Kirchwerder. Knapp 50 Gemüsesorten bauen Anne und Kea Fingerle in ihrer kleinen Gärtnerei Local Veg an – und haben als Quereinsteigerinnen Erfolg.

Zwei Frauen aus der Schanze, die – bis auf die Pflege eines Kleingartens – bisher nichts mit Gartenbau am Hut hatten, gründen in den Vierlanden ihre eigene kleine Gemüsegärtnerei. So mancher Vier- und Marschländer habe auf das Vorhaben im vergangenen Jahr schon skeptisch reagiert, erinnern sich Anne und Kea Fingerle. Doch gemeinsam überzeugte das Paar auch die letzten Zweifler. Wenn nun beim Passieren ihres Ackers anerkennend genickt wird, dann motiviere das total, berichtet Kea Fingerle. Trotz Hitze, Trockenheit und auch ein paar Schädlingen wie Wühlmäusen gab es 2022 eine satte Ernte. „Das zeigt uns, dass wir als Quereinsteiger viel richtig gemacht haben“, resümiert Kea Fingerle.

Nun laufen die Vorbereitungen für die zweite Saison auf Hochtouren. „Wir haben total Lust, dass es wieder losgeht“, sagt Anne Fingerle. Und damit sprechen sie auch ihren Kundinnen und Kunden von Local Veg, was auf englisch so viel heißt wie lokales Gemüse, aus der Seele. Viele Kunden könnten es kaum noch abwarten und hätten schon im tiefstem Winter ungeduldig nachgefragt, wann es wieder frisches Bio-Gemüse gibt, berichtet Anne Fingerle. Sie seien eben auf den Geschmack gekommen und hätten gemerkt, dass ihnen die lokal angebauten Kräuter und Gemüse viel besser schmecken.

Bio-Gemüse aus der Region frisch geerntet auf den Teller

Kohlrabi, Kohl oder Paprika haben keinen langen Transport hinter sich, sondern landen nach der Ernte quasi direkt auf dem Teller. Das Gemüse wird bei Local Veg reif geerntet, wenn es das Maximum an Aromastoffen enthält, und wird nicht wie bei importierter Ware zu früh gepflückt, damit es auf dem Transport nicht verdirbt. Auf ihrem kleinen Acker auf dem Hof Eggers in Kirchwerder bauen Anne und Kea Fingerle mit viel Leidenschaft Bio-Gemüse in Handarbeit an. Wärmeliebende Kulturen wie Tomaten oder Auberginen reifen in einem Folientunnel in Spadenland heran.

Anne und Kea Fingerle in ihren kleinen Gemüsegärtnerei auf dem Hof Eggers. Die Beete werden per Hand bearbeitet, etwa mit einer Radhacke.
Anne und Kea Fingerle in ihren kleinen Gemüsegärtnerei auf dem Hof Eggers. Die Beete werden per Hand bearbeitet, etwa mit einer Radhacke. © BGZ/Diekmann | Lena Diekmann

Im vergangenen Jahr haben die Krankenschwester und die Außenhandelskauffrau ihre Stellen auf 20 Stunden reduziert, um neben der Arbeit Zeit zu haben, ihre Gärtnerei aufzubauen. Das sei mit ihren Arbeitgebern weiterhin toll vereinbar und bleibe auch weiterhin so, berichten die Frauen. Die Anzahl der angelegten Beete auf der insgesamt 4400 Quadratmeter großen Ackerfläche, die das Paar auf dem Hof Eggers gepachtet hat, wurde in diesem Jahr erhöht. So soll sich das Angebot nach und nach erweitern, erklärt Kea Fingerle.

Zuckermelonen und Schwarzkohl erweitern das Sortiment

Insgesamt 45 verschiede Gemüsesorten und Kräuter gehören bislang zum saisonalen Sortiment von Local Veg. In diesem Jahr soll auch der Anbau von Zuckermelonen, Haferwurzel, Romanesco und Schwarzkohl getestet werden. Das Gemüse wird nach den Prinzipien des „Biointensiven Anbaus“ produziert. Die Methode verfolgt das Ziel, mithilfe ökologischer Methoden auf kleinen Flächen maximale Erträge zu erreichen. Durch permanente Beete, geringe Bodenbearbeitung, einer idealer Fruchtfolge, Gründüngung und dem Anreichern mit Komposterde wird ein aktives und gesundes Bodenleben gefördert. Der Boden wird nicht verdichtet, da statt schwerer Maschinen nur Handgeräte eingesetzt werden.

Eine motorbetriebene Fräse kommt bei Local Veg allenfalls mal zum Einsatz, um die Beetfläche zu vergrößern, wie etwa in diesem Jahr. Das Hilfsmittel mussten sich Anne und Kea Fingerle aber nicht anschaffen, sondern konnten es von der SoLaWi Vierlande leihen. „Das ist ein schönes Miteinander und tolles Netzwerk“, findet Anne Fingerle. Denn ihre kleine Gemüsegärtnerei und die Solidarische Landwirtschaft vereine ein Ziel: Gutes und leckeres Gemüse für Hamburg zu produzieren.

Gemüse fermentieren in der historischen Scheune

Das Gemüse kann auch im Hofcafé auf dem Hof Eggers gekauft werden, wo es auch verarbeitet wird.
Das Gemüse kann auch im Hofcafé auf dem Hof Eggers gekauft werden, wo es auch verarbeitet wird. © BGZ/Diekmann | Lena Diekmann

Über ihre Motivation – den Boden und das Wirtschaftssystem in Hamburg zu stärken und für die Menschen im direkten Umfeld frisches Gemüse zu produzieren – hätten sie im vergangenen Jahr viele Gespräche geführt. Viele Spaziergänger seien stehengeblieben und hätten Interesse an ihrer Arbeit gezeigt, dafür sei die Lage am Wanderweg auf dem Hof Eggers ideal, ist das Paar überzeugt.

Eine Gelegenheit, die kleine Gärtnerei kennenzulernen, gibt es auch am Sonntag, 7. Mai, wenn in der historischen Scheune am Kirchwerder Mühlendamm 5 unter Anleitung von Fermentista Katsu Lask Gemüse und Kräuter haltbar gemacht werden, die bei Local Veg zu dem Zeitpunkt gerade erntereif sind. Die theoretischen Hintergründe des Fermentierens werden erläutert und die frische Ernte gemeinsam verarbeitet. Die Teilnahme kostet 79 Euro. Anmeldung im Internet: www.hof-eggers.de. Zudem wird Local Veg mit einem Stand beim Hoffest dabei sein, das am Sonntag, 21. Mai, auf dem Hof Eggers gefeiert wird.

Geliefert wird neuerdings auch bis in die Schanze

Die Saison von Local Veg läuft insgesamt 24 Wochen, von Ende Mai bis Anfang November. Die Abokisten werden immer donnerstags ausgegeben, entweder auf dem Hof Eggers, im Depot in Bergedorf am Güterbahnhof (16 bis 18 Uhr) und neuerdings auch in der Schanze in dem Feinkostladen Hej MiLO an der Bartelsstraße 11 (16 bis 19 Uhr, 2 Euro Aufpreis für Lieferkosten). „So können wir endlich auch unsere direkte Nachbarschaft mit lokalem Gemüse versorgen“, sagt Kea Fingerle.

Abokisten gibt es in diesem Jahr erstmals in zwei verschiedenen Größen. Die Kunden hätten ihnen im vergangenen Jahr zurückgespiegelt, dass die Menge des Gemüses für einen Single-Haushalt manchmal zu groß sei, um es frisch zu verbrauchen. Deshalb gibt es nun die kleine Kiste, die drei bis fünf Gemüsesorten enthält und 12 Euro pro Woche kostet. Die große Kiste entspricht der Größe der Abokiste vom Vorjahr und enthält fünf bis neun Gemüsesorten. Sie kostet 20 Euro pro Woche.

Wer das Angebot erst einmal ausprobieren möchte, bevor ein Abo abgeschlossen wird, kann auch eine Testkiste bestellen. Ebenso kann im Hofcafé auf dem Hof Eggers Gemüse gekauft werden, wo es auch zu Gerichten verarbeitet wird.

Internet: https://localveg.de