Heute vor einem Jahr starben vier Fußgänger am Lehmweg. Ein Auto war in eine Fußgängergruppe gerast. Bewegende Lesung der Mues-Söhne.

Hamburg. Heute um 16.45 Uhr werden viele Eppendorfer für einen Moment innehalten. Ein Augenblick des Gedenkens und der Erinnerung daran, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Vor genau einem Jahr starben bei einem Unfall an der Kreuzung Eppendorfer Baum und Lehmweg der Sozialwissenschaftler Günter Amendt, 71, die Künstlerin Angela Kurrer, 65, der Schauspieler Dietmar Mues, 65, und seine Ehefrau Sibylle, 60. Acht Menschen wurden verletzt. Ein Auto war in eine Fußgängergruppe gerast.

Am Sonnabend fand in der Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern eine Gedenkfeier für die Opfer statt. Die Brüder Wanja, Jona und Woody Mues, die ihre Eltern durch die Tragödie verloren, gestalteten die offen gehaltene Feier mit, indem sie Texte und Liedzeilen vortrugen, die sich mit dem Thema Tod auseinandersetzen und für die Verstorbenen eine große Bedeutung hatten. "Die Brücke" von Franz Kafka für Angela Kurrer, den Songtext "Tryin' To Get To Heaven" für den Bob-Dylan-Fan Günter Amendt und "Der Tod klopft" von Woody Allen für die eigenen Eltern.

+++ Ein Tag im März: Noch schnell über die Kreuzung +++

"Wir haben diesen Text alle sehr gemocht", sagte Wanja Mues in einer kurzen Ansprache. "Und darüber gelacht." Gespräche über den eigenen Tod habe es zwischen Kindern und Eltern wenige gegeben. "Es wäre schön gewesen, wenn wir uns gemeinsam auf das Unausweichliche vorbereitet hätten. Aber vielleicht war das die Art unserer Eltern, mit uns über den Tod zu kommunizieren. Über den Umweg der Literatur." Bei diesen Worten brach ihm kurz die Stimme weg. Die Ergriffenheit war auch bei den gut 400 Gästen zu spüren. "Wir sind noch immer traurig", sagte Wanja Mues später. "Aber wir sind es unseren Eltern und uns schuldig, wieder Spaß am Leben zu haben."

Unfallfahrer Alexander S., 39, muss sich vom 26. März an unter anderem wegen fahrlässiger Tötung vor dem Landgericht verantworten.