Auf Wochenmärkten herrscht Flaute, erste Schulkantinen bieten keine Rohkost mehr an

Altona. Wenig Betrieb herrscht an diesem Mittwoch auf dem Wochenmarkt an der Großen Bergstraße in Altona. Die Sonne scheint, schönstes Obst- und Salatwetter eigentlich. Aber hinter Äpfeln und Gurken macht sich Ernüchterung breit. "Nur ein Viertel der Kundschaft ist gekommen", sagt Nicole Turbal, Verkäuferin am Obststand Klink. "Seit Dienstagabend haben die Leute Angst." Denn seit Dienstag sterben Menschen an EHEC.

Birgit Meyer steht mit ihrer Einkaufstasche am benachbarten Gemüsestand und beäugt misstrauisch den Feldsalat. "Heiß waschen und kalt abschrecken", sagt die Verkäuferin zu ihr. Frau Meyer blickt irritiert und beschließt, die Rohkost liegen zu lassen. Im Bekanntenkreis gebe es schon einen EHEC-Fall, sagt sie, ein kleines Mädchen, das auf der Intensivstation liege. "Da mache ich mir natürlich Sorgen um meine Kinder."

Das tun derzeit viele Eltern. Zu Hause können sie auf das Essen ihrer Kinder Einfluss nehmen. Doch was ist mit der Verpflegung in Schule oder Kita? "Viele Eltern haben bei den Anbietern nach den Sicherheitsmaßnahmen gefragt", sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. Die Rückmeldungen seien unterschiedlich. Während einige Essenslieferanten Obst und Salat aus ihrem Angebot gestrichen hätten, machten andere weiter wie bisher.

Das Cateringunternehmen "Essen für Kinder" hat auf die Verunsicherung der Kunden bereits reagiert. "Wir bieten nur Obst an, das geschält werden kann", sagt Ernährungswissenschaftlerin Christa Schlichting. Also Melonen und Bananen statt Erdbeeren und Pfirsiche, auf Wunsch auch Joghurt als Alternative zum Obst. Auch beim Gemüse sei man vorsichtig: Die Lieferanten müssten Berichte über stichprobenartige EHEC-Überprüfungen vorlegen.

Der Anbieter "Food for Friends" hatte dagegen nach eigenen Angaben noch keinen Grund, sein Speiseangebot zu ändern. "Nur zwei von 2000 Kindern sollen nach Wunsch der Eltern keinen Salat mehr essen", sagt Mitarbeiterin Andrea Krohe. Die bereits geltenden Hygienevorschriften seien jedoch ausgeweitet worden: Rohkost werde vor und nach dem Schälen gewaschen.

An der Stadtteilschule Alter Teichweg blieb die Salatbar auch gestern geöffnet. "Wir haben bisher keine gegenteilige Anweisung erhalten", sagt Gabriele Imeri. Auch hier werde das Gemüse jedoch noch gründlicher gewaschen und geschält als bisher.

Die Verunsicherung bei den Verbrauchern ist groß. Alle Gemüsehändler auf dem Altonaer Wochenmarkt klagen über drastische Einbußen. Und über die vielen Fragen, die sie doch nur teilweise beantworten können: Wie gründlich muss ich waschen? Womit wurde das Gemüse gedüngt? Martha Müller, 80 Jahre alt, hat an diesem Tag eine Entscheidung getroffen. Vergangenen Sonnabend noch hat sie sich schweren Herzens um den Erdbeeren-Stand herumgedrückt. Aber nun greift sie zu. "Sie schmecken nie so gut wie jetzt, und allzu viele Jahre habe ich nicht mehr", sagt sie, während sie die kleine Schachtel sanft in ihrem Korb verstaut. "Die Zeit ist doch so schnell vorbei", sagt sie dann. "Da muss man sich auch mal was gönnen dürfen."

Im nahe gelegenen Lidl sind zwar noch keine Kaufrückgänge zu verzeichnen, aber auch hier wird viel gefragt. "Dabei wissen wir doch auch nicht, woher die Krankheit kommt", sagt Filialleiterin Senine Dur.