Hansen-Speicher weicht Wohnquartier: Bezirksamt sprach von einem “Juwel der Stadt“. 300 Menschen sollen ab 2012 hier wohnen.

Harburg. Gut, dass Baggerführer Michael Weber daneben stand und sagte, was zu tun ist. Harburgs Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg saß gestern mit deutlichem Respekt vor der Technik an den Steuerhebeln eines mächtigen Abrissbaggers der Firma Wilko Wagner (WIWA) und brachte damit die ersten Ziegelreihen des 33,8 Meter hohen Hansen-Speichers zum Einsturz.

Dieser symbolische Akt gilt als Startschuss für die komplette Neuausrichtung des Harburger Binnenhafengebiets. Die Zeit der alten Hafenwirtschaft geht zu Ende. Büros, Wohnen und Freizeit werden folgen. Slogan: "Harburg kehrt zurück ans Wasser". Die Schlossinsel ist dabei das wertvollste Quartier. Hier stand im Mittelalter Harburgs Keimzelle und Namensgeber des Ortes die "Horeburg".

Herzog Otto I. von Braunschweig-Lüneburg ließt die Burganlage 1572 zu einem repräsentativen Schloss umbauen. 70 Jahre später folgte zur Abwehr von Angreifern der Zitadellausbau mit einem achteckigen Grabensystem. Harburgs Binnenhafen hat diese Form beibehalten.

WIWA-Polier Michael Könnecke rechnet damit, dass zehn Mann auf der Abrissbaustelle etwa vier bis sechs Wochen zu tun haben. Nicht nur der viereckige Hansen-Speicher aus dem Jahr 1920, der als sogenannte Landmarke über den Binnenhafen hinaus zu sehen war, verschwindet, sondern mit ihm sechs Lagerhallen aus den 1960er-Jahren. Die Firma Andreas Hansen hat sich von Umschlag- und Lagergeschäft getrennt, hat nun ihren Sitz in Altona und kümmert sich um Warenkontrolle, Befrachtung und Küstenschifffahrt.

Alles beim Abbruch anfallende Material gelangt in Rohstoffkreislauf und Wiederverwertung. Auch der Gesteinsbruch findet Verwendung. Er wird zermahlen und verschwindet später im Untergrund der Baugrube, wird zur Tragschicht für künftige Neubauten.

Alle Erdarbeiten erfolgen schichtweise, wegen eventueller historischer Funde. Auf dem bisherigen Lagerhausgelände an der Bauhofstraße wird das erste Wohnquartier der Harburger HafenCity entstehen. Am 28. August soll Grundsteinlegung sein, etwa zwei Jahre später die Fertigstellung. Eine Tiefgarage mit 192 Stellplätzen oberhalb der Wasserlinie stellt die Basis dar, darüber bauen fünf fünfgeschossige Häuser mit 180 Wohneinheiten der Größenordnung 70 bis 180 Quadratmeter auf.

In der Erdgeschosszone sind kleine Läden für die Nahversorgung der etwa 300 Bewohner geplant. Der jetzt wegen Fundamentschäden abgerissene "Hansen-Speicher" (er wurde noch bis 1997 als Getreidelager genutzt) hat zumindest in seiner äußeren Gestalt eine Wiedergeburt vor sich.

In zwei Wochen soll für die Formgebung ein Architektenwettbewerb gestartet werden. In dem neungeschossigen Neubau sollen 30 Wohneinheiten entstehen. In allen Gebäuden sind in oberen Etagen Penthousewohnungen vorgesehen. Preislage der Objekte: Über dem Harburger Durchschnitt aber unterhalb der Hamburger HafenCity.

Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg sprach gestern vom Binnenhafen als einem "Juwel der Stadt". Es gelte, den Schatz zu erhalten. Das Binnenhafengebiet wird voraussichtlich im Spätsommer aus dem Hamburger Hafengebiet und damit aus der Zuständigkeit von Hamburg Port Authority (HPA/Wirtschaftsbehörde) entlassen und an die Bezirksverwaltung Harburg übergeben. Meinberg benötigt 35 Millionen Euro für die Schaffung der wichtigen Infrastruktur: Straßen, Wege, Plätze, Bootsanleger/Marina, Ver- und Entsorgung, Instandsetzung von Kaianlagen.

Allein 15 Millionen Euro davon werden für die Erschließung der Schlossinsel benötigt. Gerade kündigte der Hamburger Senat Haushaltskürzungen von 3,5 Millionen Euro für den Binnenhafen an. Meinberg: "Wir haben inzwischen Protest eingelegt."