Hamburg. Mehr als 111.300 Vierbeiner leben in Hamburg. Warum Hunde aus dem Tierheim wie Bullterrier Mina besser sind als ihr Ruf.

Es werden immer mehr: Mit mittlerweile 111.301 Hunden in Hamburg wächst die Zahl der Tiere in der Stadt seit Jahren stetig an. Janet Bernhardt, Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins, hat daher eine ungewöhnliche Idee: Sie kann sich ein generelles Zuchtverbot von Hunden vorstellen.

Es gibt Beschwerden über zu wenige Auslaufflächen für Hunde in der Stadt, zeitweise verhängt das Tierheim Hamburg immer wieder Aufnahmestopps, oder es beklagen sich Anwohner über Hundegebell: 6000 Hunde mehr als im Jahr zuvor leben in Hamburg, das sorgt auch für Probleme. Janet Bernhardt fordert jetzt ein Zuchtverbot für Hunde (die „Mopo“ hatte zuerst berichtet).

Tierheim Hamburg: Zuerst hier nach neuen Hunden schauen

„Ein generelles Zuchtverbot bekommen wir gesellschaftlich und rechtlich leider nicht hin, aber es sollte stärkere Reglementierungen geben“, sagt Janet Bernhardt. „Die Züchtungen müssen in ordentliche Bahnen gelenkt werden. Wir müssen den illegalen Welpenhändlern und Vermehrern vehement entgegentreten.“

Der Mops mit seinem knautschigen Gesicht gehört zu den Qualzuchten. Das sind extra vom Menschen auf Optik gezüchtete Hunde, die unter diversen Krankheiten leiden, wie etwa Kurzatmigkeit.
Der Mops mit seinem knautschigen Gesicht gehört zu den Qualzuchten. Das sind extra vom Menschen auf Optik gezüchtete Hunde, die unter diversen Krankheiten leiden, wie etwa Kurzatmigkeit. © picasa | Picasa

Ihre Vorstellung: Statt sich einen jungen Hund aus dem illegalen Welpenhandel zu beschaffen oder die vermeintlich niedlichen, aber unter diversen Krankheiten leidenden Qualzuchten wie Mops, Französische Bulldogge oder die besonders klein gezüchteten Tea-Cup-Hunde vom Züchter zu holen, sollten die Menschen zuerst ins Tierheim kommen und dort schauen. „Warum Hunde weiter vermehren, wenn so viele im Tierheim auf ein neues Zuhause warten?“, sagt Janet Bernhardt.

Es gebe auch immer mal wieder Rassehunde im Tierheim, und wenn jemand den Wunsch nach einer bestimmten Rasse hat, dann sollte er oder sie einfach ein wenig länger auf den richtigen Hund warten und mehrmals ins Tierheim Süderstraße kommen. Oder auch ins Franziskus Tierheim in Hamburg-Lokstedt, das viele Hunde aus dem Ausland nach Deutschland holt.

Tierheim Süderstraße: Bullterrier Mina besucht jetzt Schüler und Schülerinnen

Klar, dass sich Bernhardt als Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins von 1841 e. V., Träger des Tierheims an der Süderstraße, für Hunde aus dem Tierheim starkmacht. „Auch unsere Hunde können sogar im Rettungsdienst und bei der Polizei arbeiten“, sagt Bernhardt. Ihre eigene Bullterrier-Hündin Mina kommt aus dem Tierschutz und ist ein gutes Beispiel dafür.

Mit viel Zeit und Mühe ist es Bernhardt gelungen, ihre Hündin so zu erziehen und gesellschaftsfähig zu machen, dass sie mittlerweile regelmäßig zu Besuch in Schulen ist oder bei der Feuerwehr. „Dort bringen wir den Feuerwehrleuten im Rettungsdienst den Umgang mit Hunden bei.“

Polizei Hamburg hat Diensthunde aus dem Tierheim im Schutzdienst

Vergangene Woche ging sie mit Mina in eine Glinder Grundschulklasse. „Da lag sie dann auf dem Schoß der Kinder und wurde gekrault.“ Und das, obwohl Mina als sogenannter Listenhund in Hamburg als gefährlich eingestuft wird und immer einen Maulkorb tragen muss.

Die Polizei Hamburg kann sich grundsätzlich vorstellen, zukünftige Diensthunde auch aus dem Tierheim zu übernehmen und praktiziert das auch bereits: So wurden seit 2020 vier Tiere aus dem Tierschutz geholt. Die Übernahme eines weiteren Hundes steht unmittelbar bevor, heißt es aus der Polizeipressestelle.

Allerdings eignet sich nicht jeder Hund für den Polizeieinsatz

Allerdings eignet sich längst nicht jeder Hund für den Polizeidienst. Sie müssen die körperlichen Voraussetzungen hinsichtlich Größe, Gewicht, Gesundheit oder Alter für den Schutzdienst erfüllen. „Schon abweichende physische Beschaffenheit des weitaus größten Teils der Tiere in Tierheimen schließt eine Verwendung als Diensthund aus“, sagt Polizeisprecher Joscha Ahlers.

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Hinzu kommen kynologische (hundespezifische) und mentale Anforderungen wie Führbarkeit, Lernwille, Spieltrieb, Konflikt- und Stressfestigkeit. „Auch in diesem Bereich entspricht der weit überwiegende Anteil nicht den Anforderungen.“

Hunde aus entsprechenden Züchtungen für Dienst bei Polizei notwendig

Außerdem spielen die Erfahrungen sowie der Lebenslauf der Tiere eine wichtige Rolle: Vorhandene Fehlprägungen könnten in vielen Fällen nicht oder nicht mehr nachhaltig korrigiert werden. Damit sind solche Hunde vom Polizeidienst ausgeschlossen. „Es sind damit zu wenig geeignete Hunde in Einrichtungen des Tierschutzes vorhanden, um den Bedarf an neu zu beschaffenden Diensthunden ausschließlich hieraus zu decken“, so Ahlers.