Nicht Rosen. Nicht Orchideen. Monika Auweter-Kurtz hat eine Leidenschaft für Kakteen und andere Sukkulenten - ausdauernde Pflanzen mit der Fähigkeit zur Wasserspeicherung.

Das muss nicht unbedingt etwas über den Charakter der Universitätspräsidentin aussagen. Doch dass sie als ein wenig stachelig im Umgang mit Kollegen gilt und mit dicker Haut Dinge aussitzt, wurde in den vergangenen Wochen oft geäußert.

Wer ist die Frau, die 2004 den DODO-Frauenpreis für Humor, Durchhaltevermögen und Erfolg durch die Vizepräsidentin des Landtages von Baden-Württemberg verliehen bekam?

Auweter-Kurtz ist ein Stuttgarterin durch und durch. Sie ist in der baden-württembergischen Hauptstadt geboren und aufgewachsen und ist bis zu ihrem Wechsel nach Hamburg immer dort geblieben. Ihr Mann - kaum ein Zufall - steht ihr auch beruflich nahe: Er ist Luft- und Raumfahrtingenieur.

Nach neun Jahren als Lehrerin für Mathematik und Physik promovierte sie in Physik und habilitierte sich schließlich 1991 an der Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik zum Thema "Lichtbogenantriebe für Weltraumaufgaben". Dabei geht es um Reisen zu anderen Planeten.

Im September 2006, zwei Monate vor ihrem Amtsantritt in Hamburg, antwortete Auweter-Kurtz auf die Frage des Abendblatts, wieso sie als leidenschaftliche Forscherin Hochschulpolitik machen wolle: "Ich bin der Überzeugung, dass die einschneidenden Veränderungen in Lehre, Forschungs- und Hochschulfinanzierung es erfordern, selbst Verantwortung zu übernehmen." Prophetisch mutet heute ihre Äußerung an: "Es ist besser, dafür die Hochschule zu wechseln, weil persönliche Bindungen unabhängige Entscheidungen erschweren können."

Auf der zweifachen Trägerin des Bundesverdienstkreuzes ruhten nach einem eher farblosen Vorgänger an der Uni Hamburg die Hoffnungen vieler. Doch sie trat nicht zu einer Mission an, mit der sie sich hätte beliebt machen können. Denn wirklich geschätzt dürfte derzeit kaum ein Hochschul-Chef sein. Der Reformkurs in Richtung der reduzierten Mitbestimmung akademischer Gremien oder des Zwangs, private Sponsoren für Forschungsprojekte zu finden, wird von der schwarz-grünen Regierung vorgegeben.

Die Präsidentin hat - lediglich oder immerhin - den Auftrag angenommen, diese Strukturen durchzusetzen. Schlagwörter wie "Bildungsmanager" oder "Unternehmensführung" hielten Einzug auf dem Campus - das musste zu Konflikten mit den Studenten und Professoren führen, die eine Universität in erster Linie als Ort der freien, ungestörten geistigen Entfaltung betrachten.

Daher erscheint das eigentliche Problem der Präsidentin paradox: Auweter-Kurtz ist keine "Bildungsmanagerin" - denn sie vermag die Rolle nicht auszufüllen, die der Senat von ihr verlangt hat. Sie ist mehr Wissenschaftlerin als eloquente Managerin, die wortgewaltig einem internen Dissens entgegentreten könnte. "Nerd" - so nennt man im Englischen eine hochintelligente, aber kontaktarme Person. So fiel die Präsidentin kaum auf, als sie im vergangenen Sommer eine Delegation über den Campus führte, um auf "marode Zustände" hinzuweisen und so für einen Umzug der Uni zu werben.

Verglichen mit dem Redeschwall der anwesenden Bildungspolitiker und Journalisten lief sie wortkarg in der Gruppe mit, ihr mausgrauer Blazer unterstrich diesen Eindruck.

Diese Eigenschaft macht sie nicht unsympathisch, im Gegenteil. Wer den heutigen Sprachgebrauch kennt, weiß: "Nerd" ist kein Schimpfwort, sondern auch eine Abgrenzung zu substanzarmen Dampfplauderern. Aber smarte Manager, denen elegante Kostüme wichtiger sind als Fachwissen, haben Auweter-Kurtz eines voraus: Sie können Probleme zur Not auch weggrinsen.

Bei ihr führen Probleme jedoch häufiger zu einem Eklat als zu strategischen Kompromissen. Auch wenn manche Schilderungen übertrieben sein mögen: Immer wieder wurden Beschwerden laut, Auweter-Kurtz habe in Diskussionen als Ultima Ratio damit gedroht, Budgets in den Fachbereichen zu kürzen. Das trifft den demokratischen Nerv von Professoren und zeigt: Ihr Kommunikationsdefizit versucht Auweter-Kurtz mit dem Holzhammer auszugleichen. Groteske Züge nahm ihr Verhalten in den vergangenen Wochen an, als sie auf die Rücktrittsforderungen einsilbig antwortete: "Meine Tür steht immer offen". Dabei ist es genau das, was ihr vorgeworfen wird: dass sie eben nicht zu Gesprächen bereit war. Vielleicht sind unbequeme Debatten auch nicht nötig gewesen in dem Umfeld, aus dem Auweter-Kurtz stammt. Als Leiterin des hoch spezialisierten Fachbereiches für Raumfahrtsysteme wurde Auweter-Kurtz wahrgenommen als das, was sie auch ist: eine Spitzenwissenschaftlerin, deren fachlicher Rat eine Instanz ist.

In Hamburg wurde daraus "Raketen-Moni", die gleich zum Amtsantritt in die Nähe der Rüstungsindustrie gerückt wurde. Außerdem, heißt es an allen Campus-Ecken, habe sie keinen Sinn für die in materiellen Ergebnissen nicht messbaren Geisteswissenschaften. Allerdings weisen die ehemaligen AStA-Vorstände darauf hin, dass es Auweter-Kurtz gelungen ist, vom Senat mehr Mittel für die Masterstudiengänge zu bekommen, und zwar für alle Fachrichtungen. Auch habe sie die "chaotischen Finanzbedingungen" der Uni in den Griff bekommen.

Eine Hypothek war, dass sie 2006 als "Dritte Wahl" galt. Wie aus Uni-Kreisen zu hören ist, hätten sich bevorzugte Kandidaten schlicht aus Gehaltsgründen dagegen entschieden, die Hamburger Uni umzustrukturieren. Auweter-Kurtz soll sich sogar mit einem niedrigeren Lohn zufriedengegeben haben als ihr Amtsvorgänger.

Vielleicht waren es die Managertypen mit gewinnendem Lächeln, die sich auch aus finanziellen Gründen gegen den undankbaren Job an der Hamburger Universität entschieden haben. Auf Widerstände wären aber auch sie gestoßen.

Jetzt sieht es jedenfalls so aus, als müssten sich alle, Freunde und Gegner, bald an einen neuen Chef gewöhnen, eloquent oder nicht. Und Monika Auweter-Kurtz? Sie könnte zurückgehen in die Wissenschaft. Zurück zu ihren Raketen. Raus aus dem Minenfeld.