Hamburg. Mehr als 70 Vorschläge für eine Umbenennung gingen ein. Grüne und SPD in Hamburg-Nord schlagen Ehrung einer Widerstandskämpferin vor.

Als der Straßenzug durch Stadtpark,Winterhude und Alsterdorf 1926 nach Paul von Hindenburg benannt wurde, war Traute Lafrenz sieben Jahre alt. Fast 100 Jahre später wird die Hamburger Widerstandskämpferin als Namensgeberin für die Hindenburgstraße gehandelt. Einen entsprechenden Antrag wollen Grüne und SPD in die kommende Bezirksversammlung am Donnerstag (11. April) einbringen.

Mehr als 70 Namensvorschläge waren im Bezirk Hamburg-Nord eingegangen, nachdem über die geplante Umbenennung berichtet und nach Ideen gesucht worden war. Einer der ersten Vorschläge war von der Polizeigewerkschaft gekommen, die die „Urmutter“ der weiblichen Polizei vorgeschlagen hatte: Rosamunde Pietsch, die 2016 im stolzen Alter von 101 Jahren starb.

Winterhude: Hamburger Widerstandskämpferin besuchte Lichtwarkschule

Traute Lafrenz, die unter anderem die Lichtwarkschule in Winterhude besucht hatte, wurde 104 Jahren alt. Sie lebte seit 1947 in den USA, wo sie im vergangenen Jahr verstarb. Sie hatte 1949 den Arzt Vernon Page geheiratet, mit dem sie vier Kinder hatte. Von 1972 bis 1994 war sie Leiterin der heilpädagogischen Esperanza School für geistig behinderte Kinder in Chicago und lebte seit dem Tod ihres Mannes 1995 in ihrem ehemaligen Sommerhaus auf Yonges Island in South Carolina.

Widerstandskämpferin Traute Lafrenz soll Namensgeberin für einen Teil der Hindenburgstraße werden.
Widerstandskämpferin Traute Lafrenz soll Namensgeberin für einen Teil der Hindenburgstraße werden. © Tomas Kittan/BZ Berlin | Tomas Kittan/BZ Berlin

Noch im April 2019 war die damals 100-Jährige als letzte Überlebende der „Weißen Rose“ mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Die Hamburgerin spielte in der NS-Zeit eine entscheidende Rolle bei der Vernetzung zwischen dem Hamburger Zweig und den Münchner Mitgliedern der Widerstandsgruppe um Hans und Sophie Scholl.

Traute Lafrenz: Namensgeberin für Alsterdorfer Teil der Hindenburgstraße

Nachdem die Geschwister Scholl am 18. Februar 1943 beim Auslegen eines Flugblattes der „Weißen Rose“ in der Münchner Universität verhaftet worden waren, warnte Lafrenz andere Mitglieder und beteiligte sich an der Vernichtung von Beweisen in Scholls Wohnung. Am 15. März 1943 wurde sie ebenfalls verhaftet, zu zwölf Monaten Zuchthaus verurteilt, nach ihrer Entlassung erneut verhaftet und 1945 von den Amerikanern befreit. Nach dem Krieg nahm sie ihr Medizinstudium wieder auf.

Timo B. Kranz (Grüne) und Lena Otto (SPD) benennen symbolisch die Hindenburgstraße in Traute-Lafrenz-Straße um.
Timo B. Kranz (Grüne) und Lena Otto (SPD) benennen symbolisch die Hindenburgstraße in Traute-Lafrenz-Straße um. © CHRISTOPH REIFFERT | CHRISTOPH REIFFERT

Doch nicht die ganze Hindenburgstraße soll nach der Widerstandskämpferin benannt werden, sondern nur der durch Alsterdorf und Groß Borstel führende Teil sowie die Hindenburgbrücke, die über die Alster führt. Der Abschnitt der Hindenburgstraße zwischen Jahnring und U-Bahnhof Alsterdorf soll den Namen Otto-Wels-Straße tragen und den bereits 2013 umbenannten Straßenteil durch den Stadtpark verlängern.

Winterhude: Otto-Wels-Straße wird bis U-Bahnhof Alsterdorf verlängert

„Wir beenden mit der Benennung nach Traute Lafrenz nach nunmehr fast 100 Jahren endgültig das Kapitel ‚Hindenburg‘ im Straßenraum“, sagt der Grünen-Vorsitzende Timo B. Kranz. „Gerade jetzt, wo rechte und rechtsextreme Kreise offen nach der Macht greifen, ist es wichtig, Haltung zu zeigen. Mit unserem Vorschlag beziehen wir Stellung gegen Antisemitismus, Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Nationalismus.“

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Und Lena Otto, Bezirksfraktionsvorsitzende der SPD, ergänzt: „Dass so viele Vorschläge für die Umbenennung der Hindenburgstraße eingegangen sind, hat uns sehr gefreut. Durch die Verlängerung der Otto-Wels-Straße bis zum U-Bahnhof Alsterdorf schaffen wir auch mehr Sichtbarkeit für den mutigen Sozialdemokraten, der mit seiner beeindruckenden Rede gegen das Ermächtigungsgesetz 1933 für 13 lange Jahre die letzten freien Worte in einem deutschen Parlament sprach.“