Am Freitag und Sonnabend fochten Wakeboarder aus der ganzen Republik die Deutschen Meisterschaften im Hamburger Süden aus - vor rund 1000 Zuschauern.

Neuland. So wie René Konrad, 20, sieht ein typischer Wakeboarder aus, wenn er nicht im Neoprenanzug steckt: Rot-weiß-blaues Basecap tief in der Stirn, eine fette Sonnenbrille vor den Augen, obwohl gerade Wolken über den Neuländer Baggerteich ziehen, wo an diesem Sonnabend die Deutschen Meisterschaften im Cable Wakeboarding stattfinden: einer nichtolympischen Sportart, bei der die Sportler mit einem Brett unter den Füßen mit rund 30 Stundenkilometern über das Wasser pesen und an Rampen waghalsige Sprünge und Drehungen zelebrieren - ein Wasserskilift macht es möglich.

Zu Renés Outfit gehören auch ein eng anliegendes türkisfarbenes T-Shirt, eine Boxer-Shorts, die über den grauen Shorts zu sehen ist, und ein Gürtel mit einer "Superman"-Schnalle. Weiße, kurze Socken und schwarze Sneakers runden das Erscheinungsbild ab.

René Konrad von der Elbinsel Wilhelmsburg und sein Kumpel Tom Richter, 20, aus Hittfeld - der im August wieder in seine alte Heimat Harburg ziehen wird - waren am Freitag und Sonnabend die heimlichen Stars auf der Anlage von Wasserski Hamburg am Neuländer Baggersee in Neuland. Sie sind hier die Lokalmatadoren, trainieren an sechs von sieben Tagen auf dem See und gehören zu den besten Wakeboardern der Welt: René ist Vierter der Weltrangliste, Tom Zehnter.

Die Deutschen Meisterschaften in Neuland waren bestens besucht - an beiden Tagen kamen insgesamt rund 1000 Zuschauer, jung und alt, an den Baggersee und verfolgten von Stegen aus die Sprünge, Saltos und Drehungen der Fahrer, jung und nicht ganz so alt. Fürs leibliche Wohl war von Würsten bis zu Whisky-Cola bestens gesorgt - nach der Siegerehrung fuhren Fahrer mit Fackeln über den See und dann ließen es Fahrer, Fans und Gäste bei einer großen "Riders Party" bis in die frühen Morgenstunden ordentlich krachen.

Tom aus Hittfeld musste leider pausieren: "Ich habe mir vor anderthalb Monaten bei einer 900-Grad-Drehung über einer Schanze in Langenfeld bei Düsseldorf das Knie überdehnt", sagte Tom. "Mein Meniskus hat einen kleinen Schaden erlitten, und jetzt hat sich auch noch die Kniekapsel entzündet." So agierte der gebürtige Harburger als Moderator und freute sich bereits auf seinen nächsten Wettbewerb: im russischen Jekaterinburg am 6. August.

René aus Moorwerder auf der Elbinsel Wilhelmsburg belegte am Sonnabend einen beachtlichen dritten Platz. Er betreibt seinen Sport, der in den 1980er-Jahren als eine Mischung aus Wasserski und Wellenreiten entstanden ist, wie ein richtiger Profi: René ist Obergefreiter und Sportsoldat in der Sportfördergruppe in Appen bei Pinneberg. Er trainiert sechsmal die Woche bei Wasserski Hamburg in Neuland: Wenn das Wetter es zulässt zwei "Sets" à zwei bis drei Stunden, wenn viele Wellen auf dem See sind etwas weniger. Renés Saison geht von April bis Ende Oktober - danach geht es für einen Monat zum Training nach Thailand. Begleitet wird René meist von seinem Cousin Sascha Bauer, 20, der einen Kilometer entfernt von René auch in Moorwerder lebt.

René ist Wilhelmsburger durch und durch: Er hat die Grundschule Buddestraße besucht, danach die Schule Stübenhofer Weg, wo er seinen Hauptschulabschluss hinlegte. Danach hat sich René erst einmal in der weiten Welt die Hörner abgestoßen und an Wakeboard-Wettkämpfen teilgenommen: in Thailand, Holland, Kroatien, Dänemark, Serbien, Ungarn und Österreich, es folgte ein Realschulabschluss an der Staatlichen Schule Gesundheitspflege an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg. Sein nächstes Ziel: eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann.

Renés Vater Michael, 50, von Beruf Elektriker, ist selbst begeisterter Wassersportler. Er ist auf der Süderelbe Wasserski gefahren. Als Wasserski Hamburg 2003 öffnete, waren Vater und Sohn gleich mit von der Partie. In Kroatien hatte René mit elf Jahren Wasserski gelernt, mit zwölf Jahren fing er auf der Anlage in Neuland an. "Mein Vater hat mir gleich eine Jahreskarte gekauft", sagt René, "zwei Jahre später bin ich meinen ersten Wakeboard-Wettkampf gefahren."

Michael Konrad und seine Frau Bettina, 48, von Beruf Verkäuferin, haben viel Geld in die Wakeboard-Ambitionen ihres Sohnes gesteckt, der Vater fuhr zu Dutzenden Wettkämpfen mit. Mittlerweile hat René eine Reihe von Sponsoren an der Hand, der Autohändler B & K in Heimfeld sponsert ihm einen 3er BMW.

Auch René hat sich schon ein paar Mal verletzt: Zweimal erlitt er einen Riss im Trommelfell nach Stürzen aufs Ohr, verstauchte sich Knöchel und Handgelenk. "Sonst bin ich aber gut davon gekommen", sagt der Wakeboarder und lacht, "ich mache so lange weiter, bis die Knochen kaputt sind."

Tom Richter rekelt sich derweil auf einer Couch und nimmt einen Soft-Drink zu sich, umgeben von jungen Schönheiten, die die Wakeboarder anhimmeln. Tom studiert im zweiten Semester Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Hamburg. Er besuchte die Grundschule Kapellenweg in Harburg und stemmte sein Abitur auf dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium. Nach dem Abitur zog es ihn für ein Jahr in die USA, nach Kanada, England, Frankreich, Spanien und in die Türkei. Er hat zwei Jahre später als René in Neuland mit dem Wakeboarden angefangen, war zuvor begeisterter Skateboarder. "Wakeboarding ist Teil meines Lebens geworden", sagt Tom, "man lernt auf dem Wasser stets etwas Neues und kommt viel in der Welt herum."

René - er wiegt bei 1,80 Meter Körpergröße stattliche 95 Kilo - schätzt auch, "dass man auf den zahlreichen Reisen viele nette Leute kennenlernt und auf dem Wasser sein eigenes Ding machen kann". Natürlich ließen sich René und Tom die große "Riders Party" mit 400 Liter Freibier und 40 Liter "Frei-Sprit" einer großen dänischen Brauerei nicht entgehen. "Wir Wakeboarder", sagte René, "sind keine Kinder von Traurigkeit und allgemein sehr offen dem weiblichen Geschlecht gegenüber."