, so Bischoff. Sein Vorschlag: "Leuchtturmprojekte wie Elbphilharmonie, HafenCity-Uni und Pferderennbahn in Horn streichen."

Ein Ende der Krise sieht bereits GAL-Fraktionschef Jens Kerstan voraus. Und ab 2012, sagte er, werde man "in Ruhe und mit Verantwortung sparen". Es schien, als hätte das Holz des Plenarsaals der Bürgerschaft bei diesem Satz geächzt. Ganz leise.