Hamburg. Große Veränderung: Die Pfarrstelle der Kirche St. Nikolai wird nicht wieder besetzt. Viele Fragen bleiben offen.

Jemand habe ihr mal gesagt, die Menschen in Billwerder seien ein bisschen stur. So wie sie selbst auch. Daher passe sie ganz gut in die Marschländer Gemeinde. Acht Jahre später kann Dagmar Rosenberg dem absolut zustimmen. „Ich habe das Dorf Billwerder und seine Menschen sehr lieb gewonnen“, sagt die Pastorin.

Trotzdem verabschiedet sie sich nun schon bald aus St. Nikolai. Ab August wird die 53- Jährige an der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Bad Oldesloe eine 75-Prozent-Pfarrstelle übernehmen und dort Religion unterrichten. „Ich freue mich darauf, junge Menschen in ihrem Entwicklungsprozess zu begleiten“, sagt Dagmar Rosenberg, die ursprünglich Lehrerin werden wollte und in Kiel Mathematik und Religion studierte.

Pfarrstelle in Billwerder wird nicht wieder besetzt

Das Religionsstudium faszinierte sie dann so sehr, dass sie beschloss, nicht mehr auf Lehr-, sondern weiter auf Pfarramt zu studieren. Tief beeindruckt war sie auch von der Religiosität in Südafrika, wo sie in den 1990er Jahren zwei Auslandsjahre verbrachte. Nach Praktika, Vikariat und Pfarrstellen im Norden, zog sie 2008 gemeinsam mit ihrem Mann nach Bayern, wo sie wiederum fünf Jahre lang an einem bayrischen Gymnasium unterrichtete. „Ich habe schon eine pädagogische Ader“, stellt Dagmar Rosenberg fest.

Und die möchte sie nun mehr ausleben: An der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe hat sie bereits nach ihrer Rückkehr nach Norddeutschland vor achteinhalb Jahren als Vertretung gearbeitet. „Und das hat mir damals schon sehr gut gefallen“, erinnert sich Dagmar Rosenberg. Die Kollegin, die sie damals vertrat, geht nun in den Ruhestand. Eigentlich hieß es, dass die Stelle nicht wieder besetzt wird. „Als sie nun aber doch nachbesetzt werden sollte, musste ich einfach die Chance ergreifen und mich bewerben. Jetzt oder nie“, sagt die scheidende Pastorin. Erst Anfang Juni erreichte sie die Zusage.

Am 17. Juli gestaltet Dagmar Rosenberg zum letzten Mal einen Gottesdienst

Auch wenn sie sich auf ihre neue Aufgabe freut, bedauert die 53-Jährige, dass nun alles so schnell geht und ihr Abschied aus Billwerder erst zu einem Zeitpunkt feststand, an dem der aktuelle Gemeindebrief bereits in Druck war. So hat es im Gemeindebrief den Anschein, alles laufe weiter wie bisher – dabei wird Dagmar Rosenberg am 17. Juli das letzte Mal einen Gemeindegottesdienst in der Kirche St. Nikolai gestalten. Für Sonntag, 3. Juli, 11 Uhr, ist ein Sommersegensgottesdienst mit Abendmahl geplant. Danach soll es ein Kirchenkaffee mit der Möglichkeit für Begegnung und Gespräche geben, kündigt Dagmar Rosenberg an.

Denn der Pastorin ist bewusst, dass ihr Abschied auch viele offene Fragen in Billwerder hinterlässt und Sorgen auslöst. Denn ihre Pfarrstelle wird nicht wieder besetzt. Zu klein ist die Gemeinde, der noch gut 860 Mitglieder angehören. „Das ist auch für mich sehr schmerzhaft“, gibt die 53-Jährige offen zu, die die Gemeinde gern noch durch eine Fusion begleitet und in die Zukunft geführt hätte. Doch darauf konnte sie nicht warten: „Die Chance auf die Stelle gab es nun mal nur jetzt.“

Regelung für die Zukunft ist noch nicht beschlossen

Von ihrer neuen Aufgabe erhofft sie sich klare Strukturen, vor allem auch im Hinblick auf die Arbeitszeit. In Billwerder hatte sie eine halbe Stelle – „in der Realität war es aber natürlich viel mehr als das“, sagt Dagmar Rosenberg, die seit ihrer Rückkehr in den Norden mit ihrem Mann in Glinde lebt.

Ihr Wunsch ist natürlich, dass weiterhin Gottesdienste in der nach einem Brand bis 1913 wieder aufgebauten Kirche in Billwerder stattfinden werden. Eine Regelung für die Zukunft sei in Abstimmung, aber noch nicht abgeschlossen. Daneben werden noch weitere große Herausforderungen auf das Dorf und seine Bewohner zukommen, weiß Dagmar Rosenberg. Dazu zählen die Entwicklung von Oberbillwerder oder auch weitere notwendige Sanierungsarbeiten an der Kirche St. Nikolai, die die finanziellen Mittel der Gemeinde weit übersteigen werden, so Dagmar Rosenberg.

Immer einen guten Draht zu den Menschen gehabt

Sie hofft, dass die Menschen, von denen viele seit Generationen fest verwurzelt in Billwerder sind, positiv in die Zukunft gehen – auch wenn dort nicht alles so bleiben wird, wie es mal war. Ebenso würde sie sich freuen, wenn die Netzwerkarbeit intensiviert wird, um die Bewohner des acht Kilometer langen Straßendorfs mit drei Querstraßen näher zusammenzubringen. So war bereits ein Straßenfest mit Fahrradrallye geplant, was dann jedoch vor allem durch Corona ausgebremst wurde.

Doch Dagmar Rosenberg ist froh, dass die Gemeinde „grandiose Mitarbeiter“ hat: „Ob Haupt- oder Ehrenamtliche – sie setzen sich mit viel Engagement und Liebe für die Gemeinde ein. Da kann ich nur Danke sagen“, sagt Dagmar Rosenberg.

Abschiedsgottesdienst mit Pröpstin Ulrike Murmann

Ihre Amtshandlungen – ob Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten oder Beerdigungen – und weitere Gottesdienste hat Dagmar Rosenberg in den vergangenen acht Jahren „wahnsinnig gern gemacht“ und dafür auch gute Rückmeldungen erhalten. „Ich glaube, ich hatte einen guten Draht zu den Menschen und hoffe, dass ich segensreiche Spuren hinterlassen habe“, sagt die 53-Jährige, der sehr persönliche Sachen anvertraut wurden. „Das habe ich als großes Geschenk empfunden“, sagt Dagmar Rosenberg, die sich besonders freut, dass in den letzten Wochen ihrer Amtszeit noch zehn Taufen stattfinden, die letzte am 31. Juli.

Am Sonntag, 18. September, soll es noch einen Abschiedsgottesdienst geben, bei dem Pröpstin Ulrike Murmann die Pastorin aus ihrem Amt entpflichtet. Er beginnt um 15 Uhr in St. Nikolai. Im Anschluss soll es einen Empfang geben.