Nach der misslungenen Ausschreibung für die Drehbrücke im Binnenhafen droht der nächste Reinfall. Provisorium droht zur Posse zu geraten.

Harburg. Der Traum vom Provisorium für die Drehbrücke über den Lotsekanal im Binnenhafen scheint ausgeträumt. Nach Aussage des Landesbetriebs für Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), liegen "uns definitiv keine Pläne eines Provisoriums zur Prüfung vor. So weit ich informiert bin, soll es wohl Ideen für eine provisorische Querung im Bezirk geben. Aber uns ist noch nichts Konkretes bekannt", so Helma Krstanowski, Sprecherin des LSBG. Noch in der vorvergangenen Woche hatte Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) gesagt, dass die Pläne für ein Provisorium dem LSBG zur Prüfung vorlägen. Damit hatte sich Völsch recht weit aus dem Fenster gelehnt. Er steht im Wort, weil er das Provisorium zur Eröffnung der Internationalen Bauausstellung am 22. März fest zugesagt hatte, nachdem die Ausschreibung für die Drehbrücke gestoppt worden war. Jetzt sieht es so aus, als ob Völsch sein Wort nicht halten kann, es sei denn, er richtet einen vorübergehenden Fährverkehr ein. Im Rathaus teilte der Bürgermeister jedenfalls mit, die IBA-Busse würden nicht mehr am Kanalplatz enden, sondern zur Schlossinsel weiter fahren.

Wie berichtet, war die Ausschreibung für die Brücke schief gelaufen. Der Senat hatte rund 1,7 Millionen Euro für den Bau bereitgestellt. Der LSBG schrieb das Projekt aus. Am Ende des Verfahrens stellte sich heraus, dass der Bau für die veranschlagte Summe nicht machbar war. Der Bezirk stockte aus eigenen Mitteln auf. Und eine Firma aus Süddeutschland wollte die Brücke für rund 3,65 Millionen Euro bauen. Aber diese Firma hat keine Erfahrung mit de Bau von Drehbrücken. Die Ausschreibung geriet zum Desaster und wurde gestoppt. Völsch forderte ein Provisorium. Der Bezirk steht bei den Investoren auf der Schlossinsel im Wort. Sie fordern eine Querung.

Nach dem Desaster mit der Drehbrücke scheint jetzt das Provisorium zur Posse zu geraten. In Harburg geistern Ideen für ein Provisorium herum. Aber die sind nicht ernst gemeint. "Man könnte Rikschas über den Lotsekanal fahren lassen. Das wäre mal etwas Ausgefallenes", sagt Jürgen Heimath, SPD-Fraktionschef in der Harburger Bezirksversammlung. Er kenne keine Pläne für ein Provisorium, so Heimath. "Langsam werde ich ungehalten. Ich wundere mich ernsthaft darüber, dass man gute Ideen, die man angeblich hat, so lange zurückhält", sagt Jürgen Heimath. Ein Rikscha-Fahrdienst, so der SPD-Bezirksabgeordnete weiter, sei sofort umsetzbar. Und auch in der Harburger CDU wird bereits scherzhaft über alternative Querungsmöglichkeiten nachgedacht. "Hamburg hat in der Tat ein rechtskräftiges Seilbahn-Gesetz, ohne dass die Stadt auch nur eine einzige Seilbahn hätte. Jetzt könnte Harburg den ersten Schritt tun, und eine Seilbahn über den Lotsekanal bauen lassen", sagt Ralf-Dieter Fischer, Fraktionschef der Harburger CDU.

Die Harburger Politik, so Fischer, stehe "ohne jede Kenntnis da. Und wir in der Fraktion bezweifeln inzwischen, dass die Themen Provisorium und Drehbrücke überhaupt noch ernsthaft verfolgt werden. Ich befürchte, nach der IBA wird kein Mensch mehr an eine Drehbrücke denken", so der CDU-Politiker. Fischer befürchtet, der Senat könne am Ende zu dem Schluss kommen, "dass niemand diese Brücke eigentlich braucht, weil es ja tatsächlich einige Meter weiter eine funktionstüchtige Brücke über den Lotsenkanal gibt. Und die bereitgestellten Gelder des Senats in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro wieder zurück genommen werden. Eine große Verkehrsbedeutung hat sie in der Tat nicht. Die Brücke war eine Schnapsidee für die IBA", von der sich auch die CDU anfangs habe blenden lassen.

Fischer steht nicht allein mit seiner Befürchtung. Auch innerhalb der SPD gibt es Zweifler. "Ich sehe es kommen, am Ende, wenn der Rummel um die IBA vorbei ist, acht der Senat einen Rückzieher, was die Finanzierung angeht", sagt ein SPD-Mitglied, das namentlich lieber nicht genannt werden will. Unterdessen arbeitet der LSBG an der zweiten Ausschreibung. Dieses Mal wolle man sicher gehen, so Helma Krstanowski, dass sich nicht wieder eine Firma beteilige, die nicht über die nötige Erfahrung mit dem Bau von Brücken verfüge. "Für den Bau der Lotsekanalbrücke wird zunächst im Februar 2013 ein Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben, der besonders qualifizierte Bewerber für Planung und Bau von beweglichen Brücken hervorbringen soll. Hieraus wird ein kleiner Teilnehmerkreis ausgewählt, der im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung im Frühjahr 2013 zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Bei einer Funktionalen Ausschreibung sind von den ausgewählten Bietern eigene Brückenentwürfe mit den zugehörigen Leistungsverzeichnissen und Preisen anzubieten", sagt die LSBG-Sprecherin. Aus der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) war gar zu hören, dass der ursprüngliche Kostenrahmen von 1,5 Millionen Euro nicht überschritten werden solle. Dafür, so ein Insider aus der Baubranche, gebe es keine schlichte Brücke.