Die Ämter sind heiß begehrt bei den Sondierungsgesprächen über neue Gruppen. Stellvertretende Landräte besonders gefragt.

Winsen. Mit dem Votum der Wähler in der Tasche verhandeln derzeit die Parteien im Kreistag des Landkreises Harburg mit möglichen Bündnispartnern. Weder für die CDU noch für die SPD ist es einfach, eine komfortable Mehrheit zu erreichen. Sie brauchen möglichst viele Partner. Außer politischen Übereinstimmungen, die im besten Fall zu einer Koalition zwischen zwei Fraktionen führen, gehören zur Verhandlungsmasse im Politgeschäft aber auch die vielen Posten und Pöstchen, die im Kreistag zu vergeben sind. Bis zur konstituierenden Sitzung des kommunalen Gremiums zur Selbstverwaltung am 28. November müssen die Partnerschaften und Bündnisse unter Dach und Fach sein. Denn bei dieser Sitzung werden unter anderem die Fachausschüsse und die Posten im Kreistag und in den Aufsichtsräten besetzt. Und wer die Mehrheit hat, hat den ersten Zugriff auf die wichtigsten Ausschüsse und die besten Chancen auf die Posten..

Äußerst beliebt unter den Politikern sind die Posten der drei stellvertretenden Landräte. Laut Hauptsatzung des Landkreises Harburg stehen dem hauptamtlichen Landrat Joachim Bordt (FDP) drei Stellvertreter zur Seite, die ihn bei offiziellen Terminen vertreten können. Es sind Kreistagsmitglieder, die von den Fraktionen vorgeschlagen und vom Kreistag gewählt werden. Und für Politiker bieten die exponierten Posten beste Gelegenheiten, sich dem Wähler auch außerhalb des Wahlkampfes zu zeigen.

Noch im Amt sind als Stellvertreter die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Norbert Böhlke und Heiner Schönecke, sowie der FDP-Mann Manfred Karthoff. Karthoff wurde bei der jüngsten Kommunalwahl nicht mehr in den Kreistag gewählt, ist somit seinen Landratsposten los. Wenn die SPD es schaffen sollte, mehr Bündnispartner und damit Stimmen ins Boot zu holen als die CDU, müssten Böhlke wie auch Schönecke um ihre Landratsposten bangen.

Ein Zusammengehen ihrer CDU-Fraktion mit der FDP und der WG könnte die Posten retten. Andernfalls müssten die CDU-Politiker sich mit der SPD und den Grünen die Landratsposten teilen. SPD-Fraktionschef Prof. Jens-Rainer Ahrens meldet schon mal Bedarf an: "Nach Lage der Dinge steht uns jetzt ein Stellvertreter zu." Für Norbert Böhlke geht es bei all den Verhandlungen nicht nur um den Stellvertreter des Landrats, sondern auch um die Position des Kreistagsvorsitzenden, der durch die Sitzungen führt. Einen Posten, den er, so Grünen-Fraktionschefin Ruth Alpers, "ausgezeichnet ausgefüllt hat".

"Für dieses Postengeschacher habe ich wenig Sympathie. Wir, die FDP-Fraktion, sind nicht an Posten im Kreistag interessiert. Es geht uns darum, vernünftige und sachorientierte Politik zu machen. Aber sicher, Posten sind derzeit ein Verhandlungspunkt", räumt Kreistagsmitglied Arno Reglitzky (FDP) ein.

Von dieser Verbindung von CDU und FDP könnte aber andererseits Reglitzkys Noch-Fraktionschef Jürgen Kempf profitieren. Kempf ist, wie sein langjähriger politischer Weggefährt Karthoff, nicht mehr in den Kreistag gewählt worden. Nach Informationen des Abendblatts möchte der Buchholzer aber trotzdem seinen Posten im Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Harburg (WLH) behalten.

"Er versucht, die FDP-Fraktion zur Gruppenbildung mit der CDU zu bewegen, damit er seinen Vorsitz im Aufsichtsrat der WLH behalten kann", so ein Kreistagsmitglied, das namentlich nicht genannt werden will. Reglitzky dazu: "Es ist legal, dass Jürgen Kempf seinen Sitz in der WLH behalten will. Er hat in den vergangenen Jahren ja auch eine gute Arbeit für die WLH und den Landkreis Harburg gemacht." Aber Reglitzky machte auch klar, die FDP-Fraktion wolle keine "feste Gruppenbindung. Wir müssen die Eigenständigkeit der FDP darstellen".

Der Landkreis Harburg ist Hauptgesellschafter der WLH, bislang sitzen ausschließlich Kreistagsmitglieder im Aufsichtsrat, aber theoretisch könnte die FDP, wenn ihr denn im neuen Kreistag ein Sitz zusteht, auch ein externes Mitglied in den Rat entsenden.

Vakant sind im neuen Kreistag außer Böhlkes Sitz als Vorsitzender des Gremiums auch die beiden Posten der Stellvertreter. Auch sie müssen vom Kreistag gewählt werden. Derzeit vertreten Böhlke Manfred Karthoff (FDP) und Udo Heitmann (SPD). Heitmann, der wieder ein Mandat im Kreistag bekommen hat, sagte, er stehe für Posten zur Verfügung. Allerdings machte sein Fraktionschef Ahrens deutlich, dass es auch in der SPD mehr Anwärter als Posten geben.

Zudem müsse erst in der Fraktion beraten werden, welche Posten von der SPD besetzt werden sollen. Bei der Postenverteilung sei, so der Fraktionschef, natürlich auch der Gruppenpartner, die Grünen, zu berücksichtigen.