Dassendorf. Adel verpflichtet: Torhüter Anton Ludolf Johann Graf von und zu Westerholt und Gysenberg rettet das Unentschieden für den FC Süderelbe

Rund 20 Minuten vor dem Anstoß des Duells der TuS Dassendorf gegen den FC Süderelbe prüfte Nils Jürgens, Stadionsprecher beim Hamburger Fußball-Meister, die Funktionstüchtigkeit seiner Beschallungsanlage. „Test, Test - 1:0 in der 18. Minute“, hallte es über die Sportanlage am Wendelweg. Jürgens schien sich zu diesem Zeitpunkt also ziemlich sicher, dass sein Team die Hürde Süderelbe auch dank eines frühen Treffers nehmen würde.

Apropos Hürde: Eine solche wartete auf die „Stimme der TuS“ beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung der Gäste. Denn der Name des Torstehers der Harburger ist ein echter Zungenbrecher: Anton Ludolf Johann Graf von und zu Westerholt und Gysenberg. Jürgens schaffte es auch ohne vorigen Konsum einer Buchstabensuppe, den Keeper korrekt vorzustellen. Zu diesem Zeitpunkt konnte er noch nicht wissen, dass der Schlussmann seiner TuS kräftig in die Suppe spucken sollte. Denn mit einer sensationellen Parade gegen einen Kopfball von Martin Harnik (87.) rettete der 22-Jährige dem FCS das 3:3-Unentschieden.

Die frühe Dassendorfer Führung hält nur 60 Sekunden

Adel verpflichtet bekanntlich. Und in diesem Fall zu einer ausgezeichneten Leistung. „Ich hatte vorher schon ein paar Mal gehört, dass er ganz gut hält“, sagte Dassendorfs Ligamanager Alexander Knull über Süderelbes Grafen, der in einer denkwürdigen Begegnung allerdings nur einer von vielen Protagonisten war, die dem Geschehen vor 178 Zuschauern ihren Stempel aufdrückten.

Schiedsrichter Fabian Pötter (Voran Ohe) stellt Nico Reinecke (FC Süderelbe) vom Platz.
Schiedsrichter Fabian Pötter (Voran Ohe) stellt Nico Reinecke (FC Süderelbe) vom Platz. © Hanno Bode | Hanno Bode

Das erste Ausrufezeichen setzte Oliver Doege. Der „Sechser“ brachte die Hausherren nach einem Freistoß von Rinik Carolus am kurzen Pfosten stehend mit einem Abstauber in Mittelstürmer-Manier in Führung (6.). Die Freude währte beim Team des Trainer-Duos Peter Martens/Thomas Hoffmann jedoch lediglich 60 Sekunden, dann egalisierte Marvin Alidemi per Kopfball-Bogenlampe für die Gäste. Der 1:1-Ausgleich beflügelte die ohnehin sehr mutig auftretenden Harburger. Sie liefen den Meister sehr früh an, waren griffig im Zweikampf und spielten immer wieder kluge Pässe in die Schnittstellen der Dassendorfer Abwehr.

„Wie aus dem Nichts“ trifft Mattia Maggio

Die TuS schwamm und hatte Fortune, dass Schiedsrichter Florian Pötter (FC Voran Ohe) nach einem Foul von Eyke Kleine an Marius Wilms nicht auf Strafstoß entschied (20.). „Den Elfmeter kann man geben“, sagte der künftige Dassendorf-Coach Thomas Seeliger, der die Partie ein paar Meter neben Süderelbes Auswechselbank verfolgte. Von dort aus sah der frühere Bundesliga-Profi, wie die Gastgeber ab Mitte der ersten Abschnitts das Zepter an sich rissen und die von ihnen gewohnte Dominanz entwickelten.

Die 2:1-Führung durch den früheren HSV-Profi Mattia Maggio (28.) fiel zwar noch „wie aus dem Nichts“, wie TuS-Sportchef Jan Schönteich korrekt feststellte. Das 3:1 durch Doege (34.) war dann aber schon die logische Konsequenz der Sturm- und Drangphase des Titelverteidigers. Der zweifache Torschütze (42.) sowie Harnik (43./Pfosten) verpassten es in der Folge, die Führung auszubauen. „Es ist sehr ungewöhnlich für uns, dass wir aus diesen Chancen nicht das vierte Tor machen“, kritisierte Coach Martens.

Dassendorfer lassen sich in Überzahl auskontern

Noch ungewöhnlicher war es für Dassendorfer Verhältnisse allerdings, was sich nach dem Seitenwechsel ereignete. Als „vogelwild“ bezeichnete Martens das Abwehrverhalten seiner Elf, die sich mit dem Zwei-Tore-Vorsprung im Rücken offenbar zu sicher fühlte. Die Folge schlampiger Arbeit gegen den Ball war ein perfekt vorgetragener Konter des FC Süderelbe, den Jorge Lucas Camacho de Valdoleiros – noch so ein Zungenbrecher für Stadionsprecher Jürgens – erfolgreich abschloss (72.).

Kurz darauf sah Gäste-Verteidiger Nico Reinecke wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte (74.). Aber auch in Überzahl konnte die TuS die Partie nicht entscheiden, sondern ließ sich sogar ein zweites Mal auskontern: Mustafa Ercetin sorgte per Schlenzer für den 3:3-Ausgleich (78.). Der frühere Curslacker hätte das Spiel 180 Sekunden später beinahe komplett auf den Kopf gestellt, als er aus wenigen Metern zum Abschluss kam und am Aluminium scheiterte.

Keeper Westerholt hält Süderelbes Punktgewinn fest

Erst nachdem die Latte des eigenes Gehäuses gewackelt hatte, erhöhten die Dassendorfer wieder die Schlagzahl. Harnik (87.), Kristof Kurczynski (90.) und Mattia Maggio (90.+2) hatten das 4:3 auf dem Fuß beziehungsweise auf dem Kopf. Dann hatte der eingewechselte Tarec Blohm lediglich noch Keeper Westerholt vor sich, wurde aber auf dem Weg zur Glückseligkeit von Alexander Koval von den Beinen geholt. Das gab die Rote Karte für den Sünder sowie einen Freistoß für die TuS, den Harnik aber nicht über Süderelbes Mauer brachte.

Hernach ballte Anton Ludolf Johann Graf von und zu Westerholt und Gysenberg die Fäuste und ließ sich von seinen Teamkameraden feiern, während Stadionsprecher Nils Jürgens sich bei den Zuschauern mit dem Hinweis auf das nächste Heimspiel am 11. Februar gegen TuRa Harksheide verabschiedete. Die Verlesung der Mannschaftsaufstellung der Gäste wird auch dann für ihn wieder mit einem Zungenbrecher beginnen: Der Stammtorwart der Norderstedter heißt nämlich: Aboubacar Siriki Fofana.

TuS Dassendorf: Kalk (3) - Kleine (3-4), Muhlack (3), Ahlschwede (3), K. Carolus (3-4) ab 75. Blohm) - Doege (2-3), Lam (3) ab 83. Kurczynski (-), Strömer (2-3) ab 75. Aust (-), Maggio (2-3), R. Carolus (3) - Harnik (3)