Hamburg. Fahrer eines Reisebusses hatte den 33-Jährigen beim Abbiegen übersehen. Der ADFC ruft zum Gedenken auf – und stellt Forderungen.

Ein weißes Rennrad klemmt unter dem Vorderrad eines Reisebusses – das Zeugnis des schweren Verkehrsunfalls, der sich am vergangenen Sonnabend in St. Georg zugetragen hat, geht unter die Haut. Einen 33 Jahre alten Radfahrer hat er das Leben gekostet. Es wurde von dem Bus überrollt, dessen Fahrer ihn beim Abbiegen von der Kurt-Schumacher-Allee in die Brockesstraße übersehen hatte.

Der Mann wurde so schwer verletzt, dass er später im Krankenhaus starb. Er war der mittlerweile zehnte Radfahrer, der in diesem Jahr bei einem Verkehrsunfall in Hamburg ums Leben kam. In drei weiteren Fällen waren Radfahrer in ähnlichen Abbiegesituationen gestorben. Mit dem tödlichen Unfall kamen in diesem Jahr auf Hamburgs Straßen bereits so viele Radfahrer ums Leben wie in den vorangegangenen drei Jahren zusammen.

Verkehr Hamburg: Radfahrer bei Abbiegeunfall in St. Georg getötet – Mahnwache am Freitag

Der Fahrradclub ADFC ruft nun einmal mehr zu einer Mahnwache auf. Am Freitagabend (24. November), um 19 Uhr, will man des getöteten Radfahrers am Unfallort gedenken. Dort, an der Ecke Kurt-Schumacher-Allee/Brockesstraße, wird dann zur Erinnerung auch ein weiß lackiertes „Ghostbike“ aufgestellt.

Das Fahrrad des 33 Jahre alten Unfallopfers klemmt unter dem Reisebus.
Das Fahrrad des 33 Jahre alten Unfallopfers klemmt unter dem Reisebus. © Michael Arning | Michael Arning

„Wir empfinden große Trauer und sind zutiefst geschockt darüber, dass schon wieder ein Radfahrer in Hamburg getötet wurde“, sagt Thomas Lütke vom ADFC. „Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen des Opfers.“ Besonders tragisch: Der Radfahrer sei ums Leben gekommen, weil der Fahrer des privaten Busunternehmens in eine für ihn nicht freigegebene Stichstraße zum ZOB abbiegen wollte.

ADFC: Mehr Schutz von Verkehrsteilnehmern „ohne tonnenschweren Mantel aus Blech“

Lütke kritisierte erneut das Versagen von Senat und Polizei, die der Verkehrssicherheit von Radfahrenden und Fußgängen keine Priorität einräume. „Wir fordern endlich wirksame Maßnahmen zum Schutz von Verkehrsteilnehmern und -teilnehmerinnen, die keinen tonnenschweren Mantel aus Blech haben, aber trotzdem mobil sein wollen.“

Die Polizei müsse die tatsächlichen Unfallursachen im Straßenverkehr in den Fokus zu nehmen, statt Radfahrende aufzufordern, auf ihre Vorfahrt zu verzichten, so Lütke. Darüber hinaus wirft er der Hamburger Polizei vor, bei der für Lkw beim Abbiegen vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit nicht oft und konsequent genug zu kontrollieren.

Verkehr Hamburg: ADFC fordert Fahrverbot für Lkw und Busse ohne Abbiegeassistent

Und es sei ein Irrtum, wenn vor einem vermeintlich toten Winkel bei Lastwagen und Bussen gewarnt werde. „Tatsächlich verfügen auch Lkws, die noch keinen elektronischen Abbiegeassistenten haben, über eine Vielzahl von Spiegeln, die den Fahrern eine umfassende Sicht ermöglichten.“ Bereits seit 2007 gebe es eine entsprechende EU-Vorschrift zur Spiegelanordnung, die „tote Winkel“ im Sichtfeld des Lkw-Fahrers ausschließe.

Dennoch fordert der ADFC für Busse und Lkw ohne Abbiegeassistenten ein Fahrverbot in der Stadt, alternativ die Pflicht, einen Beifahrer an Bord zu haben, sowie darüber hinaus mehr Kontrollen des korrekten Rechtsabbiegens für Lkw-Fahrer und professionelle Sicherheitsuntersuchungen. Mittelfristig müsse der Fokus der Straßenverkehrsplanung auf komplett konfliktfreien Führungen des Rad- und Fußverkehrs liegen: etwa Unterführungen, Überführungen, getrennte Verkehrsnetze und konfliktfreie Ampelschaltungen.