Neue Wohnungen sind zunächst nur an der Kibbelstegbrücke möglich. Der Senat plant günstige Räume für Künstler und Kreative.

Hamburg. Der Senat will die historische Speicherstadt am Hafen wieder zu einem Teil der Innenstadt entwickeln. Gestern hat die Regierung dazu das sogenannte Entwicklungskonzept der Behörden zur Kenntnis genommen und die Stadtentwicklungsbehörde mit der künftigen Bauleitplanung beauftragt, wie die Senatspressestelle mitteilte. Damit wird das Ende des 19. Jahrhunderts gebaute Backstein-Ensemble - wie die benachbarte HafenCity - zu einer Art Sonderplanungsgebiet in Hamburg, das keinem Bezirk untersteht. Wie berichtet, sieht das Entwicklungskonzept unter anderem vor, auch Wohnungen in der Speicherstadt zu bauen - was bisher ausgeschlossen war, weil das Gebiet noch immer dem Hafenentwicklungsgesetz unterliegt. Doch während Oberbaudirektor Jörn Walter vergangene Woche noch von einem Potenzial von bis zu 1000 Wohnungen sprach und die Speicherstadt-Eigentümerin, die zu großen Teilen städtische Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), schon von großzügigen Lofts öffentlich träumte, ist man nun etwas kleinlauter geworden. So gab es vielfach Kritik, dass mit den Wohnungen doch nur wieder Luxusbauten für Besserverdienende entstehen könnten.

+++ Senatorin: Wohnen in der Innenstadt muss möglich sein +++

+++ 200 Wohnungen geplant: Neue Lofts in alten Speichern +++

Jetzt heißt es in der offiziellen Sprachregelung der Stadtentwicklungsbehörde, dass die Speicherstadt auch ein besonderes Quartier für Künstler und Kreative werden soll - ein "Szenarienraum für künstlerische und kreativwirtschaftliche Nutzung", wie es heißt. Im Entwicklungskonzept seien daher zukünftig neben günstigen Flächen für Handel und Lagerung auch Ateliers für Künstler zu verbilligten Mieten vorgesehen, und zwar auf etwa 5000 Quadratmeter Fläche für 4 Euro pro Quadratmeter und auf 5000 Quadratmetern für 8 Euro pro Quadratmeter - was in etwa den Preisen im sozialen Wohnungsbau entspricht. Insgesamt ist die unter Denkmalschutz stehende Speicherstadt gut 300 000 Quadratmeter groß, die Hälfte davon ist von der HHLA bereits zu neuen Büros, Restaurants, Kultur- und Lagerflächen saniert, die Sanierung der weiteren Hälfte ist in den kommenden Jahren vorgesehen.

Die Wohnungen würden dann auf einem Areal entstehen, wo vor rund 130 Jahren etwa 20 000 Menschen wegziehen mussten, um Platz für die Speicher des damals neuen Freihafens zu machen. Allerdings liegt die Speicherstadt tiefer als die neu angelegte HafenCity und befindet sich nicht - wie die Innenstadt - innerhalb der Deichlinie. Neue Wohnungen seien deshalb (das Abendblatt berichtete) nahe der Kibbelstegbrücke möglich , weil nur dort ein hochwassersicherer Rettungsweg besteht. Hier könnten laut Behörde mittelfristig etwa 100 Wohnungen in den Speicher gebaut werden, mit flächendeckendem Hochwasserschutz durch neue Sperrwerke etwa 320 Wohnungen. 2014 soll das Areal zudem als Kandidat für das Weltkulturerbe der Unesco angemeldet werden.

Der Fachsprecher Stadtentwicklung der regierenden SPD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg, Dirk Kienscherf, begrüßte gestern das neue Entwicklungskonzept. Gleichzeitig signalisierte er aber deutlich, dass die SPD in Hamburg umfangreiche Wohnungsbaupläne für die Speicherstadt derzeit nicht wolle. Oder nicht den Eindruck aufkeimen lassen will, dort Wohnträume von Gutverdienern zu unterstützen: "Es ist noch zu früh, um konkret über Wohnungen in der Speicherstadt zu sprechen. Grundsätzlich kann ich mir gut vorstellen, dass in Zukunft - in Einzelfällen - auch Wohnungen ein weiterer Bestandteil des neuen bunten Nutzungsmix werden. Da sollte es keine Denkverbote geben", sagte Kienscherf.

Für eine breite Ausweisung von Wohnflächen fehle jedoch eine Grundlage: Mindestens 126 Millionen Euro würde der dafür notwendige Hochwasserschutz kosten. Zudem sei eine denkmalgerechte Umnutzung der historischen Speicher baulich aufwendig und teuer. "Nur wenn die HHLA bezahlbare Lösungen für die Schaffung von Wohnraum entwickeln kann, sollten wir das Thema weiterverfolgen", so Kienscherf. Denn eins müsse klar sein: Die Stadt finanziere dort keinen "millionenschweren Hochwasserschutz und teure Wohnungen für eine Handvoll Besserverdiener". Gut sei, dass das Konzept jetzt die Weichen für 10 000 Quadratmeter günstige Flächen für Künstler und andere Kreative stellt. "Wir brauchen in der Speicherstadt nicht noch mehr teure Büros, sondern eine bunte Mischung unterschiedlicher Akteure. Da muss auch Platz sein für Personen, die erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Neben dem Oberhafenquartier bietet bald auch die Speicherstadt preiswerte Räume für kreative Nutzungen", so Kienscherf. In der Vergangenheit hatte es Kritik von Künstlern gegeben, die ihre günstigen Flächen in der Speicherstadt aufgeben mussten, weil die Speicher saniert und teurer vermietet wurden.