Die positive Steuerschätzung für Hamburg ist trügerisch

Eine Milliarde Euro mehr könnte Hamburg bis 2016 einnehmen. Diese Zahl aus der Steuerschätzung klingt zunächst gewaltig und könnte dazu verleiten, den Wohlstand auszurufen. Dabei ändert sich an der Kassenlage der Stadt praktisch nichts. Denn selbst wenn diese Prognose sich als richtig erweisen sollte - und das ist angesichts eines früher oder später zu erwartenden Konjunktureinbruchs mit einem dicken Fragezeichen zu versehen -, bliebe im Etat ein Defizit von 800 Millionen Euro jährlich stehen. Geld, das die Stadt sich in Form von Krediten besorgen muss, durch Versilberung von Vermögen oder indem sie ihre Rücklagen anknabbert. Die Botschaft der Steuerschätzung lässt sich daher gut mit einem Zitat des früheren Rechnungshofpräsidenten Jann Meyer-Abich zusammenfassen: "Der Abgrund, in den wir blicken, ist nicht mehr ganz so tief."

Natürlich würden die Mehreinnahmen es dem Senat erleichtern, spätestens 2020 ohne Neuverschuldung auszukommen - sofern er sich an seine eigenen Regeln hält und die Ausgaben im Zaum hält. Und es schadet auch nicht, wenn die Opposition die SPD unaufhörlich daran erinnert, dass es durchaus erlaubt ist, schon vor 2020 auf Kreditaufnahmen zu verzichten. Die Forderung der CDU, sich auf 2015 als Jahr des Schuldenstopps zu verpflichten, ist hingegen wenig glaubwürdig. Bei der kleinsten Konjunkturdelle wäre das Ziel nur mittels eines massiven Sparpakets zu erreichen, und dass sich das in der Stadt kaum durchsetzen lässt, musste gerade die CDU zu schwarz-grünen Zeiten leidvoll erfahren.

Probleme bekommt der SPD-Senat ohnehin genug. Die positive Steuerschätzung wird den Sozialpolitikern und Gewerkschaftern in Partei und Fraktion Auftrieb verleihen, die mit dem Wort "Sparkurs" traditionell fremdeln. Dass auch Sozialdemokraten sich nicht scheuen, ihrer Regierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen, hatte sich bei der im ersten Versuch gescheiterten Wahl von Stefan Schulz zum Rechnungshofpräsidenten gezeigt. Ähnliche Szenarien könnten sich bei der Haushaltsplanung wiederholen - das ist der Fluch der guten Zahlen.