Neuengamme/Singapur. 22-jährige Vierländerin ist viel auf Reisen, absolvierte jüngst ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei in Singapur. Was sie erlebte.

„Ausland ist schön, zu Hause ist schöner“, sagt die aus Neuengamme stammende Jurastudentin Louisa Sophie Brandl nach ihrer Rückkehr aus Singapur. Dort absolvierte die 22-Jährige ein zweimonatiges Praktikum in einer Anwaltskanzlei für Internationales Recht. Louisa Brandl weiß sehr genau, was sie will und ebenso, was sie nicht will. „Ich möchte für Recht und Ordnung sorgen, Menschen helfen, meine Englischkenntnisse einbringen. Das kann ich alles miteinander verbinden, wenn ich Anwältin für Internationales Recht werde.“

Bereits als 15-Jährige ging Louisa Brandl 2016 für elf Monate nach Illinois in den USA und lernte im Dörfchen Farina bei ihren Gasteltern Freunde fürs Leben kennen. Seitdem fliegt sie jedes Jahr dorthin, im vergangenen Jahr mit ihrer Mutter. „Dort fühle ich mich auch zu Hause, habe ich meine Liebe zum Rodeo und zur Country-Musik entdeckt.“ Ihr Herz gehöre jedoch ihrer Vierländer Heimat.

Jurastudentin Louisa Brandls: Von Neuengamme in die Welt

Dort leben ihre Mutter Nicole Brandl (52), die im Innendienst einer Versicherungsagentur arbeitet, und ihr Vater Tino Brandl (52), IT-Manager in einem großen Unternehmen. In ihrer Freizeit sind die Eltern im Reitverein und bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt und gefördert, mir mit drei Jahren bereits das erste Pony geschenkt, für das ich Verantwortung übernehmen musste.“ Nachdenklich fügt sie hinzu: „Ich brauche meine Eltern, die sind mein Anker.“

Stilvoll und elegant schaut die Berufskleidung der Juristen in Singapur aus: Louisa Brandl vor der Skyline von Singapur.
Stilvoll und elegant schaut die Berufskleidung der Juristen in Singapur aus: Louisa Brandl vor der Skyline von Singapur. © privat/Gabriele Kasdorff

Der Wiedereinstieg in das deutsche Schulleben war danach nicht einfach, betont die Neuengammerin, aber Nachhilfe oder sogar ein Schuljahr zu wiederholen, kam für die ehrgeizige junge Frau nicht infrage: „Mit Hilfe von Tutorials habe ich den Stoff nachgeholt. Mein Abi habe ich mit einem Schnitt von 1,3 gemacht.“

Fragen für Kreuzverhöre erstellt

Die Jurastudentin lebt seit drei Jahren in ihrer kleinen Wohnung in Bergedorf, jobbt seit 2018 im Vierländer Therapiezentrum am Empfang und als Personaltrainer. Ende 2019 begann das Jurastudium, im März 2023 schrieb sie den ersten Teil des Staatsexamens.

Singapur im letzten Uni-Jahr war noch einmal eine besondere Herausforderung. „Ich kannte Asien noch nicht, wollte dort gern hin. Also habe ich mich bei einer der Top-Kanzleien in Singapur beworben. Zehn Anwälte aus Singapur und Malaysia sind dort beschäftigt. Zwei Wochen nach meiner Bewerbung hatte ich die Zusage.“ In der Kanzlei arbeitete sie den Anwälten zu, hat sie viel recherchiert, Dokumente vorbereitet, Fragen für Kreuzverhöre vor Gericht erstellt. „Dort herrschte ein sehr respektvoller Umgang miteinander. Vor Gericht wurde sich verbeugt, und die Kleidung war schwarz-weiß gehalten.“

Hostel-Zimmer mit fünf indischen Männern geteilt

An den Wochenenden konnte sie dank der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern reisen. Hongkong, Malaysia und die Inseln vor Singapur waren ihre Ziele. Während der Arbeitswoche teilte sich die junge Frau mit fünf indischen Männern zwischen 25 und 50 Jahren ein Zimmer in einem Hostel im Bezirk Little India. „Ein Hotelzimmer konnte ich mir in Singapur nicht leisten“, sagt Louisa Brandl. Ein eigenes Bett, ein kleiner Spind, die schicke Berufskleidung hing am Bett, die weiteren Utensilien waren im Koffer unter dem Bett – so sah das abenteuerliche Leben für die Jurastudentin in Singapur aus. Zwei Heiratsanträge und eine Einladung nach Afrika waren die Folge. „Aber ein Nein wurde von den Männern sofort akzeptiert, bedrängt wurde ich nie.“

Wieder zu Hause, widmet sich die junge Frau nun vermehrt ihrem Herzensprojekt „Law&Legal“, der studentischen Rechtsberatung. Louisa Brandl ist seit Februar 2023 Vorsitzende des Vereinsvorstands. Zuvor hatte sie den Standort Hamburg gegründet und war dort Teamleiterin. Der gemeinnützige Verein mit etwa 1100 Mitgliedern ist an neun Standorten in Deutschland vertreten und berät derzeit etwa 350 Fälle pro Jahr. Er bietet bedürftigen Menschen kostenlose juristische Unterstützung.

Bedürftige Menschen werden kostenlos unterstützt

Die Studentin ist voller Energie: Studium und Ehrenamt, Job und natürlich Sport, unter anderem Reiten, und die alten Freunde in den Vierlanden – da reichen 24 Stunden am Tag eigentlich nicht aus. Ihren Universitätsabschluss nach acht Semestern will sie in diesem August machen. 2024 soll dann das erste Staatsexamen folgen, ein Jahr darauf der Abschluss Master of Law – in Australien. „Für meine berufliche Zukunft stelle ich mir meine eigene Rechtsanwaltskanzlei für Internationales Recht vor“, sagt die selbstbewusste Frau.