Sozialbehörde organisiert die Aktionswoche “Nachbarschaft verbindet!“ - Menschen, die in Eidelstedt wohnen, machen vor, wie es geht.

Hamburg. "Ein schlechter Nachbar", dichtete der alte Grieche Hesiod einst, "ist eine so große Plage, wie ein guter Nachbar ein Segen ist." So betrachtet, sind die 2200 Hamburger aus den Häusern zwischen Reemstückenkamp und Wiebischenkamp schon ein bisschen gesegnet. Denn hier in dieser Ecke von Eidelstedt, wo das Einkommen vieler Bewohner zwar klein und die sozialen Probleme lange Zeit etwas größer waren, klappt's mit den Nachbarn.

"Wir sind einfach selbst aktiv geworden", sagt Astrid Roloff. Sie sitzt im Quartiersbeirat und ist so etwas wie die gute Seele vom "Reewie", wie die Anwohner der beiden Straßen ihre Gemeinschaft nennen. Die seit Jahren leer stehende Kneipe Mascha's haben sie zum "Café für Familien" gemacht, zu einem Treffpunkt im Viertel.

Den Raum, den das Wohnungsunternehmen Saga/GWG den Nachbarn mietfrei überlässt, nennt Astrid Roloff "unsere Goldgrube". Hier treffen sich Senioren zur Gymnastik, hier tanzen Jugendliche Hip-Hop, und hier bekommen Kinder Hausaufgabenhilfe - alles von Astrid Roloff und ihren Mitstreitern ehrenamtlich organisiert. Ja, das "Café für Familien" sei eine "Goldgrube", von der die Gemeinschaft nun unbezahlbar profitiere.

Das zeigt sich auch an diesem Frühjahrsabend. Spontan haben sich die Nachbarn zum Grillen verabredet, mehr als 50 Anwohner sind gekommen. "Kaum ist die letzte Bratwurst vom Grill, planen wir schon das Matjesessen", sagt ein älterer Herr. "Man fühlt sich hier aufgehoben", sagt die 16-jährige Selma Ünver. "Wie in einer großen Familie."

Damit dieses Gefühl in möglichst vielen Hausgemeinschaften, Straßen und Stadtteilen spürbar wird, plant die Sozialbehörde mit dem Hamburger Integrationsbeirat die Aktionswoche "Nachbarschaft verbindet!" Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) ruft deshalb Vereine sowie Verbände, Institutionen und natürlich die Hamburger "von nebenan" auf, sich mit originellen Ideen an der Projektwoche vom 22. September bis zum 3. Oktober zu beteiligen. Möglich sind Kinderfeste, Flohmärkte, Kochabende, Gartenpartys oder auch Hauskonzerte. Ein kleiner Anreiz: Die Sozialbehörde lobt einen Fotowettbewerb aus. Das beste Bild, das während der Woche entsteht, wird prämiert.

Wer mit seiner jeweiligen Aktion in den offiziellen "Nachbarschaft verbindet!"-Veranstaltungskalender aufgenommen werden möchte, sollte sich bei der Freiwilligenbörse melden, die ab sofort täglich von 8 bis 20 Uhr unter der Telefonnummer 411 88 67 00 erreichbar ist. Auch Hilfe bei der Organisation einer nachbarschaftlichen Aktion bietet die Freiwilligenbörse, die erfolgreich Ehrenamtliche für soziale Projekte vermittelt. Zum Beispiel nach Billstedt, wo zweimal pro Woche Kindern in der Sultan-Ahmed-Moschee bei den Hausaufgaben geholfen wird. "Es ist ein Projekt, das den Dialog im Stadtteil fördert", sagt Bernd Holst von der Freiwilligenbörse. Schon mehr als 80 Schüler zwischen 9 und 18 Jahren machen mit, 40 Kinder und Jugendliche stehen auf der Warteliste.

Seien die Hausaufgaben erledigt, sitze man auch mal bei einer Tasse Tee mit den Kindern und deren Eltern zusammen, erzählt Julian Everts. Seit November 2009 ist der 22-Jährige als ehrenamtlicher Nachhilfelehrer dabei. "Dieses Engagement wirkt Vorurteilen entgegen", sagt der Student. Es sei ein Austausch entstanden zwischen den Kulturen. Zwischen Menschen, die nah beieinander wohnen und im Alltag doch meist weit voneinander entfernt sind.

m Alltag einander nah sind sich das Ehepaar Scholz und die Familie Abbas aus dem Libanon. Sie sind Nachbarn, wohnen im selben Haus in Barmbek. Wenn Lothar Scholz, 81, der seine kranke Frau Helga pflegt, Hilfe braucht, dann geht er zwei Stockwerke nach unten. Und wenn bei Ehepaar Scholz die Spülmaschine muckt, dann repariert Mohammed Abbas sie fix. "Sonntags laden wir einander oft ein", sagt Lothar Scholz. Häufig hilft er den Nachbarskindern Sam und Nesrin bei den Hausaufgaben. "Dass wir in einer so netten Hausgemeinschaft leben, freut uns täglich aufs Neue." Es ist "ein Segen", hätte Hesiod gesagt. Anders ausgedrückt: "Nachbarschaft verbindet" eben.

Mehr Informationen im Internet: www.hamburg.de/nachbarschaft-verbindet