16,6 Prozent und vier Mandate zusätzlich im Kreistag machen die Partei zur drittstärksten Fraktion. Die CDU verliert drei Mandate.

Winsen. Die Grünen in Partystimmung, Niedergeschlagenheit bei den Liberalen, verhaltener Optimismus bei der SPD und eine Mischung aus Ratlosigkeit und Berufsoptimismus im CDU-Lager - so lässt sich die Stimmung auf der Wahlparty 2011 im Kreishaus in Winsen am trefflichsten beschreiben. Auch wenn die endgültigen Ergebnisse für den neuen Kreistag erst in den frühen Morgenstunden feststanden, schon der Abend und die ersten Zwischenergebnisse zeigten: Der Weg für neue Mehrheiten im Kreistag ist frei, und der Run von SPD und CDU auf Koalitionspartner beginnt.

Die Grünen sind die Gewinner dieser Kommunalwahl. Sie erreichten 16,6 Prozent und können jetzt ihre Fraktion von sechs auf zehn Mandate aufstocken. Grünen-Fraktionschefin Ruth Alpers freut sich über einen "Supersieg in jeder Hinsicht". Ihr bestes Ergebnis kreisweit holten die Grünen in Alpers' Samtgemeinde Hollenstedt: 19,6 Prozent.

Die FDP im Landkreis Harburg kassierte eine echte Wahlschlappe. Sie stürzte von 9,3 Prozent bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2006 auf 4,2 Prozent. Die FDP-Kreistagsfraktion von jetzt sechs Sitzen wird auf drei Sitze halbiert. Für FDP-Fraktionschef Jürgen Kempf und den stellvertretenden FDP-Landrat Manfred Karthoff, beide seit vielen Wahlperioden im Kreistag, ist die Arbeit im Kreistag beendet. Kempf verliert damit auch unter anderem seinen einflussreichen Posten im Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Harburg. Auch für die beiden FDP-Mitglieder Hans-Heinrich Rüschmeyer und Friedrich Becker geht die Mitgliedschaft im Kreistag mit dieser Wahlperiode zu Ende.

Für die FDP bleiben Arno Reglitzky und Hasso Ernst Neven im Kreistag. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Bracht-Bendt aus Buchholz vertritt die FDP auf dem dritten Mandatsplatz. Auch wenn sie sich am Wahlabend über ihren persönlichen Erfolg freute, räumt sie im Kreishaus ein, dass "diese immensen Verluste nicht ausschließlich der FDP in Berlin zuzuschieben sind. Das zu tun, wäre unredlich". Bracht-Bendt weiter: "Wir haben derzeit auch auf kommunaler Ebene ein Glaubwürdigkeitsproblem, und wir haben uns schlecht verkauft." Die Fokussierung im Buchholzer FDP-Wahlkampf auf den Ostring sei aus ihrer Sicht auch nicht glücklich gewesen. Jetzt müsse die Partei dieses schlechte Wahlergebnis zuallererst analysieren.

Auch die CDU dürfte einiges zu analysieren haben. Sie fiel von 42,8 Prozent (2006) auf 38 Prozent und verlieren damit von ihren 27 drei Mandate. CDU-Fraktionschef Dr. Hans-Heinrich Aldag versuchte gute Stimmung unter den sichtlich angeschlagenen CDU-Kreistagsmitgliedern bei der Party zu verbreiten. "Wir haben unser erstes Wahlziel erreicht und sind stärkste Partei im Kreistag. Aber jetzt werden wir mit allen anderen Fraktionen sprechen, natürlich auch mit der SPD und mit den Grünen", so Aldag. Sein Fraktionskollege Norbert Böhlke allerdings befürchtet, dass "es schwer wird, jetzt gestalterische Mehrheiten zu finden".

Schon vor der Wahl hatte die SPD klar gemacht, mit allen Fraktionen Gespräche führen zu wollen, aber das Thema Integrierte Gesamtschulen zur Nagelprobe machen zu wollen. Und am Wahlabend kam dann auch schon der Schulterschluss mit dem eigentlichen Wunschpartner der SPD, mit den Grünen. Alpers und Prof. Jens-Rainer Ahrens, SPD-Fraktionschef, rückten schon im Kreishaus zusammen. Allerdings kommt Rot-Grün allein auf keine tragfähige Mehrheit im Kreistag. Aber das Wahlergebnis gereichte der Mehrheit der Sozialdemokraten schon mal zur Freude. Mit 30,1 Prozent, einem Plus von 1,4 Prozent gegenüber der Kommunalwahl 2006, stehen der SPD im neuen Kreistag 19 Sitze zu. SPD-Unterbezirkschef Klaus-Dieter Feindt: "Das lässt hoffen für die Landtagswahl. Aber wir können heute Abend zufrieden sein."

Aber auch auf der SPD-Seite gab es klare Verlierer. Ihr schlechtestes Ergebnis bei der Kreiswahl holten die Sozialdemokraten in Lindhorst mit 13,9 Prozent. Das könnte ein Denkzettel der Lindhorster für die Seevetaler SPD sein. Die Hausbesitzer in der Lindhorster Heide kämpfen seit Jahren gegen den von der Gemeinde Seevetal vorangetriebenen Rückbau ihrer angeblichen "Schwarzbauten". Die Seevetaler Sozialdemokratin, Ratsfrau und stellvertretende SPD-Fraktionschefin im Kreistag, Angelia Tumuschat-Bruhn, hat ihr Kreistagsmandat verloren. Wieder im Kreistag ist Uwe Harden (SPD) aus der Elbmarsch. Norbert Stein (SPD), ehemaliger Bürgermeister in Buchholz hat es auch in den Kreistag geschafft.

Die Wählergemeinschaft musste nur geringe Verluste von 0,9 Prozent hinnehmen. Mit 4,7 Prozent behält sie ihre drei Mandate und wird zu den begehrten Koalitionspartnern für die großen Parteien im neuen Kreistag gehören. Denn die Mehrheiten fehlen nicht nur einer Koalition aus Rot-Grün. Auch Schwarz-Gelb braucht einen weiteren Koalitionspartner für eine Mehrheit. Ein interessanter Gesprächspartner von SPD und Grünen ist Dr. Dieter Rednak (Die Linke), der mit 204 Stimmen in den Kreistag gewählt wurde. Aus der Freien Wählergemeinschaft Seevetal hat es Willy Klingenberg in den Kreistag geschafft, und im neuen Kreistag des Landkreises Harburg wird es dann auch mit Erich Romann die "Piraten Niedersachsen" geben.