SPD und Grüne wollen die Vertreter der FDP und WG für eine komfortable Mehrheit im Kreistag des Landkreises Harburg gewinnen.

Winsen. Hinter den Kulissen der Kreistagspolitik laufen die Drähte kurz nach der Kommunalwahl heiß. Die Fraktionen strecken ihre Fühler für anstehende Sondierungsgespräche mit möglichen Koalitionspartnern aus. SPD und CDU brauchen Partner für Mehrheiten. Die CDU ist zwar mit 24 Sitzen stärkste Fraktion im Kreistag des Landkreises Harburg, hat damit aber noch nicht die Mehrheit. Mit 19 Mandaten ist die SPD zweitstärkste Fraktion, auch sie benötigt also dringend Partner, um ihr erklärtes Ziel, der CDU die Mehrheit wegzunehmen, zu erreichen. Ein möglicher Partner sind die Grünen (zehn Sitze). Auch sie verfolgen das Ziel, die Zeit der CDU-Mehrheiten zu beenden. "Es ist für alle eine problematische Situation, weil wir jetzt mehr kleine Fraktionen und Einzelmandate haben", sagt Ruth Alpers, grüne Fraktionschefin. Das mache es schwieriger, komfortable Mehrheiten zu finden, aber auch nicht unmöglich.

Dass SPD und Grüne künftig eng zusammenarbeiten wollen, haben sie bereits am Wahlabend demonstriert. Ihr gemeinsames Ziel ist die Entmachtung der CDU. "Wer so wie die CDU in den vergangenen Jahren die Machtposition ausnutzt und auf diese Weise mit politischen Partnern, der Opposition, umgeht, sollte sich nicht wundern, wenn diese Partner dann wenig Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen", sagt Angelika Tumuschat-Bruhn, stellvertretende SPD-Fraktionschefin im Kreistag, die ihr Mandat verloren hat.

Intern sei bei den Grünen vor der Wahl darüber nachgedacht worden, es auch mal im Kreis Harburg mit Schwarz-Grün zu probieren. Jetzt, nach der Wahl, so hieß es aus der Fraktion, sei klar, dass diese Marschrichtung für die Grünen wohl kaum in Frage komme. Gleichwohl werde man auch mit der CDU Gespräche führen, so Alpers. Dennoch zeichnet sich eine Neuauflage der Smarties im Kreistag ab. Nach dem Ergebnis der Kreiswahl haben SPD und Grüne zusammen 29 Sitze im neuen Kreistag. Jetzt, wo gerade in Buchholz der Ostring vor dem Aus steht, wäre auch im Kreis eine Zusammenarbeit beider Fraktionen, ausgesprochene Gegner des Ostrings, mit der FDP durchaus möglich. Die Buchholzer FDP hatte ihren Wahlkampf auf den ihrer Meinung nach dringend notwendigen Bau des Ostrings fokussiert. Wenn nun aber sogar der FDP-Landrat Joachim Bordt öffentlich Abstand davon nimmt, die Umgehung gegen den Willen der Menschen "durchpeitschen" zu wollen, könne man sich, so Grünen-Fraktionschefin Ruth Alpers, auch trotz des Streitpunktes Ostring eine Zusammenarbeit mit den Liberalen auf Kreisebene vorstellen. Der Buchholzer FDP-und Kreistagsabgeordnete Arno Reglitzky weiß zwar, dass "der Ostring tot ist, aber ich weiß auch, dass das Problem Verkehr dadurch nicht gestorben ist". Ein konservativ-liberales Bündnis sei ihm, so Reglitzky, doch lieber, als mit SPD und Grünen in einer Gruppe zu arbeiten.

Mit der FDP hätten SPD und Grüne aber nicht nur die drei FDP-Sitze im Boot, sondern auch die Stimme von Landrat Bordt. Damit hätte die Gruppe eine Drei-Stimmen-Mehrheit im Kreistag gegen CDU (24 Sitze), Wählergemeinschaft (drei Sitze), Die Linke (einen Sitz), die Piraten (einen Sitz) und die Seevetaler Wählergemeinschaft (einen Sitz). SPD und Grüne haben, um ihre Mehrheit auf ein stabiles Fundament zu stellen, auch größtes Interesse an einer Zusammenarbeit mit der WG. Dörte Cohrs, Harald Stemmler und Heiner Albers vertreten die WG im Kreistag. Nach Informationen des Abendblatts streben Stemmler und Albers in ihren Gemeinden Handeloh und Hollenstedt das Amt des Bürgermeisters an. Dafür brauchen sie allerdings auch Stimmen von anderen Parteien in ihren Gemeinden. Das könnte ihre Bereitschaft, auf Kreisebene zu koalieren, erhöhen. Mit der WG hätte das neue bunte Bündnis im Kreistag eine komfortable Mehrheit von neun Stimmen gegenüber der CDU.

Würden SPD, Grüne und FDP es schaffen, die Linke und die Piraten ins Boot zu holen, käme die Gruppe ohne WG auf eine Mehrheit von 13 Stimmen.

Für die CDU würde es auch in einer Gruppe mit der FDP und der WG nicht für eine Mehrheit ausreichen. Auf keinen Fall werde seine Fraktion, so CDU-Fraktionschef Hans-Heinrich Aldag, mit der Linken zusammenarbeiten. "Es muss wenigstens ein Mindestmaß an Überdeckung geben, und das sehe ich bei der Linken nicht." Ein solches Bündnis, so Aldag, sei auch dem CDU-Wähler kaum vermittelbar. Wohingegen er ein Bündnis mit den Grünen oder der SPD, auch mit den Piraten für machbar halte. Wie alle anderen Fraktionschefs hat auch Aldag bereits erste Gespräche mit den anderen Fraktionschefs geführt. Über Inhalte zu sprechen, so Aldag, sei es noch zu früh.