Hamburg. Kampagne informiert über neue Verkaufsweise. Warnung von Verbraucherschützern, scharfe Kritik vom Verkehrsclub.

  • Vom 1. Januar 2024 an wird man in Hamburger Bussen nicht mehr mit Bargeld bezahlen können.
  • Fahrgäste müssen dann entweder auf die HVV-App oder die speziell eingeführten Prepaid-Karten umsteigen.

Fast überall in der Stadt sind die Hinweise zu sehen: Eine große Kampagne informiert seit November über eine neue Ära in Hamburgs Bussen. Zusätzlich waren Promoter an Haltestellen in Hamburg unterwegs, um Infoflyer auszugeben und Fragen zu beantworten. Denn schon bald wird der Ticketkauf mit Bargeld beim Busfahrer Geschichte sein.

Nur noch bis Ende des Jahres haben Fahrgäste im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) die Möglichkeit, beim Einsteigen das Portemonnaie zu zücken und eine Busfahrkarte zu kaufen.

HVV: Bus fahren in Hamburg – Prepaid Card statt Bargeld

Stattdessen soll vom 1. Januar an in den Bussen der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) und der Hamburger Hochbahn die bereits vor Kurzem eingeführte hvv Prepaid Card eine weitere bargeldlose Bezahlmöglichkeit bieten. Wie bisher gelten auch die Optionen, per Mobilitäts-App hvv switch oder mit der App hvv Any ein digitales Ticket zu kaufen.

Die Kampagne zum bargeldlosen Fahren mit dem Bus startet ab dem 15. November.
Die Kampagne zum bargeldlosen Fahren mit dem Bus startet ab dem 15. November. © Hochbahn Hamburg | Hochbahn Hamburg

Die hvv Prepaid Card soll eine Alternative bieten, speziell für Kundinnen und Kunden, die ohne Smartphone unterwegs sind. Es werden für diese Karte zudem weder ein Computer noch ein eigenes Bankkonto benötigt, sodass diese Bezahloption auch für Kinder zu nutzen ist.

HVV Hamburg: Neues System gilt in den Tarifbereichen AB

Die Handhabung funktioniert wie folgt: In den Bussen, die in den HVV-Tarifbereichen Hamburg AB fahren, gibt es von Januar an vorne beim Einstieg neue Terminals, an denen man seine Fahrkarte mit dem zuvor aufgeladenen Guthaben auf der Prepaid Card kontaktlos bezahlen kann.

Dazu tippt man am Terminal auf „Fahrkarte kaufen“, hält die hvv Prepaid Card vor das Lesegerät und wählt eine Fahrkarte aus. So können digitale Tickets für das gesamte HVV-Gebiet und für mehrere Personen gekauft werden, die auf der Prepaid Card hinterlegt sind. Die mit einer gültigen Fahrkarte versehene Prepaid Card kann auch in den Schnellbahnen genutzt werden. Eine Papierfahrkarte erhält der Passagier nicht mehr.

hvv Prepaid Card: Restguthaben wird an Terminals angezeigt

Nach jedem Fahrkartenkauf wird das aktuelle Restguthaben auf den Terminals im Bus angezeigt. Wer ein Smartphone nutzt, kann sich zudem die App hvv Card Info herunterladen. Mit ihr kann das Restguthaben ebenfalls angezeigt werden. Wer seine hvv Prepaid Card nicht mehr nutzen möchte, kann die Karte in den Servicestellen des HVV zurückgeben und sich das restliche Guthaben auszahlen lassen.

In den Gebieten außerhalb der Ringe A und B wird die neue Zahlmethode erst später eingeführt. Da alle Busse der VHH auch im Tarifbereich C des HVV fahren, sind diese weiterhin zwingend mit einem Kassensystem ausgestattet. Erst im Laufe des Jahres 2024 wird der Ticketkauf per hvv Prepaid Card dann in allen Bussen im gesamten HVV möglich sein.

hvv Prepaid Card ist an Fahrkartenautomaten und in Geschäften erhältlich

Die hvv Prepaid Card ist an allen U-Bahn-Haltestellen an den neuen Fahrkartenautomaten der Hochbahn erhältlich – darüber hinaus auch an mehr als 550 Verkaufsstellen, darunter zahlreiche Kioske, Rewe-, Penny- und Toom-Märkte sowie Tankstellen. Eine aktuelle Übersicht aller Vertriebsstellen finden Fahrgäste auch im Internet. An der Kasse können Nutzerinnen und Nutzer anschließend ein beliebiges Guthaben zwischen 5 bis 150 Euro aufladen, von dem dann später im Bus der Betrag für die jeweilige Fahrkarte abgezogen wird.

Hartmut Quelle, Fachbereichsleiter IT bei der Hamburger Hochbahn und Verantwortlicher für die technische Umsetzung des neuen Systems in den Bussen, steht neben einem Terminal, an dem im Bus mit der hvv Prepaid Card bezahlt werden kann.
Hartmut Quelle, Fachbereichsleiter IT bei der Hamburger Hochbahn und Verantwortlicher für die technische Umsetzung des neuen Systems in den Bussen, steht neben einem Terminal, an dem im Bus mit der hvv Prepaid Card bezahlt werden kann. © Funke Foto Services | Thorsten Ahlf

Wer noch Hilfe braucht, wird ebenfalls beim HVV fündig: Die HVV-Mobilitätsberatung bietet regelmäßig Schulungs- und Beratungstermine für Seniorinnen und Senioren sowie mobilitätseingeschränkte Menschen an, um sie bei der Nutzung des ÖPNV zu unterstützen.

HVV: Bargeldlos zahlen in Hamburgs Bussen – Folge geänderten Kundenverhaltens

Die Einführung der bargeldlosen Zahlung, die in Städten wie London oder Stockholm längst Alltag ist, wird in Hamburg auch durch die Änderung des Kundenverhaltens begründet. Aktuell werden mit Bargeld nur noch zehn Tickets pro Bus pro Tag gekauft, heißt es bei der Hochbahn, für die 1100 Busse auf Hamburgs Straßen unterwegs sind.

80 Prozent der Fahrten im HVV entfallen dagegen auf Zeitkarten beziehungsweise Abos. Mit Angeboten wie den Deutschlandticket-Abos, den Jobtickets, Abos für Schüler und Studierende existierten derzeit mehr als eine Million Abos im HVV.

HVV: Ohne Bargeld kann der Busverkehr in Hamburg schneller werden

Vor allem mit Einführung des Deutschlandtickets war der Barverkauf noch einmal erheblich zurückgegangen. Im Gegenzug steigt der Anteil digitaler Käufe von Einzel- und Tageskarten stetig, aktuell liege er bei 37 Prozent.

Die neue Technologie soll die Fahrer entlasten und die Busse schneller machen. Für die Passagiere entfällt das umständliche Suchen nach passendem Kleingeld beim Einsteigen, sodass der Halt kürzer ausfallen kann. Und das Personal muss auch vor und nach der Schicht nicht mehr mit Bargeld hantieren.

Busse in Hamburg: Fahrer bleiben Ansprechpartner in Sachen Tarif

Allerdings werden die Fahrerinnen und Fahrer nach wie vor Kontakt mit den Kunden haben, was übrigens auch ihr Wunsch ist, sagte eine Firmensprecherin zu der Umstellung. Schließlich können die Gäste beim Einstieg ihr Fahrtziel nennen, und der Busfahrer nennt dann den dafür geltenden Tarif.

Denn die Eingabe der jeweiligen Zielhaltestelle ist am Terminal im Bus nicht möglich. Hier kann nur zwischen den jeweiligen Tarifen, abhängig von den bei der Strecke berührten Ringen sowie Tagestickets gewählt werden.

hvv Prepaid Card – Verbraucherschützer warnen: Karten nicht personengebunden

Auch wenn das System schon länger in Betrieb ist, gibt es bei der Verbraucherzentrale Vorbehalte gegen die Prepaid-Option: Die Karten sind nicht personengebunden, warnt Verbraucherschützerin Julia Rehberg. „Daher Vorsicht, verliert man die Karte, so ist das Geld weg, beziehungsweise kann diese von dem ‚Finder‘ genutzt werden“.

Zudem erscheint die neue Zahlweise den Verbraucherschützern als umständlich für Touristen. Die Besucher der Stadt dürften nicht wissen, dass zunächst eine Prepaid-Karte erworben werden muss. „Auch werden diese oftmals nicht die Servicestellen aufsuchen, um sich das Restguthaben auszahlen zu lassen“, ergänzt Julia Rehberg.

Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert Aus des Fahrscheinverkaufs in Bussen

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) bemängelt das Vorhaben, kein Bargeld mehr in Bussen zuzulassen. „Wir kritisieren die geplante Einstellung des Fahrscheinverkaufs in den Bussen scharf“, sagt Alexander Montana, Vorstandsmitglied des VCD Nord. Nach Informationen des VCD wollten die Verkehrsunternehmen die Lizenz für die Fahrscheindrucker nicht verlängern, um Kosten zu sparen.

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Der Umwelt- und Fahrgastverband rechnet mit zurückgehenden Fahrgeldeinnahmen, da für Gelegenheitskunden aus Hamburg und für Touristen ein unnötiges Zugangshemmnis aufgebaut werde. „Wir rechnen damit, dass die Mindereinnahmen durch verprellte Kunden höher sein werden als die eingesparten Vertriebskosten. Hamburg sollte sich lieber ein Beispiel an Berlin nehmen: Dort können Fahrgäste nicht nur mit Bargeld bezahlen, sondern mit allen Karten und sogar mit einem ‚Bezahlarmband‘“, sagte Montana.

Auch die Linke in Bergedorf hatte die Pläne kritisiert. Sie spricht von einer Hürde für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs.