Auszubildende zeigen in drei Restaurants in Hanstedt, Buxtehude und Lüneburg mit eigenen Menüs, wie gut sie am Herd zaubern können.

Was ist los in unseren Profiküchen? Im Fernsehen werden Köche zu Stars, doch am Herd sind Azubis Mangelware. Wir haben drei Betriebe besucht, die Ausbildungsplätze schaffen, und den Nachwuchs gebeten, für uns zu kochen.

Ringhotel Sellhorn in Hanstedt

Das Traditionshaus in der Heide gehört seit jeher zu den Klassenbesten, wenn es ums Thema Ausbildung geht. Im neuen Jahrgang blieben die Azubistellen in der Küche zum ersten Mal unbesetzt. Jörn Sommer hat die Entwicklung hautnah miterlebt. Seit fünfeinhalb Jahren ist er als Küchenchef bei der Hoteliersfamilie Dierksen verantwortlich für die Ausbildung und weiß: "Viele kommen mit falschen Vorstellungen und müssen arbeiten, wenn Freunde frei haben." Sommer sitzt im Prüfungsausschuss der Berufsschule Lüneburg. Es sei keine Seltenheit, dass die Hälfte eines Jahrgangs bei der Prüfung versagt.

Die Schüler erhalten einen Korb voller Waren und haben dann vier Stunden Zeit, für sechs Personen ein Menü zu kochen. "Der Stressfaktor ist groß", gibt der Profi zu. Auch bei der Theorie hapere es häufig. Und in Sachen Freizeitvergnügen könne Hanstedt mit Hamburg nicht mithalten. Von Resignation beim Restaurantkoch trotzdem keine Spur: "Es ist eine Freude zu sehen, wie sich meine Azubis entwickeln."

Jörn Sommer hält mit Motivation und Kooperation dagegen. Seine Küchenbrigade besteht aus 14 Köchen, davon aktuell vier Azubis: Jonas Bräuer, Kim Weber und Dennis Kuchenbäcker im dritten Lehrjahr, Merlin Moos im zweiten. Um sie auf Prüfungen vorzubereiten, schickt er sie regelmäßig zu Wettkämpfen. 2010 und 2011 wurden zwei seiner Jungs Vizemeister unter Niedersachsens Nachwuchs am Herd. Außerdem profitieren sie von guten Kontakten des Ringhotels zu seinen Lieferanten. Marker Gemüse, Mercato Fisch und die Firma Rothe Fleisch in Lüneburg nehmen regelmäßig Sellhorn-Azubis für Praktika. So können sie früh über den hauseigenen Tellerrand hinausschauen.

Mit Hilfe ihres Chefs haben die Azubis ein feines 3-Gänge-Menü erarbeitet, das auch Sie für 24,50 Euro probieren können: vorweg eine Suppenvariation mit Kraftbrühe plus Einlage, Kürbiscremesuppe mit gerösteten Kürbiskernen und Steinpilzcreme mit Parmesanchip - dekorativ aufgetischt in drei Mokkatassen. Als Hauptgericht Brust von der Maispoularde an Pfifferlingsrisotto, Mirabellenkompott mit Erikaheide, dazu dunkle Soße. Und zum Finale Dreierlei von Creme brûlée mit Vanille, Pistazien und Himbeeren, alles frisch und schön fürs Auge in Szene gesetzt. Wenn das die Zukunft unserer Restaurantaufenthalte ist, brauchen wir uns um unseren Geschmackssinn keine Sorgen zu machen.

Zum Alten Fuhrmannshaus in Buxtehude

Kim Lindenau, Küchenchef in der Buxtehuder Altstadt, hat sich auch spontan entschieden, die Gäste das aktuelle Know-how seiner Azubis probieren zu lassen. Justin Veit Ehlers (2. Lehrjahr) und Jascha Schwartau (1. Lehrjahr) heißen seine Lehrlinge. Der eine möchte mit Menschen arbeiten und später unterschiedliche Küchen kennenlernen, der andere hat früher schon viel mit seiner Mama gekocht und freut sich, einen Beruf gefunden zu haben, bei dem man kreativ sein kann. "Jascha rief sogar eigeninitiativ an und hat seine Bewerbung persönlich vorbeigebracht", lobt Lindenau. "Eher die Ausnahme."

Das Alte Fuhrmannshaus entwickelte sich in letzter Zeit klammheimlich zu Buxtehudes Fischkompetenz. Hummer, Austern und Miesmuscheln sind ständig auf der Karte. Deswegen lässt er seine Azubis auch schon an die Jakobsmuscheln. Diese werden für den ersten Gang auf Florentiner Art mit Blattspinat gratiniert und als Augenschmaus schick in Schale serviert. Auf Wunsch dürfen die Gäste die Muschelschalen als Erinnerung behalten.

"Normalerweise stehen bei Azubis im ersten Lehrjahr nur kalte Küche und Hygiene auf dem Lehrplan", sagt der Ausbilder. Im zweiten Lehrjahr lernen sie Beilagen, Suppen und Warenkunde. Und erst im dritten geht's um die Hauptdarsteller Fisch, Fleisch sowie das Anrichten auf dem Teller. Zwischen 420 und 520 Euro brutto pro Monat verdient ein Azubi in der Küche während seiner Ausbildung - kein großer Anreiz, um sich für diesen Beruf zu entscheiden.

Das Alte Fuhrmannshaus befindet sich in einem der schönsten und ältesten Gebäude in Buxtehude, Baujahr 1533. Sein Garbereich ist mit höchstens 15 Quadratmetern das genaue Gegenteil der großen Sellhorn-Küche. Hier bekommen die Azubis von Anfang an alles hautnah mit. Für den Hauptgang dürfen sie Seehecht mit Serrano-Schinken umwickeln und als Saltimbocca auf gerahmtes Paprikagemüse platzieren. Dazu gibt's Rosmarinkartoffeln. Fein gemacht, Jungs! Beim Dessert bedienen sie sich vor der Haustür: Die Äpfel für die in Bierteig gebackenen Apfelküchlein stammen natürlich aus dem Alten Land. Der Ausbilder ist stolz. Seine Motivation sei es, jungen Leuten eine Chance zu geben. Wer das hiesige Azubimenü kosten möchte, ist ebenfalls mit 24,50 Euro dabei.

Hotel Bremer Hof in Lüneburg

Micha Hetmann hat Praktika als Elektriker, Erzieher sowie Groß- und Außenhandelskaufmann hinter sich, bevor er sich für die Kochlehre entscheidet. Die anderen Berufe erschienen ihm nicht kreativ genug. Mittlerweile ist der 19-jährige im dritten Lehrjahr und seine Chefs voll des Lobes: "Micha und unser zweiter Azubi Enno Schumacher machen ihre Sache wirklich gut.", sagt Thomas Brakel, der zusammen mit seiner Ehefrau das private Stadthotel von 1889 leitet. In einem kleinen Betrieb wie dem ihrigen, müsse die Chemie stimmen. Jeder Bewerber soll zwei Tage reinschnuppern, ob der Job am Herd etwas für ihn ist. Auch hier konnte das aktuelle Ausbildungsjahr nicht besetzt werden. "Wir hoffen, dass noch jemand von woanders wechseln will, so Kerstin Brakel. Ihre Motivation zum Ausbilden geht noch ein Stück weiter. "Wir haben selber keine Kinder und bleiben mit jungen Leuten immer auf dem Laufenden."

Ausbildungsstellen zum Hotelfachmann oder -frau sind einfacher zu besetzen als die in der Küche. Thomas Brakel sitzt im Berufsbildungsausschuss der Handelskammer und kennt eine aktuelle Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes, nach der das Image des Kochberufs ziemlich weit unten rangiere. Hinzu kommt mangelhafte Qualität. Von 34 Berufsanfängern haben bei der vorigen Prüfung nur 15 bestanden. Einige renommierte Hotels aus Hamburg machten es Kollegen auf dem Lande nicht einfacher, indem sie bereits in die Prüfungen Scouts schickten, um Talente zu sichten und abzuwerben, so der Hotelier.

Frustriert klingt Ehepaar Brakel trotzdem nicht. In der vierten Generation leitet es das Haus im Wasserviertel, dessen 54 Zimmer erst im vorigen Jahr komplett renoviert wurden. Im schön gestalteten Essbereich mit seinen uralten Deckenbalken aus dem 15. Jahrhundert spürt man die Vergangenheit. Maximal 50 Plätze kann das kleine Restaurant anbieten. Dank Lüneburgs Attraktivität für Touristen, freut man sich über eine hohe Zahl an Übernachtungsgästen. Auch das Fernsehen hat seinen Anteil daran. "Seit die Vorabendserie 'Rote Rosen' läuft, geht es aufwärts, erzählt Thomas Brakel und nennt das Ganze "Werbevideo für Lüneburg".

Ein Werbemenü für den Bremer Hof haben sich seine Azubis Micha Hetmann und Enno Schumacher ausgedacht. Sie starten mit Pastinakencremesuppe und Parmesancroutons. Danach kommen Rücken- und Filetstück der Heidschnucke in die Pfanne und landen auf dem Teller neben Tomaten-Raukesalsa und Kürbis-Kartoffelröstis. Zum Dessert lässt die Nachwuchsabteilung helle und dunkle Mousse mit marinierten Brombeeren servieren. Ein anständiges Menü.