Der Bau der Drehbrücke über den Lotsekai im Binnenhafen soll jetzt neu ausgeschrieben werden

Harburg. Dem Bezirk Harburg soll eine zweite Elbphilharmonie erspart bleiben. In der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) ist jetzt die Entscheidung gefallen, das derzeitige Ausschreibungsverfahren für die Drehbrücke über den Lotsekanal aufzuheben, das Vorhaben zu überplanen und neu auszuschreiben. Das bestätigt jetzt Kerstin Graupner, Sprecherin der BSU. "Der Zeitdruck, die Brücke rechtzeitig zur Eröffnung der Internationalen Bauausstellung (IBA) fertig zu haben, hat die Kosten in die Höhe getrieben", sagt Graupner. Ursprünglich sollte die Brücke fertig sein, wenn die Neubauten auf der Schlossinsel bezugsfertig sind. Erst danach wurde die Fertigstellung zur Eröffnung der IBA anvisiert. Der Bezirk Harburg fordert nun ein Provisorium für Fußgänger und Radfahrer, das bis zur Eröffnung der IBA stehen soll.

Wie berichtet, war der zuständige Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) mit geplanten Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro in die Ausschreibung gegangen. Inzwischen liegen die Angebote, an der Ausschreibung hat sich unter anderen auch eine Firma aus Süddeutschland beteiligt, bei rund 6,5 Millionen Euro. "Die Schmerzgrenze ist längst erreicht", kommentierte Harburgs SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath das Debakel.

Finanziert werden soll die Drehbrücke zum einen aus dem Topf "Stadtumbau-West" des Bundes, zum anderen aus den Mitteln für Infrastrukturmaßnahmen im Binnenhafen der Hansestadt Hamburg. Jetzt ist klar, die Brücke wird nicht fertig zur Eröffnung der IBA im Frühling 2013. Das allerdings bringt den Bezirk in ein Dilemma, das er gern verhindert hätte. Er steht bei den Investoren auf der Schlossinsel im Wort. Sie fordern den direkten Zugang zur Innenstadt über den Lotsekai. Dieser Zugang wurde ihnen auch zugesagt, bevor sie mit ihren Neubauprojekten auf der Schlossinsel begonnen haben.

"Es ist vernünftig, jetzt die Reißleine zu ziehen. Ich freue mich über die für Harburg wichtige Botschaft aus der BSU und das klare Bekenntnis zur Fußgängerbrücke", sagt Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD). Jetzt, so Völsch weiter, müsse die neue Ausschreibung allerdings sofort starten. Er wolle im nächsten Jahr eine Lösung sehen, und die könne auch erst mal aus einem Provisorium bestehen. Wie dieses Provisorium aussehen könne, so Harburgs Bürgermeister, sei heute noch nicht klar. Erste Gespräche zu dem Thema würden in der kommenden Woche geführt werden. Jürgen Heimath will nicht ausschließen, dass in der Übergangszeit eine Fährverbindung über den Lotsekai eingerichtet werden könnte.

In der Bezirksversammlung ist die misslungene Ausschreibung, die süddeutsche Firma soll wenig Erfahrung mit dem Brückenbau haben, längst zum Politikum geworden. Die Opposition hält der SPD vor, an einer Drehbrücke festzuhalten, obwohl es günstigere Alternativen gäbe. Die Grünen werfen der SPD vor, einerseits 211 000 Euro Einsparungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit durchzusetzen, andererseits viel Geld für ein "Prestigeobjekt" ausgeben zu wollen. Auch CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer mag nicht verstehen, warum es unbedingt eine "teure Drehbrücke" sein muss.