Das Amtsgericht Stade verurteilt den 19-jährigen Timo F. wegen fahrlässiger Tötung zu 9 Monaten Jugendstrafe. Drei Jugendliche kamen bei dem Unfall ums Leben.

Stade/Fredenbeck . "Seine Unbelehrbarkeit und seine maßlose Selbstüberschätzung hat drei junge Menschen das Leben gekostet". Wegen fahrlässiger Tötung der 14-jährigen Marieke aus Fredenbeck und ihrer 16-jährigen Freunde Justin aus Kutenholz und Rico Dominik aus Harsefeld, verurteilte Amtsrichter Sebastian Hackemack den Kutenholzer Timo F. zu einer Jugendstrafe von neun Monaten und dem Entzug des Führerscheines für vier Jahre. Die Jugendstrafe wurde zur Bewährung auf zwei Jahre ausgesetzt. Zudem muss der Unfallfahrer 800 Euro in Raten für einen gemeinnützigen Verein zahlen.

Amtsrichter Hackemack erhöhte mit seinem Urteil das von Staatsanwältin Kirsten Mahnken geforderte Strafmaß von sechs Monaten Jugendarrest. Er sah es nach ausführlicher Beweisaufnahme als erwiesen an, dass Timo F. wegen überhöhter Geschwindigkeit und einem Fahrfehler den Unfall verursacht hatte. Zudem waren zwei bereits im Vorfeld gesprochene Urteile, die das Verhalten des jugendlichen Fahrers nicht positiv beeinflusst hatten, maßgeblich für das Strafmaß.

Unverkennbar seien "die schädlichen Neigungen" des Angeklagten immer wieder im Straßenverkehr mit Tempodelikten aufzufallen, sich sogar mit der Polizei Verfolgungsjagden zu leisten oder Rennen auf öffentlichen Straßen zu wagen.

Der heute 19-jährige Fahranfänger, der bereits wegen zwei Verkehrsdelikten vor den Jugendrichtern stand, raste vergangenes Jahr am 9. November in einer Kurve zwischen Kutenholz und Fredenbeck gegen eine Eiche. Beim Aufprall zerbarst der rote Golf in zwei Teile, die drei Jugendlichen auf der Rückbank starben, Timo F. und sein 16-jähriger Beifahrer Mirco aus Kutenholz überlebten verletzt.

Für die Eltern ist das Urteil weder Genugtuung noch Trost. "Mein Rico ist tot, es ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann", sagt Cornelia Heldt-Dobrick unter Tränen. Wie die anderen Angehörigen der Unfallopfer waren für sie die Verhandlungstage eine enorme emotionale Belastung. Vor allem, dass Strafverteidiger Jens Hummel versuchte, immer wieder neue Entlastungsstrategien für seinen Mandanten zu lancieren, war für die Angehörigen schwer zu ertragen. Hummel hatte Freispruch gefordert und auch den Führerschein sollte sein Mandant behalten. Weil sich Timo F. nicht mehr an den Unfall erinnern könne, sei nicht auszuschließen, dass ein epileptischer Anfall, Wildwechsel, ein Fußgänger im Seitenstreifen, Mängelraten an alten Autos oder nicht intakte Bremsen Unfallursache gewesen sein könnten. Und Hummel teilte Seitenhiebe gegen die "arroganten Gutachter" wegen mangelhafter Arbeit, gegen Zeugen mit unglaubwürdigen Aussagen, die Medien und die Leute aus, die ihn im Heimatdorf offen anfeinden würden.

Olaf Brinkmann, Vater der getöteten 14-jährigen Marieke, sagte kopfschüttelnd gegenüber dem Abendblatt: "Wie weltfremd sind diese Versuche des Anwaltes, Polizei und Gutachter haben alle Fakten beleuchtet und belegt. Und ganz gleich, welches Urteil gesprochen wird, der Junge bleibt am Ende Gewinner - wir haben unsere Tochter verloren." Undenkbar sei es, dass Timo F. ohne Strafe das Gericht verlässt, auch wenn sie nur ein symbolischer Akt sei, sagte auch Maren Christin Krüger-Bock, Mutter des getöteten Justin.

Immerhin hörten die Eltern und Angehörigen der Opfer zum ersten Mal eine Entschuldigung des Unfallfahrers. Mit tränenerstickter Stimme und sichtlich ergriffen bat der Angeklagte um Verzeihung. "Ich weiß, dass ich zu schnell war und meine Freunde nun tot sind. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht daran denke und auch im Schlaf verfolgt es mich. Es tut mir einfach sehr leid", sagte Timo F. in seinem Schlusswort vor der Urteilsverkündung. Auch in seiner Familie sei nach dem Unfall nichts mehr wie früher, vor allem seine Mutter sei voller Verzweiflung.

Sichtlich berührt zeigte er sich, als die Anwälte der Nebenklage einen Führerscheinentzug für drei, beziehungsweise fünf Jahre forderten. Da konnte Timo F. erstmals seine Tränen nicht zurückhalten. Nach dem Urteil sagten Timo und sein Vater, der seinen Sohn zu jedem Verhandlungstag begleitet hatte, dass man beide Seiten sehen müsse und das Urteil so oder so zu akzeptieren sei. Ob Timo F. gegen den Richterspruch vorgehen wird, wollten Vater und Sohn ins Ermessen des Verteidigers legen und sich mit ihm beraten. Für Timo F. ist es nun die letzte Chance, irgendwann wieder normal zu leben. Wird er wieder beim Fahren ohne Führerschein erwischt, ist die Bewährung verwirkt.