Auch im Landkreis Harburg haben elf Betriebe möglicherweise belastetes Futter aus Zeven verfüttert

Winsen/Toppenstedt. "Ja, unser Betrieb ist auch betroffen. Ich darf bis auf weiteres keine Schweine schlachten lassen." Diese offenen Worte kommen vom Landwirt Willy Isermann, 60, aus Toppenstedt - er ist auch Kreislandwirt im Landkreis Harburg. Willy Isermann und sein Sohn Stefan, 31, haben seit Mai 2008 einen modernen Schweinemastbetrieb in Toppenstedt, Flurbezeichnung Ohe. Hier wachsen 27-Kilogramm-Schweinchen aus Süddänemark binnen 103 Tagen zu 120-Kilo-Schweinen heran.

1500 Schweine leben in dem 40 mal 60 Meter großen Gebäude aus Beton und Poroton auf dem Oher Acker. 560 000 Euro haben die Isermanns investiert. Daheim auf dem Hof in Toppenstedt leben noch einmal weitere 500 Schweine, die Willy Isermann noch mit Hilfe eines Futterwagens füttert - im modernen Schweinestall steuert ein Computer das akkurate Schweinefressen.

Und nun die Funde des krebserregenden Giftes Dioxin in Futtermitteln und Geflügelprodukten. Auch Schweinefutter ist betroffen - auch Willy Isermanns Schweine haben vielleicht dioxinbelastetes Schweinefutter gefressen. Damit gehört Isermanns Betrieb zu einem von elf schweinehaltenden Betriebe im Landkreis Harburg, die zurzeit - außer Ferkeln - keine Schweine mehr verkaufen dürfen.

Das betroffene Futter, das Willy Isermann an seine Schweine verfüttert hat, ist so genanntes Endmastfutter - wird also von Tieren zum Ende ihrer Mastzeit gefressen. Willy Isermann hat es über einen Händler bei der Firma Hansa Landhandel Lahde GmbH & Co. KG mit Sitz in Zeven gekauft. "Als private Landhändler und Mischfutterhersteller sind wir zum Teil seit Generationen im Agrarhandel tätig. Das Unternehmen Hansa Landhandel wurde 1973 gegründet und ist mittlerweile im gesamten Elbe-Weser-Raum vertreten. Mit über 350 000 Tonnen Jahresproduktion ist die Mischfutterherstellung unser Geschäftsschwerpunkt", heißt es auf der Firmenhomepage. Das Mischfutterwerk von Hansa Landhandel liegt in Bremen. Ferner steht auf der Homepage: "Hansa Mischfutter stehen unter regelmäßiger Kontrolle auf unerwünschte Stoffe und tierische Bestandteile durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (...) Das oberste Produktionsziel ist bestmöglichste Futterqualität, was heute unter anderem in der Zertifizierung sämtlicher Produktionsstätten nach DIN EN ISO 9001:2008 zum Ausdruck kommt."

Nach Informationen des Hamburger Abendblattes haben sämtliche elf betroffenen Betriebe im Landkreis Harburg ihr Futter bei Hansa Landhandel bezogen. Aus der Firmenzentrale in Zeven ließ Geschäftsführer Andreas Meyer lapidar verlautbaren: "Keine Stellungnahme."

Die meisten der elf Betriebe sind Schweinemastbetriebe. Zwei Betriebe haben Sauen und Ferkel, einer Zuchtläufer, Sauen und Ferkel. "Rund 4100 Tiere im Landkreis Harburg haben Futter des Produzenten zu sich genommen", sagte der Verantwortliche für Lebensmittelüberwachung, Dr. Christian Lipke, 31, auf Anfrage. "Rund 2500 Tiere sind noch auf den Höfen im Landkreis Harburg, der Rest wurde weiterverkauft, geschlachtet oder ist bereits in die Lebensmittelkette gelangt."

Jetzt heißt es für Willy Isermann abwarten. "Von jeder Futtermittellieferung gibt es eine Rückstellprobe beim Hersteller. Die muss jetzt analysiert werden. Ich hoffe, die Proben gehen den direkten Weg zum Veterinäramt und nicht erst übers Landwirtschaftsministerium."

Willy Isermanns Endmastfutter wurde im November 2010 geliefert. Die letzte Partie kam am 29. November auf den Hof. "Die Tiere, die vielleicht belastet sein könnten, habe ich schon im Dezember verkauft - die letzten kurz vor Weihnachten", sagt der Landwirt. Die Tiere gingen zum Schlachthof nach Laatzen. "Das Fleisch ist entweder schon im Handel oder hängt noch am Haken im Schlachthof", sagt der Schweinemäster.

"Die 2500 Schweine bleiben in den Ställen, bis der Landwirt nachgewiesen hat, dass sie unbedenklich für den menschlichen Verzehr sind", sagte Dr. Christian Lipke. Die betroffenen Landwirte müssten "Proben an akkreditierte Laboratorien" einschicken, die dann nachweisen, ob die Grenzwerte von Dioxin im Fleisch überschritten sind oder nicht. Sprich: Es müssen einige Tiere notgeschlachtet werden. Die Analyse der Tiere dauere zwei Tage bis eine Woche.

Die Landkreis-Landwirte haben jetzt auch die Pflicht, die Käufer der 1600 Schweine darüber zu informieren, dass das Fleisch der Tiere möglicherweise dioxinverseucht ist. "Noch gibt es keinen Nachweis darüber, dass ein Tier aus dem Landkreis Harburg dioxinverseucht ist", sagte Dr. Christian Lipke.