Die Siedlungsgemeinschaft Neuland wehrt sich gegen die Erschließung eines Logistikparks in ihrer Nähe. Lärmschutz ist eines ihrer Anliegen.

Harburg. Geht es um Fairness und Gerechtigkeit, so fühlen sich die Menschen, die seit rund 60 Jahren im Gebiet der Siedlungsgemeinschaft Neuland (SGN) zwischen Neuländer Elbdeich im Norden und Neuländer Straße im Süden leben, von Behördenvertretern und Politikern zumeist stiefmütterlich behandelt. "Wir haben hier im Laufe der Jahrzehnte einiges hinnehmen müssen", sagt der 67 Jahre alte SGN-Ehrenvorsitzender Werner Hartlev und erinnert an Gewerbeansiedlungen am Großmoorbogen, an den Bau des Gewerbegebiets PrimeParc, den Bau des S-Bahntunnels und an ständig zunehmenden Verkehr auf der Neuländer Straße.

36.000 Fahrzeuge seien dort inzwischen täglich geräuschvoll unterwegs, das sei schon jetzt Hamburgs heimliche Hafenquerspange, die Straßenverbindung zwischen den Autobahnen A 1 und A 7, macht Hartlev deutlich. Nun stehe das nächste Projekt, die Entwicklung des Bebauungsplans "Neuland 23", in den Startlöchern. Westlich der Autobahn 1, bei der Anschlussstelle Hamburg-Harburg, zwischen Neuländer Straße und Neuländer Elbdeich, soll auf dem verkehrsgünstig gelegenen, gut 20 Hektar großen Wiesengelände Platz für die Ansiedlung von Logistikunternehmen geschaffen werden. Aber diesmal soll Hamburg nicht - wie bisher - allein den Nutzen aus der Gewerbeansiedlung davontragen. Nun wollen auch die gut 350 Anwohner der Siedlungsgemeinschaft profitieren und mit der Entwicklung des Bebauungsplans möglichst viele Verbesserungen für ihr Wohngebiet herausschlagen.

+++ Neuland bekommt den Kreisel - neue Sperrungen +++

Dabei geht es um Lärmschutz, die Ansiedlung eines Lebensmittel-Nahversorgers, eine sichere Be- und Entwässerung für das örtliche Grabensystem und eine Straßenverbindung zwischen der Neuländer Straße und dem Neuländer Elbdeich. Und damit ein Lebensmittel-Nahversorger angesiedelt werden kann, sollte mit dem Bebauungsplan ein Gewerbe-Mischgebiet entwickelt werden und kein Industriegebiet, das 24 Stunden rein gewerbliche Arbeitszeit gestattet. Sascha Wentland, 39, erster Vorsitzender der Siedlungsgemeinschaft, und Sonja Bostelmann, 33, die zweite Vorsitzende des Vereins, haben die Forderungen kürzlich bei der öffentlichen Plandiskussion im Stadtplanungsausschuss eingereicht. In einer weiteren Sitzung im September will sich der Stadtplanungsausschuss mit dem B-Planentwurf und den Einwänden der Bürger befassen. "Wir nehmen die Anliegen der Bewohner ernst", betont Jürgen Heimath, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung.

Wentland: "In unserer Siedlung gibt es einen Generationswechsel. Der Anteil der jungen Familien ist gewachsen. Es wurden mehrere neue Häuser gebaut, und wir zählen etwa 50 Kinder im Kindergarten- und Schulalter. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass unsere Siedlung Zukunft hat." Gut 100 Häuser zählt die Siedlung insgesamt.

Sonja Bostelmann: "Wenn wir mit unseren Nachbarn sprechen, so hat sich bisher noch keiner von ihnen positiv zu einer industriellen Nutzung des Geländes geäußert. Wir würden gern die gemischte Gewerbenutzung erreichen und auch einen Nahversorger wie Aldi oder Penny angesiedelt bekommen. Und wir halten es auch für notwendig, dass die ab Neuländer Straße geplante Erschließungsstraße nicht mit einem Wendehammer neben dem Logistikgelände endet, sondern etwa 200 Meter weiter nach Norden geführt wird und an den Neuländer Elbdeich anschließt. Davon hätten alle Bewohner der Region einen Vorteil."

Vorsitzender Wentland macht deutlich, dass Lärmschutz für die Siedlung zu den vordringlichen Wünschen der Bewohner zählt und ebenso die geforderte Sicherheit im Grabensystem für die Be- und Entwässerung. "Es gibt bei der bisherigen Entwicklung des Bebauungsplans überhaupt noch keine Aussagen darüber, wohin das viele Regenwasser abfließen soll, das durch Hallenbau und versiegelte Betriebshofflächen künftig nicht mehr im Boden versickern kann. Schon jetzt sind unsere Gräben bei Starkregen überlastet. Und wir haben noch immer nicht die zugesagte zweite Pumpe in unserem Schöpfwerk am Neuländer Elbdeich bekommen. Ohnehin wird die Technik des Schöpfwerks nicht ausreichen, das Wasser aus den Gräben in die Elbe zu pumpen, wenn diese Hochwasser führt und hohen Gegendruck erzeugt. Wir sind in unserer Siedlung in ständiger Gefahr, bei Starkregen abzusaufen."

Die weitere Planung, neben der Logistikansiedung auch eine Fläche für eine Driving-Range/Golfanlage bereitzustellen, hält Ehrenvorsitzender Werner Hartlev für erledigt. Hartlev: "Der Investor Paul Holly hatte lange genug seine Chance gehabt und ist gescheitert. Dass ein anderer dieses Projekt übernimmt ist sehr unwahrscheinlich. Wir fordern deshalb an dieser Stelle den öffentlichen Nahversorger. Das ist an dieser Stelle keine Konkurrenz für das Harburger Kerngebiet. Der Standort wird sich rechnen."

SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath: "Wir bereiten für künftige Bewohner des Harburger Binnenhafengebiets die Ansiedlung von Nahversorgern vor. Der Weg von Neuland dorthin ist zumutbar. Die Fragen der Be- und Entwässerung im Siedlungsgebiet sind dringend zu klären. Für uns steht aber eine Verbindung zwischen Neuländer Straße und Neuländer Elbdeich zurzeit nicht zur Debatte. Und beim Thema Lärmschutz würde ich lieber die Füße still halten, denn mit Lärmschutz hätten Befürworter eines vierspurigen Ausbaus der Neuländer Straße beste Argumente zur Hand. Und den vierspurigen Ausbau, den wollen wir nun wirklich nicht."