Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher dämpft nach Steuerschätzung die Erwartungen. Die CDU fordert ein früheres Schuldenverbot.

Hamburg. Finanzsenatoren bemühen gern eine simple Logik: Je niedriger die Einnahmen der Stadt, desto leichter sei ihr Job - weil die Notwendigkeit, den Gürtel enger zu schnallen, dann eher akzeptiert wird. So gesehen hat Peter Tschentscher (SPD) derzeit einen sehr schweren Job. Denn dem Finanzsenator werden Steuereinnahmen in Rekordhöhe vorausgesagt: 9,012 Milliarden Euro sollen es 2012 sein, das sind nicht nur 182 Millionen Euro mehr als noch im November 2011 geschätzt, sondern auch knapp 300 Millionen mehr als im bisherigen Rekordjahr 2008. Bis zum Jahr 2016 sollen die Steuereinnahmen auf 10,3 Milliarden Euro steigen - insgesamt ein Plus von knapp einer Milliarde Euro gegenüber der November-Prognose.

Da verwunderte es nicht, dass Tschentscher die Vorstellung der Zahlen gestern vor allem nutzte, um allen Begehrlichkeiten einen Riegel vorzuschieben. Höhere Ausgaben im Sozialbereich, wie von der Linkspartei, aber auch von Teilen der SPD und anderen Parteien gefordert? "Kein Spielraum", so der Finanzsenator. Ein Vorziehen des Schuldenverbots von 2020 auf zum Beispiel 2015, wie es die CDU fordert? Nein, er wolle nicht spekulieren, ob es möglich wäre, schon früher auf Kreditaufnahmen zu verzichten.

Stattdessen verwies der Finanzsenator lieber auf die von SPD, Grünen und FDP betriebene Verankerung der Schuldenbremse 2020 in der Hamburgischen Verfassung. Schon die könne nur erreicht werden, wenn er alle Mehreinnahmen jetzt in den Abbau des Defizits stecke - also des Anteils am Etat, der nicht durch Einnahmen gedeckt ist, sondern durch Kredite, Rücklagen oder Vermögensverkäufe finanziert wird. Und dieses Defizit liege trotz sprudelnder Steuern bei 800 Millionen Euro.

Am nächsten dran an diesem Kurs sind noch die Grünen. Ihre Finanzexpertin Anja Hajduk erinnerte den Senat aber daran, dass die vereinbarte Schuldenbremse "zu einem kontinuierlichen Abbau der jährlichen Kreditaufnahme" verpflichte. Daher solle Tschentscher die Steuermehreinnahmen komplett für die Reduzierung der Neuverschuldung verwenden, statt die Rücklagen zu schonen. Ähnlich argumentierte Robert Bläsing (FDP), der die SPD aber zudem auffordert, die Ausgaben zu reduzieren und auf "weitere Wahlgeschenke in Millionenhöhe wie die Abschaffung der Studiengebühren" zu verzichten.

Scharfe Kritik übten hingegen CDU und Linkspartei. Roland Heintze (CDU) nannte das Verschieben der Schuldenbremse auf das Jahr 2020 einen Fehler: "Hamburg sollte Vorbild sein und so schnell wie möglich keine neuen Schulden machen." Das sei dank der Wirtschaftskraft der Stadt auch möglich: "Wir haben das Potenzial für eine frühere Schuldenbremse, Hamburg kann mehr als Berlin oder das Saarland."

Die Linkspartei verweist hingegen auf das immer noch große Defizit: "Trotz Steuermehreinnahmen reicht das Geld nicht aus, um die Aufgaben in der Stadt zu erfüllen", so ihr Haushaltsexperte Norbert Hackbusch. Doch statt die Einnahmen zu erhöhen, setze der SPD-Senat "auf Kürzungen zulasten der Schwächsten".