Baukonzern Hochtief präsentiert nach sechs Stunden Vernehmung im Untersuchungsausschuss Elbphilharmonie eine neue Version.

Hamburg. Das Rätsel um den angeblichen Geheimnisverrat beim Thema Elbphilharmonie ist gelöst. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA), der die Probleme beim Bau des Konzerthauses untersucht, hat gestern bis in den späten Abend hinein die Beteiligten jenes ominösen Treffens vernommen, bei dem ein Mitarbeiter des Baukonzerns Hochtief plötzlich eine streng vertrauliche Unterlage der Stadt hochgehalten haben soll. Dabei bestätigten zwar zwei Mitarbeiter der Stadt als Zeugen den Vorgang an sich. Nach sechs Stunden Vernehmung präsentierte der frühere Hochtief-Vorstandschef Henner Mahlstedt als vierter Zeuge eine plausible Erklärung. Demnach war es ein Missverständnis.

Der Reihe nach: Wie auch heute stritten die Stadt und Hochtief schon im Sommer 2008 über Mehrkosten und eine Änderung der Verträge ("Nachtrag 3"). Die städtische Realisierungsgesellschaft ReGe fertigte für ihren Aufsichtsrat, die Elbphilharmonie Bau KG, darüber Papiere an, aus denen hervorgeht, wie viel das die Stadt kosten würde. In einem Papier war von 90 Millionen Euro die Rede, in einem anderen von 72 Millionen. Am 17. September überschlugen sich die Ereignisse: Morgens wurde ReGe-Chef Hartmut Wegener von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) entlassen, der Nachtrag 3 galt damit als gescheitert. Um 11 Uhr kam es zu besagtem Treffen, in dem der Sachstand besprochen werden sollte. Die Teilnehmer: ReGe-Geschäftsführer Dieter Peters, Kultur-Staatsrat Reinhard Stuth (CDU) und sein Hausjurist Jochen Margedant auf Stadt-Seite sowie der damalige Hochtief-Vorstand Henner Mahlstedt, sein Hamburg-Chef Thomas Möller und Immobilienexperte Christian Gorris. Als Peters nach einer Unterlage zum Verhandlungsstand suchte, soll Möller diese plötzlich hervorgezogen haben: "Suchen Sie das hier?", habe er gefragt, sagten Margedant und Peters gestern übereinstimmend aus. Stuth konnte sich hingegen an den Vorgang nicht erinnern.

+++ Hamburg darf Hochtief auf Schadenersatz verklagen +++

+++ Dossier zur Elbphilharmonie +++

Sollte es aber so gewesen sein, hätte Hochtief die Verhandlungsposition der Stadt gekannt. Bedeutend wäre das mit Blick auf den "Nachtrag 4", zu dem es dann Ende 2008 kam und der die Kosten für die Stadt sogar um 209 Millionen auf 323 Millionen Euro hochtrieb. Margedant hatte den Vorgang durch einen Vermerk zwar aktenkundig gemacht, spielte das im PUA aber herunter. "Ich habe keinen Anlass für den Verdacht, dass Hochtief rechtswidrig in den Besitz des Dokuments gekommen ist", sagte der Behörden-Jurist. Peters räumte hingegen ein, er sei "sehr erstaunt" gewesen und habe sich gefragt: "Wie kommen die an die Unterlagen?"

Nachdem Möller bereits bei einer früheren PUA-Vernehmung den Besitz geheimer Unterlagen der Stadt abgestritten hatte, bekräftigte Mahlstedt das gestern: "Wir haben kein Papier gehabt, das uns nicht offiziell zugestellt wurde." Stattdessen präsentierte er den verdutzten Politikern ein ebenfalls als "vertraulich" gekennzeichnetes Dokument, das die ReGe Hochtief aber ganz offiziell auf dem Postweg zugestellt habe. Dabei handelte es sich um das Protokoll eines Treffens zwischen Wegener und Mahlstedt, dessen Kernaussage darin bestand, dass die Vorstellungen der Stadt und die von Hochtief noch um 60 Millionen Euro auseinanderliegen.

Als sich Margedant daraufhin nicht mehr sicher war, welches Dokument er gesehen hatte, hatte sich die Sache erledigt. Der PUA stellte die Vernehmungen um 22.40 Uhr ein - nach sieben Stunden und 40 Minuten war ein Missverständnis aufgeklärt.