Wie wir wurden, was wir sind. Der Wandel von Landwirtschaft und Ernährung seit 1800. Teil 2 der Serie: Kochen

Die Menschen damals kannten es ja nicht anders. Aber aus heutiger Sicht muss das Kochen im 17. Jahrhundert alles andere als ein Vergnügen gewesen sein. Das Feuer wurde am Boden entfacht, so dass der Rauch durch den gesamten Wohnraum zog. Von mehrgängigen Menüs konnte man damals nur träumen. Da nur ein Kessel, befestigt an einem Haken, über dem Feuer hing, schränkte das die Essensauswahl erheblich ein.

Meistens gab es Eintopf oder Suppe und dazu gelegentlich Bratwürstchen, zubereitet in einer Pfanne, die auf einem eisernen Dreifuß über der Glut stand. Schon damals war es möglich, die Hitze zu regulieren. Was heute der Herdknopf ist, an dem wir einfach drehen können, um die Temperatur höher oder niedriger einzustellen, war damals der höhenverstellbare Kesselhaken. Je niedriger der Kessel hing, desto heißer wurde sein Inhalt.

Wie sich die Art des Kochens und damit auch das Essen vom 17. Jahrhundert bis heute entwickelt haben, macht eine Dauerausstellung im Freilichtmuseum am Kiekeberg deutlich. In verschiedenen Häusern des Freilichtmuseums erfahren die Besucher, welche Revolution das Kochen und damit auch das Essen erlebt hat.

Der Herd als ebenerdige offene Feuerstelle im Silberhof, wie es ihn bis ins 17. Jahrhundert in beinahe jedem Bauernhaus im Landkreis Harburg gab, macht die Vergangenheit wieder lebendig. Der Herd war der zentrale Ort des Hauses. Nicht nur weil es hier am wärmsten war. Das Feuer spendete auch Licht. Hofbesitzer und Gesinde versammelten sich um den Herd, wobei sich das Gesinde mit den zugigen Plätzen nahe der Tür zufrieden geben musste.

Das erste, was einem aber beim Anblick dieser Feuerstelle einfällt, ist der strapazierte Rücken. Denn das, was den Herd ausmacht, sind in den Boden eingepflasterte Backsteine. Wer zu der Zeit kochte, musste also im Bücken geübt sein. Gemessen daran, ist es überraschend, dass die Menschen aus der Region so lange an der offenen Feuerstelle festgehalten haben. Doch dieser Herd hatte einen entscheidenden Vorteil: Mit seiner Hilfe konnten die Bauern damals das Getreide, das auf dem Dachboden lagerte, konservieren. Damit die aufsteigenden Funken die Getreidevorräte und das Stroh auf dem Dachboden aber nicht etwa in Brand steckten, hing über dem Feuer ein Feuerrahmen.

Eine weitere Gefahr kam auf vier Beinen daher. Vor allem nachts konnte es passieren, dass Katzen oder andere Haustiere zu dicht an die Feuerstelle herankamen, sich versengten und die Glut im Haus umhertrugen. Damit das nicht geschah, wurde ein eiserner Feuerstülper über der Feuerstelle platziert.

Dennoch bereitete den Menschen damals das offene Feuer augenscheinlich Kopfzerbrechen. Denn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert wurden Herdstellen mit Schwibbogen entwickelt. "Die Polizei verordnete vielen Bauern den Schwibbogen aus Feuerschutzgründen", erklärt Thomas Schürmann, der die Abteilung Volkskunde am Museum leitet.

Denn der gemauerte Schwibbogen hielt den Funkenflug ab. Zudem hatte der Herd eine verschließbare Flügeltür, die nachts die Glut abschirmte. Zumindest in der Höhe kam der Schwibbogenherd (unter anderem im Kakenstorfer Haus zu sehen) mit seinen 65 Zentimetern dem nahe, was wir heute unter einem Herd verstehen. Das Kochen wurde so bequemer. Um 1900 kam dann der Sparherd mit integriertem Backofen auf, der im Fischerhaus und im Wagnerschen Haus ausgestellt ist. Der Herd trägt nicht umsonst diesen Namen. Denn man verbrauchte zum Feuern weniger Holz oder Kohle. Für die Nase war es auch angenehmer: Der Rauch entwich durch den Kamin. Da die Herdfläche viel größer war, konnte die Hausfrau das Speisenangebot ausdehnen.

Die Weiterentwicklung der Herdstellen nahm in den Folgejahren einen rasanten Verlauf. Obwohl der Elektroherd in den 50er-Jahren in moderne Haushalte Einzug hielt, konnten sich die Bauern allerdings schwer dazu durchringen, sich von alten Dingen zu trennen, was besonders gut im Aussiedlerhof deutlich wird. Denn in der Küche - eine originale Ausstattung aus dem Jahr 1960, die von einer Familie aus Salzhausen gestiftet wurde - steht ein Kohleherd neben einem Elektroherd. "Das war die bäuerliche Ökonomie", sagt Thomas Schürmann. "Wieso das Alte wegwerfen, wenn es noch funktioniert. Es konnte ja mal der Strom ausfallen."

Kurze Zeit später macht die Entwicklung der Herdstellen einen Riesensprung: Der Amerikaner Percy Spencer erfand per Zufall die Mikrowelle (siehe Interview). Der erste Mikrowellenherd war aber ein klobiges Gerät: Es war 1,80 Meter hoch, wog 340 Kilogramm und war kaum bezahlbar. In Europa verbreitete sich das Gerät erst in den 70er-Jahren. Das erste Gericht, das darin zubereitet wurde, war übrigens Popcorn.